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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.

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7. An Frau Franck in Hof.

[In ein Exemplar der "Unsichtbaren Loge"]

Ich bedauer' es, daß ich erst am 1ten Ostertag 1794 das Blat
dieses Buches schreibe, das mir ein grösseres Vergnügen macht als alle5
andere und auf dem sich und dieses Buch dedizieret

der Frau Frank
Ihr
gehors. Diener
Jean Paul.
10


[1]8. An Christian Otto.

Mein lieber Christian,

An dieses Blat denk ich allemal, so lang' ich am Buche mache -- und
doch wenn ich darüber komme, fang' ichs wie jezt an.15

Du hast ohnehin jezt viel zu lesen von mir und wohnst im Grunde
drei Wochen lang mitten in meiner Seele: ich bin also kurz. -- Ich
lege dir deine kritischen Blätter bei, (aber zur Retour), damit du sehen
kanst, daß ich dir gehorsam war nicht wie einem Kritiker sondern wie
der Kritik selber. Nur aus Ermüdung oder Unvermögen war ichs20
1 oder 2 mal nicht. Den Apotheker hab' ich aus dem ersten Kapitel
herausgetrieben; aber die Razen kont' ich und der Kaplan nicht weg-
bringen. Auch verschwinden sie jezt mehr in die Gruppe; und ohne
sie ist gar kein Kniestük vom Pfarrer so fertig zu machen. Horch, lass'
mir die Razen! -- Übrigens ist troz meiner Bemühung noch immer25
etwas Kleinliches in den fünf ersten Kapiteln, das ich aber lieber er-
tragen wil als die Zeich[n]ungen der Karaktere stören. Aenderungen der
Inizialzüge derselben sind mislich, weil ich jezt mich nicht mehr in die
ersten Kapitel denken kan, sondern den Karakter immer vorausseze. --
Leider werden auch im zweiten Bande noch einige kleinliche Kapitel30
stecken; aber im dritten oder besten Theile schliesset alles immer fester
zusammen. -- Eine einzige unnüze nicht agierende Person wohnt im
Buche, die aber mit ihrem ganzen Haushalten nur 2 Seiten Plaz
einnimt: ich nenne sie nicht; leidest du sie aber nicht, so sag' ich ihr
auf. -- Einige komische Szenen nim andern Lesern nicht. -- Streich'35

7. An Frau Franck in Hof.

[In ein Exemplar der „Unſichtbaren Loge“]

Ich bedauer’ es, daß ich erſt am 1ten Oſtertag 1794 das Blat
dieſes Buches ſchreibe, das mir ein gröſſeres Vergnügen macht als alle5
andere und auf dem ſich und dieſes Buch dedizieret

der Frau Frank
Ihr
gehorſ. Diener
Jean Paul.
10


[1]8. An Chriſtian Otto.

Mein lieber Chriſtian,

An dieſes Blat denk ich allemal, ſo lang’ ich am Buche mache — und
doch wenn ich darüber komme, fang’ ichs wie jezt an.15

Du haſt ohnehin jezt viel zu leſen von mir und wohnſt im Grunde
drei Wochen lang mitten in meiner Seele: ich bin alſo kurz. — Ich
lege dir deine kritiſchen Blätter bei, (aber zur Retour), damit du ſehen
kanſt, daß ich dir gehorſam war nicht wie einem Kritiker ſondern wie
der Kritik ſelber. Nur aus Ermüdung oder Unvermögen war ichs20
1 oder 2 mal nicht. Den Apotheker hab’ ich aus dem erſten Kapitel
herausgetrieben; aber die Razen kont’ ich und der Kaplan nicht weg-
bringen. Auch verſchwinden ſie jezt mehr in die Gruppe; und ohne
ſie iſt gar kein Knieſtük vom Pfarrer ſo fertig zu machen. Horch, laſſ’
mir die Razen! — Übrigens iſt troz meiner Bemühung noch immer25
etwas Kleinliches in den fünf erſten Kapiteln, das ich aber lieber er-
tragen wil als die Zeich[n]ungen der Karaktere ſtören. Aenderungen der
Inizialzüge derſelben ſind mislich, weil ich jezt mich nicht mehr in die
erſten Kapitel denken kan, ſondern den Karakter immer vorausſeze. —
Leider werden auch im zweiten Bande noch einige kleinliche Kapitel30
ſtecken; aber im dritten oder beſten Theile ſchlieſſet alles immer feſter
zuſammen. — Eine einzige unnüze nicht agierende Perſon wohnt im
Buche, die aber mit ihrem ganzen Haushalten nur 2 Seiten Plaz
einnimt: ich nenne ſie nicht; leideſt du ſie aber nicht, ſo ſag’ ich ihr
auf. — Einige komiſche Szenen nim andern Leſern nicht. — Streich’35

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[10/0019] 7. An Frau Franck in Hof. [Schwarzenbach (?), 20. April 1794] [In ein Exemplar der „Unſichtbaren Loge“] Ich bedauer’ es, daß ich erſt am 1ten Oſtertag 1794 das Blat dieſes Buches ſchreibe, das mir ein gröſſeres Vergnügen macht als alle 5 andere und auf dem ſich und dieſes Buch dedizieret der Frau Frank Ihr gehorſ. Diener Jean Paul. 10 8. An Chriſtian Otto. Hof. d. 19 Mai 94. Mein lieber Chriſtian, An dieſes Blat denk ich allemal, ſo lang’ ich am Buche mache — und doch wenn ich darüber komme, fang’ ichs wie jezt an. 15 Du haſt ohnehin jezt viel zu leſen von mir und wohnſt im Grunde drei Wochen lang mitten in meiner Seele: ich bin alſo kurz. — Ich lege dir deine kritiſchen Blätter bei, (aber zur Retour), damit du ſehen kanſt, daß ich dir gehorſam war nicht wie einem Kritiker ſondern wie der Kritik ſelber. Nur aus Ermüdung oder Unvermögen war ichs 20 1 oder 2 mal nicht. Den Apotheker hab’ ich aus dem erſten Kapitel herausgetrieben; aber die Razen kont’ ich und der Kaplan nicht weg- bringen. Auch verſchwinden ſie jezt mehr in die Gruppe; und ohne ſie iſt gar kein Knieſtük vom Pfarrer ſo fertig zu machen. Horch, laſſ’ mir die Razen! — Übrigens iſt troz meiner Bemühung noch immer 25 etwas Kleinliches in den fünf erſten Kapiteln, das ich aber lieber er- tragen wil als die Zeich[n]ungen der Karaktere ſtören. Aenderungen der Inizialzüge derſelben ſind mislich, weil ich jezt mich nicht mehr in die erſten Kapitel denken kan, ſondern den Karakter immer vorausſeze. — Leider werden auch im zweiten Bande noch einige kleinliche Kapitel 30 ſtecken; aber im dritten oder beſten Theile ſchlieſſet alles immer feſter zuſammen. — Eine einzige unnüze nicht agierende Perſon wohnt im Buche, die aber mit ihrem ganzen Haushalten nur 2 Seiten Plaz einnimt: ich nenne ſie nicht; leideſt du ſie aber nicht, ſo ſag’ ich ihr auf. — Einige komiſche Szenen nim andern Leſern nicht. — Streich’ 35

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:02:06Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:02:06Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/19>, abgerufen am 29.03.2024.