Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.

Bild:
<< vorherige Seite
305. An Christian Otto.

Ich möchte beinahe mein Wort brechen und es zurükbehalten, da
es mit solcher Eile und Unordnung und Wässerigkeit geschrieben. Ich
konte gestern vor innerer Abspannung nicht arbeiten, darum wandt'5
ich sie dazu an.

306. An Christian Otto.

Anbei sende dir die Briefe, die ich schon gestern um 3 Uhr über-
liefern wolte -- und erbitte mir deinen, den du mir auch eher geben10
wollen.

307. An Christian Otto.

Hier ist die Heroldsche Ausgabe. Du hast nur noch einmal die
Plage mit meinen Transsubstanziazionen. Bestimme wenn heute15
-- von jezt angerechnet -- ich und der H. Schneider in unsern 2 Rollen
auftreten sollen.

308. An Wilhelmine von Kropff in Bayreuth.

Immer ziehen über den Lebens-Mai meiner neuesten und theuer-20
sten
Freundin die irdischen Gewitter so schnel und leicht als das jezige
[186]über den 9ten Mai wegflog! -- Ihre Freundschaft, gnädige Frau,
würde wol einen weniger grossen Enthusiasmus als ich für jede
schöne und fehlende Seele habe, zwingen, alles zu vergessen, um sich
einer einzigen Sache zu erinnern -- das ist, Ihres Wohlwollens.25
Eben gehen die Wolken stäter und das Barometer höher -- und ich
habe Hofnung, daß mir der Himmel gleich Ihnen die Erlaubnis giebt,
Donnerstags in Bayreuth -- wahrscheinlich im goldnen Adler, den
ich gegen mein bisheriges Logis "die Sonne" vertauschte -- und
nachmittags um 5 Uhr bei dem schönen Herzen anzukommen, das30
meine Ehrfurcht gegen dasselbe mit jedem neuen Briefe zu wachsen
zwang und das mir, wenn ich erscheine, folgendes zu verzeihen hat -- --
meine durch meine Verhältnisse und durch meine Anstrengungen hinter
dem Schreibtische verrenkte und bejahrte Aussenseite, sogar meine

305. An Chriſtian Otto.

Ich möchte beinahe mein Wort brechen und es zurükbehalten, da
es mit ſolcher Eile und Unordnung und Wäſſerigkeit geſchrieben. Ich
konte geſtern vor innerer Abſpannung nicht arbeiten, darum wandt’5
ich ſie dazu an.

306. An Chriſtian Otto.

Anbei ſende dir die Briefe, die ich ſchon geſtern um 3 Uhr über-
liefern wolte — und erbitte mir deinen, den du mir auch eher geben10
wollen.

307. An Chriſtian Otto.

Hier iſt die Heroldſche Ausgabe. Du haſt nur noch einmal die
Plage mit meinen Transſubſtanziazionen. Beſtimme wenn heute15
— von jezt angerechnet — ich und der H. Schneider in unſern 2 Rollen
auftreten ſollen.

