Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.

Bild:
<< vorherige Seite

ling arbeite. Ich gleiche der Zeitlose oder Herbstblume, deren jezige
Blüten erst im künftigen Frühling zu Früchten werden.

Den Betrag für den sehr schönen Zeug zum wollenen Ueberrok meines
körperlichen Ueberroks um den innern Menschen, werd' ich Ihnen mit
Dank in Ihre Hände geben, die ich doch nunmehr in Hof zu fassen5
hoffen darf. -- Renate würde wenn sie eine astronomische Terzienuhr
hätte, nicht die Minuten sondern die Terzien zwischen dem Versprechen
Ihrer Ankunft und dessen Halten zählen: Sie werden lange bleiben
müssen, eh sie aufhöret, vor Freude vor Ihnen zu verstummen.

Sagen Sie meinem theuern Schäfer alle Grüsse der wärmsten10
Liebe: jezt mus ich ihm ohnehin mein neuestes Buch, d. h. ein Be-
gleitungsschreiben dazu zuschicken. Leben Sie wol, wenn es auf dieser
Schut- und Makulatur Erde, in diesem Heidenvorhof eines unbekanten
Allerheiligsten anders möglich ist.

Mit ganzer Seele15

Ihr
ewiger Freund
Richter
174. An Christian Otto.[111]
20

Ich werde dir doch weiter nichts nehmen als die Gelegenheit, nach
der Magd oder Louise zu schreien und ihr die Dornen zu geben, wenn ich
dich jezt darum bitte, weil mir ihre Einpackung heute bevorsteht. Ich
möchte wissen, wie ein Packer oder Ballenbinder leben könte beim
ewigen Packen. -- Du kanst immer einen Schuh und eine Schnalle25
schon puzen lassen auf die Sonabendliche Ausfahrt.

175. An Christian Otto.

Lieber! nim nur mein Geschicke nicht übel. Da um 12 die Post geht
-- und da ich Zeit zum Packen brauche -- und da die Kinder um 10 Uhr30
kommen -- und da es heute fortmus -- und da ichs gar noch einmal
durchlaufen wil: so nim mirs nicht übel. Wenn ichs nur um 9. Uhr
hätte; oder was davon! Vergiebs ja, daß ich dir deine Güte so er-
schwere. (Ausgenommen: es müsten neue Stücke hinein gebauet oder
alte heraus genommen werden.)35

8*

ling arbeite. Ich gleiche der Zeitloſe oder Herbſtblume, deren jezige
Blüten erſt im künftigen Frühling zu Früchten werden.

Den Betrag für den ſehr ſchönen Zeug zum wollenen Ueberrok meines
körperlichen Ueberroks um den innern Menſchen, werd’ ich Ihnen mit
Dank in Ihre Hände geben, die ich doch nunmehr in Hof zu faſſen5
hoffen darf. — Renate würde wenn ſie eine aſtronomiſche Terzienuhr
hätte, nicht die Minuten ſondern die Terzien zwiſchen dem Verſprechen
Ihrer Ankunft und deſſen Halten zählen: Sie werden lange bleiben
müſſen, eh ſie aufhöret, vor Freude vor Ihnen zu verſtummen.

Sagen Sie meinem theuern Schäfer alle Grüſſe der wärmſten10
Liebe: jezt mus ich ihm ohnehin mein neueſtes Buch, d. h. ein Be-
gleitungsſchreiben dazu zuſchicken. Leben Sie wol, wenn es auf dieſer
Schut- und Makulatur Erde, in dieſem Heidenvorhof eines unbekanten
Allerheiligſten anders möglich iſt.

Mit ganzer Seele15

Ihr
ewiger Freund
Richter
174. An Chriſtian Otto.[111]
20

Ich werde dir doch weiter nichts nehmen als die Gelegenheit, nach
der Magd oder Louiſe zu ſchreien und ihr die Dornen zu geben, wenn ich
dich jezt darum bitte, weil mir ihre Einpackung heute bevorſteht. Ich
möchte wiſſen, wie ein Packer oder Ballenbinder leben könte beim
ewigen Packen. — Du kanſt immer einen Schuh und eine Schnalle25
ſchon puzen laſſen auf die Sonabendliche Ausfahrt.

175. An Chriſtian Otto.

Lieber! nim nur mein Geſchicke nicht übel. Da um 12 die Poſt geht
— und da ich Zeit zum Packen brauche — und da die Kinder um 10 Uhr30
kommen — und da es heute fortmus — und da ichs gar noch einmal
durchlaufen wil: ſo nim mirs nicht übel. Wenn ichs nur um 9. Uhr
hätte; oder was davon! Vergiebs ja, daß ich dir deine Güte ſo er-
ſchwere. (Ausgenommen: es müſten neue Stücke hinein gebauet oder
alte heraus genommen werden.)35

