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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.

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"um meinen Wagen und um meine Haut können Sie so schneidendes
"Wetter machen als Sie wollen -- endlich flicken Sie Ihrer poetischen
"Epistel noch ein poetisches Postskript an die M. Renata an, in dem
"Sie ihr melden, daß, wenn sie in Bayreuth singt, spricht und gefält,
"ich und andere es nach Hof nicht hören können und daß man von5
"gewissen Menschen, die 16 Jahre alt sind, lieber 16 Schritte als
"16 Stunden entfernt ist." -- Der arme Beulwiz poetisierte sich halb
todt an seinen Versen: überhaupt dürfen Sie diesen Bogen nur gegen
das Fenster halten, so finden Sie das Traumkleeblat von Töpen ab-
gebildet darauf. Nach einer ganzen Stunde kam er mit einem ganzen10
Bogen Verse: "er ist fertig" sagte er und meinte den Bogen.

"Er ist fertig" sagte mein Samuel und meinte den Kaffee und
brachte mich um meinen Schlaf und Traum und ganzen Bogen
Verse, so daß ich Ihnen bis auf diese Stunde keine Zeile schicken kan;
aber der Samuel ist schuld, nicht der Beulwiz.15

Indes könt' ich Ihnen doch in Versen nichts sagen als was ich in
Prose eben so gut sagen kan daß ich mit der lebhaftesten Hochachtung
für Ihren Werth, und mit der lebhaftesten Dankbarkeit für Ihre
Gefälligkeit bin

Deroselben gehorsamster Diener20
J. P. F. Richter
309. An Amtsverwalter Cloeter in Schwarzenbach.
[Kopie]

papiernes Schif und Geschir -- Da die Erde der Mond des Monds
ist: so nimt sie zu, wenn er abnimt. Mithin komm' ich im zunehmenden25
Licht der Erde und folglich des Stükgens, das man S[chwarzenbach]
nent: brauch' ich schönere Auspizien für mein Subrektorat? Ich
wünsche, daß ich in vielen Jahren nicht nöthig habe, Denenselben zu
sagen, daß etc.



310. An Christian Otto.30
[Kopie]

Wenn du Mosers Zettelkästgen in einen Hauptkasten ausleertest und
wol unter einander rütteltest: so hätte Moser einen etwannigen und[301]
du einen kleinen Begrif von meiner anagrammatischen Lage ohne

„um meinen Wagen und um meine Haut können Sie ſo ſchneidendes
„Wetter machen als Sie wollen — endlich flicken Sie Ihrer poetiſchen
„Epiſtel noch ein poetiſches Poſtſkript an die M. Renata an, in dem
„Sie ihr melden, daß, wenn ſie in Bayreuth ſingt, ſpricht und gefält,
„ich und andere es nach Hof nicht hören können und daß man von5
„gewiſſen Menſchen, die 16 Jahre alt ſind, lieber 16 Schritte als
„16 Stunden entfernt iſt.“ — Der arme Beulwiz poetiſierte ſich halb
todt an ſeinen Verſen: überhaupt dürfen Sie dieſen Bogen nur gegen
das Fenſter halten, ſo finden Sie das Traumkleeblat von Töpen ab-
gebildet darauf. Nach einer ganzen Stunde kam er mit einem ganzen10
Bogen Verſe: „er iſt fertig“ ſagte er und meinte den Bogen.

„Er iſt fertig“ ſagte mein Samuel und meinte den Kaffee und
brachte mich um meinen Schlaf und Traum und ganzen Bogen
Verſe, ſo daß ich Ihnen bis auf dieſe Stunde keine Zeile ſchicken kan;
aber der Samuel iſt ſchuld, nicht der Beulwiz.15

Indes könt’ ich Ihnen doch in Verſen nichts ſagen als was ich in
Proſe eben ſo gut ſagen kan daß ich mit der lebhafteſten Hochachtung
für Ihren Werth, und mit der lebhafteſten Dankbarkeit für Ihre
Gefälligkeit bin

Deroſelben gehorſamſter Diener20
J. P. F. Richter
309. An Amtsverwalter Cloeter in Schwarzenbach.
[Kopie]

papiernes Schif und Geſchir — Da die Erde der Mond des Monds
iſt: ſo nimt ſie zu, wenn er abnimt. Mithin komm’ ich im zunehmenden25
Licht der Erde und folglich des Stükgens, das man S[chwarzenbach]
nent: brauch’ ich ſchönere Auſpizien für mein Subrektorat? Ich
wünſche, daß ich in vielen Jahren nicht nöthig habe, Denenſelben zu
ſagen, daß ꝛc.



310. An Chriſtian Otto.30
[Kopie]

Wenn du Moſers Zettelkäſtgen in einen Hauptkaſten ausleerteſt und
wol unter einander rüttelteſt: ſo hätte Moſer einen etwannigen und[301]
du einen kleinen Begrif von meiner anagrammatiſchen Lage ohne

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[285/0310] „um meinen Wagen und um meine Haut können Sie ſo ſchneidendes „Wetter machen als Sie wollen — endlich flicken Sie Ihrer poetiſchen „Epiſtel noch ein poetiſches Poſtſkript an die M. Renata an, in dem „Sie ihr melden, daß, wenn ſie in Bayreuth ſingt, ſpricht und gefält, „ich und andere es nach Hof nicht hören können und daß man von 5 „gewiſſen Menſchen, die 16 Jahre alt ſind, lieber 16 Schritte als „16 Stunden entfernt iſt.“ — Der arme Beulwiz poetiſierte ſich halb todt an ſeinen Verſen: überhaupt dürfen Sie dieſen Bogen nur gegen das Fenſter halten, ſo finden Sie das Traumkleeblat von Töpen ab- gebildet darauf. Nach einer ganzen Stunde kam er mit einem ganzen 10 Bogen Verſe: „er iſt fertig“ ſagte er und meinte den Bogen. „Er iſt fertig“ ſagte mein Samuel und meinte den Kaffee und brachte mich um meinen Schlaf und Traum und ganzen Bogen Verſe, ſo daß ich Ihnen bis auf dieſe Stunde keine Zeile ſchicken kan; aber der Samuel iſt ſchuld, nicht der Beulwiz. 15 Indes könt’ ich Ihnen doch in Verſen nichts ſagen als was ich in Proſe eben ſo gut ſagen kan daß ich mit der lebhafteſten Hochachtung für Ihren Werth, und mit der lebhafteſten Dankbarkeit für Ihre Gefälligkeit bin Deroſelben gehorſamſter Diener 20 J. P. F. Richter 309. An Amtsverwalter Cloeter in Schwarzenbach. [Hof, 5. März 1790. Freitag] papiernes Schif und Geſchir — Da die Erde der Mond des Monds iſt: ſo nimt ſie zu, wenn er abnimt. Mithin komm’ ich im zunehmenden 25 Licht der Erde und folglich des Stükgens, das man S[chwarzenbach] nent: brauch’ ich ſchönere Auſpizien für mein Subrektorat? Ich wünſche, daß ich in vielen Jahren nicht nöthig habe, Denenſelben zu ſagen, daß ꝛc. 310. An Chriſtian Otto. 30 [Schwarzenbach, 10. März 1790. Mittwoch] Wenn du Moſers Zettelkäſtgen in einen Hauptkaſten ausleerteſt und wol unter einander rüttelteſt: ſo hätte Moſer einen etwannigen und du einen kleinen Begrif von meiner anagrammatiſchen Lage ohne [301]

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T14:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T14:52:17Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/310>, abgerufen am 28.03.2024.