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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.

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Herz eines grossen Bruders und Ihres Sie so bald über die irdischen
Nebel erhoben hat -- da es troz aller deutschen Ungleichheit der Güter[121]
doch eine Gleichheit der höhern, der Bücher, giebt -- und da die Sonne
des Buchhandels in Buchläden noch eher scheint als in fürstliche bou-
doirs
-- -- worüber hätten Sie zu klagen? Verschmähen Sie den5
rauschenden Prunk um sich -- Ihr Herz bewahre das Lehrgebäude
der Weisheit und Tugend, -- alles andere, Aemter und Güter und
Titel, sind die blossen jämmerlichen Baugerüste, die man durch
das Gebäude schon ersezen kan. Leben Sie wol, mein Freund.

Ihr Freund10
Richter
187. An Christian Otto.

Ist denn heute ein Concert-spirituel? Und ist mehr darin als Ein
Kollegium? Und bist du und deine Dlle Schwester darin? -- Und15
wirst du mir auf Morgen den Siebenkäs schicken? und sans oder
avec? -- Ich schneide das Papier erst nach dem Schreiben zu, um
keines zu verthun.

188. An Matzdorff in Berlin.
[Kopie]20

Wenn ich künftig Infusionsthiergen von 1/2 Alphabet laiche. -- um
mir in den Dezemberabenden etwas gelassen zu haben, was dem
Schnee und den abbrevierten Tagen das Gleichgewicht hält. -- daß
die Ohrenbeichte meiner kallygraphischen Sünden zu einer algemeinen
werde und dem Sezer zu Ohren komme -- -- der briefliche Wieder-25
schein Ihres Herzens -- Diese 4 Dinge werden mit dem Vorspan
eines Postzugs mein Werkgen über die schlimsten Berge bringen. --
mit Wünsche[n] für Ihre

189. An Christian Otto.
30

Gehst denn du heute in unser Drurylane-Theater und ins kon-
sularische Familienspiel? Holofernes wird tragiert. Die Groschen-
gallerie heist die 2 kr. gallerie: Ich glaube nicht, daß diese fahrenden
Garriks dem Orte, wo so viele andere Dinge gespielet werden, genug
angemessen sind.35

Herz eines groſſen Bruders und Ihres Sie ſo bald über die irdiſchen
Nebel erhoben hat — da es troz aller deutſchen Ungleichheit der Güter[121]
doch eine Gleichheit der höhern, der Bücher, giebt — und da die Sonne
des Buchhandels in Buchläden noch eher ſcheint als in fürſtliche bou-
doirs
— — worüber hätten Sie zu klagen? Verſchmähen Sie den5
rauſchenden Prunk um ſich — Ihr Herz bewahre das Lehrgebäude
der Weisheit und Tugend, — alles andere, Aemter und Güter und
Titel, ſind die bloſſen jämmerlichen Baugerüſte, die man durch
das Gebäude ſchon erſezen kan. Leben Sie wol, mein Freund.

Ihr Freund10
Richter
187. An Chriſtian Otto.

Iſt denn heute ein Concert-spirituel? Und iſt mehr darin als Ein
Kollegium? Und biſt du und deine Dlle Schweſter darin? — Und15
wirſt du mir auf Morgen den Siebenkäs ſchicken? und sans oder
avec? — Ich ſchneide das Papier erſt nach dem Schreiben zu, um
keines zu verthun.

188. An Matzdorff in Berlin.
[Kopie]20

Wenn ich künftig Infuſionsthiergen von ½ Alphabet laiche. — um
mir in den Dezemberabenden etwas gelaſſen zu haben, was dem
Schnee und den abbrevierten Tagen das Gleichgewicht hält. — daß
die Ohrenbeichte meiner kallygraphiſchen Sünden zu einer algemeinen
werde und dem Sezer zu Ohren komme — — der briefliche Wieder-25
ſchein Ihres Herzens — Dieſe 4 Dinge werden mit dem Vorſpan
eines Poſtzugs mein Werkgen über die ſchlimſten Berge bringen. —
mit Wünſche[n] für Ihre

189. An Chriſtian Otto.
30

Gehſt denn du heute in unſer Drurylane-Theater und ins kon-
ſulariſche Familienſpiel? Holofernes wird tragiert. Die Groſchen-
gallerie heiſt die 2 kr. gallerie: Ich glaube nicht, daß dieſe fahrenden
Garriks dem Orte, wo ſo viele andere Dinge geſpielet werden, genug
angemeſſen ſind.35

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[125/0136] Herz eines groſſen Bruders und Ihres Sie ſo bald über die irdiſchen Nebel erhoben hat — da es troz aller deutſchen Ungleichheit der Güter doch eine Gleichheit der höhern, der Bücher, giebt — und da die Sonne des Buchhandels in Buchläden noch eher ſcheint als in fürſtliche bou- doirs — — worüber hätten Sie zu klagen? Verſchmähen Sie den 5 rauſchenden Prunk um ſich — Ihr Herz bewahre das Lehrgebäude der Weisheit und Tugend, — alles andere, Aemter und Güter und Titel, ſind die bloſſen jämmerlichen Baugerüſte, die man durch das Gebäude ſchon erſezen kan. Leben Sie wol, mein Freund. [121] Ihr Freund 10 Richter 187. An Chriſtian Otto. [Hof, 3. Nov. 1795. Dienstag] Iſt denn heute ein Concert-spirituel? Und iſt mehr darin als Ein Kollegium? Und biſt du und deine Dlle Schweſter darin? — Und 15 wirſt du mir auf Morgen den Siebenkäs ſchicken? und sans oder avec? — Ich ſchneide das Papier erſt nach dem Schreiben zu, um keines zu verthun. 188. An Matzdorff in Berlin. [Hof, 4. Nov. 1795] 20 Wenn ich künftig Infuſionsthiergen von ½ Alphabet laiche. — um mir in den Dezemberabenden etwas gelaſſen zu haben, was dem Schnee und den abbrevierten Tagen das Gleichgewicht hält. — daß die Ohrenbeichte meiner kallygraphiſchen Sünden zu einer algemeinen werde und dem Sezer zu Ohren komme — — der briefliche Wieder- 25 ſchein Ihres Herzens — Dieſe 4 Dinge werden mit dem Vorſpan eines Poſtzugs mein Werkgen über die ſchlimſten Berge bringen. — mit Wünſche[n] für Ihre 189. An Chriſtian Otto. [Hof, 9. Nov. 1795] 30 Gehſt denn du heute in unſer Drurylane-Theater und ins kon- ſulariſche Familienſpiel? Holofernes wird tragiert. Die Groſchen- gallerie heiſt die 2 kr. gallerie: Ich glaube nicht, daß dieſe fahrenden Garriks dem Orte, wo ſo viele andere Dinge geſpielet werden, genug angemeſſen ſind. 35

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:02:06Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:02:06Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/136>, abgerufen am 25.04.2024.