8*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0126" n="115"/>
ling arbeite. Ich gleiche der Zeitlo&#x017F;e oder Herb&#x017F;tblume, deren jezige<lb/>
Blüten er&#x017F;t im künftigen Frühling zu Früchten werden.</p><lb/>
        <p>Den Betrag für den &#x017F;ehr &#x017F;chönen Zeug zum wollenen Ueberrok meines<lb/>
körperlichen Ueberroks um den innern Men&#x017F;chen, werd&#x2019; ich Ihnen mit<lb/>
Dank in Ihre Hände geben, die ich doch nunmehr in Hof zu fa&#x017F;&#x017F;en<lb n="5"/>
hoffen darf. &#x2014; Renate würde wenn &#x017F;ie eine a&#x017F;tronomi&#x017F;che Terzienuhr<lb/>
hätte, nicht die Minuten &#x017F;ondern die Terzien zwi&#x017F;chen dem Ver&#x017F;prechen<lb/>
Ihrer Ankunft und de&#x017F;&#x017F;en Halten zählen: Sie werden lange bleiben<lb/>&#x017F;&#x017F;en, eh &#x017F;ie aufhöret, vor Freude vor Ihnen zu ver&#x017F;tummen.</p><lb/>
        <p>Sagen Sie meinem theuern Schäfer alle Grü&#x017F;&#x017F;e der wärm&#x017F;ten<lb n="10"/>
Liebe: jezt mus ich ihm ohnehin mein neue&#x017F;tes Buch, d. h. ein Be-<lb/>
gleitungs&#x017F;chreiben dazu zu&#x017F;chicken. Leben Sie wol, wenn es auf die&#x017F;er<lb/>
Schut- und Makulatur Erde, in die&#x017F;em Heidenvorhof eines unbekanten<lb/>
Allerheilig&#x017F;ten anders möglich i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Mit ganzer Seele<lb n="15"/>
</p>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">Ihr<lb/>
ewiger Freund<lb/>
Richter</hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>174. An <hi rendition="#g">Chri&#x017F;tian Otto.</hi><note place="right"><ref target="1922_Bd2_111">[111]</ref></note></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Hof, 8. Okt. 1795. Donnerstag]</hi> </dateline>
        <lb n="20"/>
        <p>Ich werde dir doch weiter nichts nehmen als die Gelegenheit, nach<lb/>
der Magd oder Loui&#x017F;e zu &#x017F;chreien und ihr die Dornen zu geben, wenn ich<lb/>
dich jezt darum bitte, weil mir ihre Einpackung heute bevor&#x017F;teht. Ich<lb/>
möchte wi&#x017F;&#x017F;en, wie ein Packer oder Ballenbinder leben könte beim<lb/>
ewigen Packen. &#x2014; Du kan&#x017F;t immer einen Schuh und eine Schnalle<lb n="25"/>
&#x017F;chon puzen la&#x017F;&#x017F;en auf die Sonabendliche Ausfahrt.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>175. An <hi rendition="#g">Chri&#x017F;tian Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Hof, 8. Okt. 1795]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Lieber! nim nur mein Ge&#x017F;chicke nicht übel. Da um 12 die Po&#x017F;t geht<lb/>
&#x2014; und da ich Zeit zum Packen brauche &#x2014; und da die Kinder um 10 Uhr<lb n="30"/>
kommen &#x2014; und da es heute fortmus &#x2014; und da ichs gar noch einmal<lb/>
durchlaufen wil: &#x017F;o nim mirs nicht übel. Wenn ichs nur um 9. Uhr<lb/>
hätte; oder was davon! Vergiebs ja, daß ich dir deine Güte &#x017F;o er-<lb/>
&#x017F;chwere. (Ausgenommen: es mü&#x017F;ten neue Stücke hinein gebauet oder<lb/>
alte heraus genommen werden.)<lb n="35"/>
</p>
      </div><lb/>
      <fw place="bottom" type="sig">8*</fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0126] ling arbeite. Ich gleiche der Zeitloſe oder Herbſtblume, deren jezige Blüten erſt im künftigen Frühling zu Früchten werden. Den Betrag für den ſehr ſchönen Zeug zum wollenen Ueberrok meines körperlichen Ueberroks um den innern Menſchen, werd’ ich Ihnen mit Dank in Ihre Hände geben, die ich doch nunmehr in Hof zu faſſen 5 hoffen darf. — Renate würde wenn ſie eine aſtronomiſche Terzienuhr hätte, nicht die Minuten ſondern die Terzien zwiſchen dem Verſprechen Ihrer Ankunft und deſſen Halten zählen: Sie werden lange bleiben müſſen, eh ſie aufhöret, vor Freude vor Ihnen zu verſtummen. Sagen Sie meinem theuern Schäfer alle Grüſſe der wärmſten 10 Liebe: jezt mus ich ihm ohnehin mein neueſtes Buch, d. h. ein Be- gleitungsſchreiben dazu zuſchicken. Leben Sie wol, wenn es auf dieſer Schut- und Makulatur Erde, in dieſem Heidenvorhof eines unbekanten Allerheiligſten anders möglich iſt. Mit ganzer Seele 15 Ihr ewiger Freund Richter 174. An Chriſtian Otto. [Hof, 8. Okt. 1795. Donnerstag] 20 Ich werde dir doch weiter nichts nehmen als die Gelegenheit, nach der Magd oder Louiſe zu ſchreien und ihr die Dornen zu geben, wenn ich dich jezt darum bitte, weil mir ihre Einpackung heute bevorſteht. Ich möchte wiſſen, wie ein Packer oder Ballenbinder leben könte beim ewigen Packen. — Du kanſt immer einen Schuh und eine Schnalle 25 ſchon puzen laſſen auf die Sonabendliche Ausfahrt. 175. An Chriſtian Otto. [Hof, 8. Okt. 1795] Lieber! nim nur mein Geſchicke nicht übel. Da um 12 die Poſt geht — und da ich Zeit zum Packen brauche — und da die Kinder um 10 Uhr 30 kommen — und da es heute fortmus — und da ichs gar noch einmal durchlaufen wil: ſo nim mirs nicht übel. Wenn ichs nur um 9. Uhr hätte; oder was davon! Vergiebs ja, daß ich dir deine Güte ſo er- ſchwere. (Ausgenommen: es müſten neue Stücke hinein gebauet oder alte heraus genommen werden.) 35 8*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:02:06Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:02:06Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/126
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/126>, abgerufen am 29.03.2024.