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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.

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müstest du noch sagen "die Gefahren des Lebens, des Reichthums, der
"Bequemlichkeit, des Körpers vergessen" nach dem quis quomodo
quid etc.
Die lezten 2 Bogen aber sind mit der Kürze deines schon
gedrukten Aufsazes gemacht, die dir in [die] Feder alzeit ungerufen
kommen wird, wenn du vorher in Seneka oder Rousseau liesest.5
16. Es geht so weit, daß man ein Faktum mit weniger Einwürfen
annimt, wenn es vom Referent A erzählt wird als wenn B erzählt, daß
er es von A gehört.

8. Ich habe dich glaub' ich schon einmal angefahren daß du zu gern
Substantiva aus Verbis machst.10

Dein boshaftester litterarischer Denunziant wird deine Sünden nicht
mit grösserer Begierde aufstöbern als ich, aber er wird dir sie mit ganz
andrer Höflichkeit als ich, ja ich hoffe mit soviel Streuzucker sagen als
du mir meine.

419. An Buchhändler Matzdorff in Berlin.15
[Kopie]

-- Meine Wünsche erkentlich zu sein können Sie nur auf eine sehr
zerstükte Person assignieren -- aufs Publikum. Solten Sie eine[399]
Rezension erblicken, die einer Erwähnung werth wäre: so bitt' ich Sie
um diese Erwähnung. Galla Exemplar.20

420. An Karl Philipp Moritz in Berlin.
[Wahrscheinlich nicht abgeschickt]
Geliebter Freund,

Sie schrieben bisher nur an mich, wenn Sie mir gerade eine Gefällig-
keit erwiesen hatten; und ich schrieb, wenn ich für eine dankte oder eine25
begehrte. Jezt thu' ich beides auf einmal, indem ich Ihnen noch einmal
danke, daß Sie mir das Buch entpuppen halfen, das jezt in der Welt
wie ein Schmetterling in einer Kirche flattert, und indem ich die Bitte
thue, die das Publikum thut -- zu schreiben.

Sie mögen meinem Romane, den Ihnen H. Mazdorf geben wird,30
selber die Einkleidung wählen, da Sie dieses schon für Romane in
einem edlern Sinne zu thun gewohnt sind.

Wenn ich am Ende des Jahr[s] 1793 meine guten Tage überzähle:
so werd' ich anfangen: "ich war erstlich in Berlin etc."

müſteſt du noch ſagen „die Gefahren des Lebens, des Reichthums, der
„Bequemlichkeit, des Körpers vergeſſen“ nach dem quis quomodo
quid etc.
Die lezten 2 Bogen aber ſind mit der Kürze deines ſchon
gedrukten Aufſazes gemacht, die dir in [die] Feder alzeit ungerufen
kommen wird, wenn du vorher in Seneka oder Rouſſeau lieſeſt.5
16. Es geht ſo weit, daß man ein Faktum mit weniger Einwürfen
annimt, wenn es vom Referent A erzählt wird als wenn B erzählt, daß
er es von A gehört.

8. Ich habe dich glaub’ ich ſchon einmal angefahren daß du zu gern
Subſtantiva aus Verbis machſt.10

Dein boshafteſter litterariſcher Denunziant wird deine Sünden nicht
mit gröſſerer Begierde aufſtöbern als ich, aber er wird dir ſie mit ganz
andrer Höflichkeit als ich, ja ich hoffe mit ſoviel Streuzucker ſagen als
du mir meine.

419. An Buchhändler Matzdorff in Berlin.15
[Kopie]

— Meine Wünſche erkentlich zu ſein können Sie nur auf eine ſehr
zerſtükte Perſon aſſignieren — aufs Publikum. Solten Sie eine[399]
Rezenſion erblicken, die einer Erwähnung werth wäre: ſo bitt’ ich Sie
um dieſe Erwähnung. Galla Exemplar.20

420. An Karl Philipp Moritz in Berlin.
[Wahrſcheinlich nicht abgeſchickt]
Geliebter Freund,

Sie ſchrieben bisher nur an mich, wenn Sie mir gerade eine Gefällig-
keit erwieſen hatten; und ich ſchrieb, wenn ich für eine dankte oder eine25
begehrte. Jezt thu’ ich beides auf einmal, indem ich Ihnen noch einmal
danke, daß Sie mir das Buch entpuppen halfen, das jezt in der Welt
wie ein Schmetterling in einer Kirche flattert, und indem ich die Bitte
thue, die das Publikum thut — zu ſchreiben.

Sie mögen meinem Romane, den Ihnen H. Mazdorf geben wird,30
ſelber die Einkleidung wählen, da Sie dieſes ſchon für Romane in
einem edlern Sinne zu thun gewohnt ſind.

Wenn ich am Ende des Jahr[s] 1793 meine guten Tage überzähle:
ſo werd’ ich anfangen: „ich war erſtlich in Berlin ꝛc.“

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[379/0407] müſteſt du noch ſagen „die Gefahren des Lebens, des Reichthums, der „Bequemlichkeit, des Körpers vergeſſen“ nach dem quis quomodo quid etc. Die lezten 2 Bogen aber ſind mit der Kürze deines ſchon gedrukten Aufſazes gemacht, die dir in [die] Feder alzeit ungerufen kommen wird, wenn du vorher in Seneka oder Rouſſeau lieſeſt. 5 16. Es geht ſo weit, daß man ein Faktum mit weniger Einwürfen annimt, wenn es vom Referent A erzählt wird als wenn B erzählt, daß er es von A gehört. 8. Ich habe dich glaub’ ich ſchon einmal angefahren daß du zu gern Subſtantiva aus Verbis machſt. 10 Dein boshafteſter litterariſcher Denunziant wird deine Sünden nicht mit gröſſerer Begierde aufſtöbern als ich, aber er wird dir ſie mit ganz andrer Höflichkeit als ich, ja ich hoffe mit ſoviel Streuzucker ſagen als du mir meine. 419. An Buchhändler Matzdorff in Berlin. 15 [Schwarzenbach, 27. März 1793] — Meine Wünſche erkentlich zu ſein können Sie nur auf eine ſehr zerſtükte Perſon aſſignieren — aufs Publikum. Solten Sie eine Rezenſion erblicken, die einer Erwähnung werth wäre: ſo bitt’ ich Sie um dieſe Erwähnung. Galla Exemplar. 20 [399] 420. An Karl Philipp Moritz in Berlin. Hof. d. 27 März. 1793. Geliebter Freund, Sie ſchrieben bisher nur an mich, wenn Sie mir gerade eine Gefällig- keit erwieſen hatten; und ich ſchrieb, wenn ich für eine dankte oder eine 25 begehrte. Jezt thu’ ich beides auf einmal, indem ich Ihnen noch einmal danke, daß Sie mir das Buch entpuppen halfen, das jezt in der Welt wie ein Schmetterling in einer Kirche flattert, und indem ich die Bitte thue, die das Publikum thut — zu ſchreiben. Sie mögen meinem Romane, den Ihnen H. Mazdorf geben wird, 30 ſelber die Einkleidung wählen, da Sie dieſes ſchon für Romane in einem edlern Sinne zu thun gewohnt ſind. Wenn ich am Ende des Jahr[s] 1793 meine guten Tage überzähle: ſo werd’ ich anfangen: „ich war erſtlich in Berlin ꝛc.“

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T14:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T14:52:17Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/407>, abgerufen am 29.03.2024.