308. An Wilhelmine von Kropff in Bayreuth.

Immer ziehen über den Lebens-Mai meiner neueſten und theuer-20
ſten
Freundin die irdiſchen Gewitter ſo ſchnel und leicht als das jezige
[186]über den 9ten Mai wegflog! — Ihre Freundſchaft, gnädige Frau,
würde wol einen weniger groſſen Enthuſiaſmus als ich für jede
ſchöne und fehlende Seele habe, zwingen, alles zu vergeſſen, um ſich
einer einzigen Sache zu erinnern — das iſt, Ihres Wohlwollens.25
Eben gehen die Wolken ſtäter und das Barometer höher — und ich
habe Hofnung, daß mir der Himmel gleich Ihnen die Erlaubnis giebt,
Donnerſtags in Bayreuth — wahrſcheinlich im goldnen Adler, den
ich gegen mein bisheriges Logis „die Sonne“ vertauſchte — und
nachmittags um 5 Uhr bei dem ſchönen Herzen anzukommen, das30
meine Ehrfurcht gegen daſſelbe mit jedem neuen Briefe zu wachſen
zwang und das mir, wenn ich erſcheine, folgendes zu verzeihen hat — —
meine durch meine Verhältniſſe und durch meine Anſtrengungen hinter
dem Schreibtiſche verrenkte und bejahrte Auſſenſeite, ſogar meine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0201" n="188"/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>305. An <hi rendition="#g">Chri&#x017F;tian Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Hof, 30. April oder 1. Mai 1796]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Ich möchte beinahe mein Wort brechen und es zurükbehalten, da<lb/>
es mit &#x017F;olcher Eile und Unordnung und Wä&#x017F;&#x017F;erigkeit ge&#x017F;chrieben. Ich<lb/>
konte ge&#x017F;tern vor innerer Ab&#x017F;pannung nicht arbeiten, darum wandt&#x2019;<lb n="5"/>
ich &#x017F;ie dazu an.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>306. An <hi rendition="#g">Chri&#x017F;tian Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Hof, 6. Mai 1796]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Anbei &#x017F;ende dir die Briefe, die ich &#x017F;chon ge&#x017F;tern um 3 Uhr über-<lb/>
liefern wolte &#x2014; und erbitte mir deinen, den du mir auch eher geben<lb n="10"/>
wollen.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>307. An <hi rendition="#g">Chri&#x017F;tian Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Hof] 7. Mai 1796.</hi> </dateline><lb/>
        <p>Hier i&#x017F;t die Herold&#x017F;che Ausgabe. Du ha&#x017F;t nur noch einmal die<lb/>
Plage mit meinen Trans&#x017F;ub&#x017F;tanziazionen. Be&#x017F;timme wenn heute<lb n="15"/>
&#x2014; von jezt angerechnet &#x2014; ich und der H. Schneider in un&#x017F;ern 2 Rollen<lb/>
auftreten &#x017F;ollen.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>308. An <hi rendition="#g">Wilhelmine von Kropff in Bayreuth.</hi></head><lb/>
        <byline> <hi rendition="#g">Eilig&#x017F;t.</hi> </byline>
        <dateline> <hi rendition="#right">Hof 9. Mai abends um 7. Uhr 96 [Montag].</hi> </dateline><lb/>
        <p>Immer ziehen über den Lebens-Mai meiner <hi rendition="#g">neue&#x017F;ten</hi> und <hi rendition="#g">theuer-<lb n="20"/>
&#x017F;ten</hi> Freundin die irdi&#x017F;chen Gewitter &#x017F;o &#x017F;chnel und leicht als das jezige<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd2_186">[186]</ref></note>über den 9<hi rendition="#sup">ten</hi> Mai wegflog! &#x2014; Ihre Freund&#x017F;chaft, gnädige Frau,<lb/>
würde wol einen weniger gro&#x017F;&#x017F;en Enthu&#x017F;ia&#x017F;mus als ich für jede<lb/>
&#x017F;chöne und fehlende Seele habe, zwingen, alles zu verge&#x017F;&#x017F;en, um &#x017F;ich<lb/>
einer einzigen Sache zu erinnern &#x2014; das i&#x017F;t, Ihres Wohlwollens.<lb n="25"/>
Eben gehen die Wolken &#x017F;täter und das Barometer höher &#x2014; und ich<lb/>
habe Hofnung, daß mir der Himmel gleich Ihnen die Erlaubnis giebt,<lb/>
Donner&#x017F;tags in Bayreuth &#x2014; wahr&#x017F;cheinlich im goldnen Adler, den<lb/>
ich gegen mein bisheriges Logis &#x201E;die Sonne&#x201C; vertau&#x017F;chte &#x2014; und<lb/>
nachmittags um 5 Uhr bei dem &#x017F;chönen Herzen anzukommen, das<lb n="30"/>
meine Ehrfurcht gegen da&#x017F;&#x017F;elbe mit jedem neuen Briefe zu wach&#x017F;en<lb/>
zwang und das mir, wenn ich er&#x017F;cheine, folgendes zu verzeihen hat &#x2014; &#x2014;<lb/>
meine durch meine Verhältni&#x017F;&#x017F;e und durch meine An&#x017F;trengungen hinter<lb/>
dem Schreibti&#x017F;che verrenkte und bejahrte Au&#x017F;&#x017F;en&#x017F;eite, &#x017F;ogar meine<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0201] 305. An Chriſtian Otto. [Hof, 30. April oder 1. Mai 1796] Ich möchte beinahe mein Wort brechen und es zurükbehalten, da es mit ſolcher Eile und Unordnung und Wäſſerigkeit geſchrieben. Ich konte geſtern vor innerer Abſpannung nicht arbeiten, darum wandt’ 5 ich ſie dazu an. 306. An Chriſtian Otto. [Hof, 6. Mai 1796] Anbei ſende dir die Briefe, die ich ſchon geſtern um 3 Uhr über- liefern wolte — und erbitte mir deinen, den du mir auch eher geben 10 wollen. 307. An Chriſtian Otto. [Hof] 7. Mai 1796. Hier iſt die Heroldſche Ausgabe. Du haſt nur noch einmal die Plage mit meinen Transſubſtanziazionen. Beſtimme wenn heute 15 — von jezt angerechnet — ich und der H. Schneider in unſern 2 Rollen auftreten ſollen. 308. An Wilhelmine von Kropff in Bayreuth. Eiligſt.Hof 9. Mai abends um 7. Uhr 96 [Montag]. Immer ziehen über den Lebens-Mai meiner neueſten und theuer- 20 ſten Freundin die irdiſchen Gewitter ſo ſchnel und leicht als das jezige über den 9ten Mai wegflog! — Ihre Freundſchaft, gnädige Frau, würde wol einen weniger groſſen Enthuſiaſmus als ich für jede ſchöne und fehlende Seele habe, zwingen, alles zu vergeſſen, um ſich einer einzigen Sache zu erinnern — das iſt, Ihres Wohlwollens. 25 Eben gehen die Wolken ſtäter und das Barometer höher — und ich habe Hofnung, daß mir der Himmel gleich Ihnen die Erlaubnis giebt, Donnerſtags in Bayreuth — wahrſcheinlich im goldnen Adler, den ich gegen mein bisheriges Logis „die Sonne“ vertauſchte — und nachmittags um 5 Uhr bei dem ſchönen Herzen anzukommen, das 30 meine Ehrfurcht gegen daſſelbe mit jedem neuen Briefe zu wachſen zwang und das mir, wenn ich erſcheine, folgendes zu verzeihen hat — — meine durch meine Verhältniſſe und durch meine Anſtrengungen hinter dem Schreibtiſche verrenkte und bejahrte Auſſenſeite, ſogar meine [186]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:02:06Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:02:06Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/201
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/201>, abgerufen am 25.04.2024.