P[aupertatis] alle Kollegien frei bekommen, und in kurzer Zeit werden Sie das Glük geniessen, das Sie verdienen, das Sie iezt fliehen, das Ihnen Ihre Freunde wünschen. Und verdient nicht das Glük, das Sie nicht zu erlangen hoffen, die Arbeiten und die Beschwerlich- keiten, die Sie iezt einem kleinen und ungewissen aufopfern?5
Ich schliesse. Können meine Gründe die Stärke Ihres Vorsazzes nicht schwächen; so können sie doch einen kleinen Beweis meiner Liebe gegen Sie abgeben, die ich sonst nie an den Tag legen konte, die ich aber wünsche durch deutl[ichere] Proben darzutun. Antworten Sie mir wieder, wenn Sie Zeit und Lust haben, und sein Sie das gegen mich,10 was gegen Sie nie aufgehört hat zu sein etc.
20. An Pfarrer Vogel in Rehau.[39]
Hocherwürdiger und hochgelerter Herr, Hochzuvererender Herr Pfarrer!
Ich wag' es kaum, mich bei Denenselben zu entschuldigen -- soviel15 hab' ich zu entschuldigen! Ihnen nicht nur keine Briefe zu schreiben, sondern auch keine zu beantworten -- Sie in der Ungewisheit über das Schiksal Ihres Schreibens, in Furcht wegen der Folgen desselben, und in der warscheinlichen Meinung meiner Unhöflichkeit und Un- dankbarkeit zu lassen -- gewis dieses hätten Sie nie von mir erwartet,20 wenn es nicht geschehen wäre; allein dieses hätt' ich auch nie getan, wenn ich nicht gemust hätte. Das Folgende meines Briefs wird dieses deutlicher machen, und das beiliegende Paket wird es beweisen.
Ich hab' Ihr erstes gütiges Schreiben, das Sie vom 23. September datirten, zu Anfang des Novembers erhalten. Den 7. Oktober schikt'25 ich Ihnen einen Brief mit einem Aukzionskatalog. Vielleicht haben Sie diesen gar nicht bekommen, so wie ich den Ihrigen spät bekommen habe. Auch Ihre vortrefliche Anmerkungen hab' ich erhalten, die mir eben soviel Vergnügen als Ihnen Sorge gemacht haben. Gewis ich würd' es ser bedauert haben, wenn sie nicht in meine Hände gekommen30 wären; aber ich würd' es noch unendlich mer bedauert haben, wenn Sie dafür in die Hände der orthodoxen Henker gekommen wären. Ich hab' Ihnen nun die Sorge in Rüksicht Ihrer benommen; möcht' ich Ihnen doch auch den Verdacht in Rüksicht meiner benemen können! Ich hatte neulich schon drei Bögen von meiner Antwort auf Ihr35
P[aupertatis] alle Kollegien frei bekommen, und in kurzer Zeit werden Sie das Glük genieſſen, das Sie verdienen, das Sie iezt fliehen, das Ihnen Ihre Freunde wünſchen. Und verdient nicht das Glük, das Sie nicht zu erlangen hoffen, die Arbeiten und die Beſchwerlich- keiten, die Sie iezt einem kleinen und ungewiſſen aufopfern?5
Ich ſchlieſſe. Können meine Gründe die Stärke Ihres Vorſazzes nicht ſchwächen; ſo können ſie doch einen kleinen Beweis meiner Liebe gegen Sie abgeben, die ich ſonſt nie an den Tag legen konte, die ich aber wünſche durch deutl[ichere] Proben darzutun. Antworten Sie mir wieder, wenn Sie Zeit und Luſt haben, und ſein Sie das gegen mich,10 was gegen Sie nie aufgehört hat zu ſein ꝛc.
20. An Pfarrer Vogel in Rehau.[39]
Hocherwürdiger und hochgelerter Herr, Hochzuvererender Herr Pfarrer!
