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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.

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der rügende Punkt über den Titel eben so richtig als -- zu spät. --
Es freuet mich am meisten daß ich meine Absicht, die künftigen
Schlingen der unschuldigsten Lüge anzumalen, wenigstens bei morali-
schen Gefühlen deiner Art erreichet habe: ich hätte beinahe die Oel-
malerei mit einem Fingerdruk hinter der Leinwand zu einer erhabenen5
herausgehoben und das gesagt, was besser errathen wird. -- Die
Folgen der Schwangerschaft erräth unter 1000en nur mein linker
Nachbar. -- Warum fällest du nie ein Urtheil von meinen über deine
Sachen? -- Ich weis nicht, verdamst, verklagst oder vertheidigst du
sie. -- Zu den Köhlerischen wil sich heute bei mir kein sonderlicher10
Lust [!] einfinden, da das Wiesenfest -- worauf sie noch dazu vielleicht
selber sind -- und der Abschiedsbesuch bei Herold mir die Hände und
Füsse binden und nehmen.

331. An Christian Otto.15

Ungefähr 1/2 Stunde hab' ich auf dem heissen Höllen-Rost des
Packens gesessen und bin nun gahr. Thu es also wieder, sei so gut. --
Kanst du mir keine heiligen Handschuhe zum Aktus vorstrecken?

332. An Christian Otto.20

Der Gevatter-Maire war bei mir und sagt mir 1) daß es erst um
4 Uhr angehe 2) daß ich der Kondukteur der Postmeisterin würde --
welches ich recht gern werde -- weil es dich vielleicht genierte. Das
wolt ich dir nur anzeigen, fals du etwan auch hinüberliefest und wir25
wie 2 Welten unter der Hausthür aneinanderstiessen, oder fals du
etwan doch dieses Frankfurter Geleite selber lieber wünschtest und
übernehmen woltest.

[203]333. An Christian Otto.
30

Weil mir das lezte Wort einen Zweifel lässet: so wil ich dir nur
schreiben, daß ich so verstanden, daß du selber hinübergehest und
begleitet und begleitend einziehst, ich Solo. Du brauchst mir nicht
wieder zu antworten, wenn ich Recht habe.

der rügende Punkt über den Titel eben ſo richtig als — zu ſpät. —
Es freuet mich am meiſten daß ich meine Abſicht, die künftigen
Schlingen der unſchuldigſten Lüge anzumalen, wenigſtens bei morali-
ſchen Gefühlen deiner Art erreichet habe: ich hätte beinahe die Oel-
malerei mit einem Fingerdruk hinter der Leinwand zu einer erhabenen5
herausgehoben und das geſagt, was beſſer errathen wird. — Die
Folgen der Schwangerſchaft erräth unter 1000en nur mein linker
Nachbar. — Warum fälleſt du nie ein Urtheil von meinen über deine
Sachen? — Ich weis nicht, verdamſt, verklagſt oder vertheidigſt du
ſie. — Zu den Köhleriſchen wil ſich heute bei mir kein ſonderlicher10
Luſt [!] einfinden, da das Wieſenfeſt — worauf ſie noch dazu vielleicht
ſelber ſind — und der Abſchiedsbeſuch bei Herold mir die Hände und
Füſſe binden und nehmen.

331. An Chriſtian Otto.15

Ungefähr ½ Stunde hab’ ich auf dem heiſſen Höllen-Roſt des
Packens geſeſſen und bin nun gahr. Thu es alſo wieder, ſei ſo gut. —
Kanſt du mir keine heiligen Handſchuhe zum Aktus vorſtrecken?

332. An Chriſtian Otto.20

Der Gevatter-Maire war bei mir und ſagt mir 1) daß es erſt um
4 Uhr angehe 2) daß ich der Kondukteur der Poſtmeiſterin würde —
welches ich recht gern werde — weil es dich vielleicht genierte. Das
wolt ich dir nur anzeigen, fals du etwan auch hinüberliefeſt und wir25
wie 2 Welten unter der Hausthür aneinanderſtieſſen, oder fals du
etwan doch dieſes Frankfurter Geleite ſelber lieber wünſchteſt und
übernehmen wolteſt.

[203]333. An Chriſtian Otto.
30

Weil mir das lezte Wort einen Zweifel läſſet: ſo wil ich dir nur
ſchreiben, daß ich ſo verſtanden, daß du ſelber hinübergeheſt und
begleitet und begleitend einziehſt, ich Solo. Du brauchſt mir nicht
wieder zu antworten, wenn ich Recht habe.

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[204/0217] der rügende Punkt über den Titel eben ſo richtig als — zu ſpät. — Es freuet mich am meiſten daß ich meine Abſicht, die künftigen Schlingen der unſchuldigſten Lüge anzumalen, wenigſtens bei morali- ſchen Gefühlen deiner Art erreichet habe: ich hätte beinahe die Oel- malerei mit einem Fingerdruk hinter der Leinwand zu einer erhabenen 5 herausgehoben und das geſagt, was beſſer errathen wird. — Die Folgen der Schwangerſchaft erräth unter 1000en nur mein linker Nachbar. — Warum fälleſt du nie ein Urtheil von meinen über deine Sachen? — Ich weis nicht, verdamſt, verklagſt oder vertheidigſt du ſie. — Zu den Köhleriſchen wil ſich heute bei mir kein ſonderlicher 10 Luſt [!] einfinden, da das Wieſenfeſt — worauf ſie noch dazu vielleicht ſelber ſind — und der Abſchiedsbeſuch bei Herold mir die Hände und Füſſe binden und nehmen. [Hof] d. 7 Jul. [vielmehr Juni] 96 [Dienstag]. 331. An Chriſtian Otto. 15 [Hof, 8. Juni 1796] Ungefähr ½ Stunde hab’ ich auf dem heiſſen Höllen-Roſt des Packens geſeſſen und bin nun gahr. Thu es alſo wieder, ſei ſo gut. — Kanſt du mir keine heiligen Handſchuhe zum Aktus vorſtrecken? 332. An Chriſtian Otto. 20 [Hof, 8. Juni 1796] Der Gevatter-Maire war bei mir und ſagt mir 1) daß es erſt um 4 Uhr angehe 2) daß ich der Kondukteur der Poſtmeiſterin würde — welches ich recht gern werde — weil es dich vielleicht genierte. Das wolt ich dir nur anzeigen, fals du etwan auch hinüberliefeſt und wir 25 wie 2 Welten unter der Hausthür aneinanderſtieſſen, oder fals du etwan doch dieſes Frankfurter Geleite ſelber lieber wünſchteſt und übernehmen wolteſt. 333. An Chriſtian Otto. [Hof, 8. Juni 1796] 30 Weil mir das lezte Wort einen Zweifel läſſet: ſo wil ich dir nur ſchreiben, daß ich ſo verſtanden, daß du ſelber hinübergeheſt und begleitet und begleitend einziehſt, ich Solo. Du brauchſt mir nicht wieder zu antworten, wenn ich Recht habe.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:02:06Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:02:06Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/217>, abgerufen am 29.03.2024.