Ich wag’ es kaum, mich bei Denenſelben zu entſchuldigen — ſoviel15 hab’ ich zu entſchuldigen! Ihnen nicht nur keine Briefe zu ſchreiben, ſondern auch keine zu beantworten — Sie in der Ungewisheit über das Schikſal Ihres Schreibens, in Furcht wegen der Folgen deſſelben, und in der warſcheinlichen Meinung meiner Unhöflichkeit und Un- dankbarkeit zu laſſen — gewis dieſes hätten Sie nie von mir erwartet,20 wenn es nicht geſchehen wäre; allein dieſes hätt’ ich auch nie getan, wenn ich nicht gemuſt hätte. Das Folgende meines Briefs wird dieſes deutlicher machen, und das beiliegende Paket wird es beweiſen.
Ich hab’ Ihr erſtes gütiges Schreiben, das Sie vom 23. September datirten, zu Anfang des Novembers erhalten. Den 7. Oktober ſchikt’25 ich Ihnen einen Brief mit einem Aukzionskatalog. Vielleicht haben Sie dieſen gar nicht bekommen, ſo wie ich den Ihrigen ſpät bekommen habe. Auch Ihre vortrefliche Anmerkungen hab’ ich erhalten, die mir eben ſoviel Vergnügen als Ihnen Sorge gemacht haben. Gewis ich würd’ es ſer bedauert haben, wenn ſie nicht in meine Hände gekommen30 wären; aber ich würd’ es noch unendlich mer bedauert haben, wenn Sie dafür in die Hände der orthodoxen Henker gekommen wären. Ich hab’ Ihnen nun die Sorge in Rükſicht Ihrer benommen; möcht’ ich Ihnen doch auch den Verdacht in Rükſicht meiner benemen können! Ich hatte neulich ſchon drei Bögen von meiner Antwort auf Ihr35
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das Sie nicht zu erlangen hoffen, die Arbeiten und die Beſchwerlich-
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Ich ſchlieſſe. Können meine Gründe die Stärke Ihres Vorſazzes
nicht ſchwächen; ſo können ſie doch einen kleinen Beweis meiner Liebe
gegen Sie abgeben, die ich ſonſt nie an den Tag legen konte, die ich
aber wünſche durch deutl[ichere] Proben darzutun. Antworten Sie mir
wieder, wenn Sie Zeit und Luſt haben, und ſein Sie das gegen mich, 10
was gegen Sie nie aufgehört hat zu ſein ꝛc.
20. An Pfarrer Vogel in Rehau.
Hocherwürdiger und hochgelerter Herr,
Hochzuvererender Herr Pfarrer!
Ich wag’ es kaum, mich bei Denenſelben zu entſchuldigen — ſoviel 15
hab’ ich zu entſchuldigen! Ihnen nicht nur keine Briefe zu ſchreiben,
ſondern auch keine zu beantworten — Sie in der Ungewisheit über
das Schikſal Ihres Schreibens, in Furcht wegen der Folgen deſſelben,
und in der warſcheinlichen Meinung meiner Unhöflichkeit und Un-
dankbarkeit zu laſſen — gewis dieſes hätten Sie nie von mir erwartet, 20
wenn es nicht geſchehen wäre; allein dieſes hätt’ ich auch nie getan,
wenn ich nicht gemuſt hätte. Das Folgende meines Briefs wird dieſes
deutlicher machen, und das beiliegende Paket wird es beweiſen.
Ich hab’ Ihr erſtes gütiges Schreiben, das Sie vom 23. September
datirten, zu Anfang des Novembers erhalten. Den 7. Oktober ſchikt’ 25
ich Ihnen einen Brief mit einem Aukzionskatalog. Vielleicht haben
Sie dieſen gar nicht bekommen, ſo wie ich den Ihrigen ſpät bekommen
habe. Auch Ihre vortrefliche Anmerkungen hab’ ich erhalten, die mir
eben ſoviel Vergnügen als Ihnen Sorge gemacht haben. Gewis ich
würd’ es ſer bedauert haben, wenn ſie nicht in meine Hände gekommen 30
wären; aber ich würd’ es noch unendlich mer bedauert haben, wenn
Sie dafür in die Hände der orthodoxen Henker gekommen wären. Ich
hab’ Ihnen nun die Sorge in Rükſicht Ihrer benommen; möcht’ ich
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/60>, abgerufen am 28.03.2024.
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