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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.

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Kaufman vorwerfen kan -- den Menschen den Vorzug vor dem
Gelde lässet.



Von einem gewissen Satiriker alhier, der gewisse hiesige Honora-
zioren für närrisch ausgab, hat man zum Glükke vernommen, daß er
selber närrisch geworden; und man wil wünschen, daß diese frohe5
Nachricht zu keiner Erdichtung werde.



Unter die hiesigen Stadtsoldaten werden von Zeit zu Zeit hart ge-
räucherte Stökke ausgetheilet, damit sie mit diesen ihre Flinten ver-
theidigen möchten und könten, wenn sie ihnen etwan iemand mit
Gewalt nehmen wolte.10



Der H. Kandidat Richter, der durch seine Amtslosigkeit allerdings
hier den Tadel der vernünftigern Personen selbst verschuldet hatte, ist
einen bessern und gewis rühmlichern Weg zu seinem Fortkommen
eingeschlagen und Höfer Zeitungsmacher geworden. Die erste Probe
seiner Zeitung ist so ausgefallen, daß sie ihm zur grösten Ehre ge-15
reicht und daß man die Fortsezung derselben algemein wünschet.



P. S. Da die besten Rechtslehrer zu einem guten Pasquil das
Bestreben, es auszusäen und den Namen zu verhehlen, verlangen: so
kan mir wol Karl der fünfte wenig anhaben und ich bleibe bei Ehre
und beim Leben.

20
[Adr.] Höfer Festtagszeitung an die Sämtl. Ottoischen.
[199]134. An Pfarrer Vogel in Rehau.
Hochehrwürdiger und Hochgelehrter Herr,
Hochzuverehrender Herr Pfarrer,

Ich bin sehr zum Schlagflusse geneigt; wenigstens wil ich es hoffen:25
denn wäre das nicht, so seh' ich auf keine Weise ab, wie ich dan den
Rath der Ärzte gut auf mich zu ziehen vermöchte, daß Schlagflüssige
nicht lange rükwärts sehen sollen. Hier versteh' ich unter rükwärts
sehen -- in die Vergangenheit sehen. Doch Eine Unwahrheit, die ich
in ihr antreffe, wil ich wegschaffen, weil sie Sie auf meine Kosten belog.30


Kaufman vorwerfen kan — den Menſchen den Vorzug vor dem
Gelde läſſet.



Von einem gewiſſen Satiriker alhier, der gewiſſe hieſige Honora-
zioren für närriſch ausgab, hat man zum Glükke vernommen, daß er
ſelber närriſch geworden; und man wil wünſchen, daß dieſe frohe5
Nachricht zu keiner Erdichtung werde.



Unter die hieſigen Stadtſoldaten werden von Zeit zu Zeit hart ge-
räucherte Stökke ausgetheilet, damit ſie mit dieſen ihre Flinten ver-
theidigen möchten und könten, wenn ſie ihnen etwan iemand mit
Gewalt nehmen wolte.10



Der H. Kandidat Richter, der durch ſeine Amtsloſigkeit allerdings
hier den Tadel der vernünftigern Perſonen ſelbſt verſchuldet hatte, iſt
einen beſſern und gewis rühmlichern Weg zu ſeinem Fortkommen
eingeſchlagen und Höfer Zeitungsmacher geworden. Die erſte Probe
ſeiner Zeitung iſt ſo ausgefallen, daß ſie ihm zur gröſten Ehre ge-15
reicht und daß man die Fortſezung derſelben algemein wünſchet.



P. S. Da die beſten Rechtslehrer zu einem guten Paſquil das
Beſtreben, es auszuſäen und den Namen zu verhehlen, verlangen: ſo
kan mir wol Karl der fünfte wenig anhaben und ich bleibe bei Ehre
und beim Leben.

20
[Adr.] Höfer Feſttagszeitung an die Sämtl. Ottoiſchen.
[199]134. An Pfarrer Vogel in Rehau.
Hochehrwürdiger und Hochgelehrter Herr,
Hochzuverehrender Herr Pfarrer,

Ich bin ſehr zum Schlagfluſſe geneigt; wenigſtens wil ich es hoffen:25
denn wäre das nicht, ſo ſeh’ ich auf keine Weiſe ab, wie ich dan den
Rath der Ärzte gut auf mich zu ziehen vermöchte, daß Schlagflüſſige
nicht lange rükwärts ſehen ſollen. Hier verſteh’ ich unter rükwärts
ſehen — in die Vergangenheit ſehen. Doch Eine Unwahrheit, die ich
in ihr antreffe, wil ich wegſchaffen, weil ſie Sie auf meine Koſten belog.30


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[188/0213] Kaufman vorwerfen kan — den Menſchen den Vorzug vor dem Gelde läſſet. Von einem gewiſſen Satiriker alhier, der gewiſſe hieſige Honora- zioren für närriſch ausgab, hat man zum Glükke vernommen, daß er ſelber närriſch geworden; und man wil wünſchen, daß dieſe frohe 5 Nachricht zu keiner Erdichtung werde. Unter die hieſigen Stadtſoldaten werden von Zeit zu Zeit hart ge- räucherte Stökke ausgetheilet, damit ſie mit dieſen ihre Flinten ver- theidigen möchten und könten, wenn ſie ihnen etwan iemand mit Gewalt nehmen wolte. 10 Der H. Kandidat Richter, der durch ſeine Amtsloſigkeit allerdings hier den Tadel der vernünftigern Perſonen ſelbſt verſchuldet hatte, iſt einen beſſern und gewis rühmlichern Weg zu ſeinem Fortkommen eingeſchlagen und Höfer Zeitungsmacher geworden. Die erſte Probe ſeiner Zeitung iſt ſo ausgefallen, daß ſie ihm zur gröſten Ehre ge- 15 reicht und daß man die Fortſezung derſelben algemein wünſchet. P. S. Da die beſten Rechtslehrer zu einem guten Paſquil das Beſtreben, es auszuſäen und den Namen zu verhehlen, verlangen: ſo kan mir wol Karl der fünfte wenig anhaben und ich bleibe bei Ehre und beim Leben. 20 [Adr.] Höfer Feſttagszeitung an die Sämtl. Ottoiſchen. 134. An Pfarrer Vogel in Rehau. Hochehrwürdiger und Hochgelehrter Herr, Hochzuverehrender Herr Pfarrer, Ich bin ſehr zum Schlagfluſſe geneigt; wenigſtens wil ich es hoffen: 25 denn wäre das nicht, ſo ſeh’ ich auf keine Weiſe ab, wie ich dan den Rath der Ärzte gut auf mich zu ziehen vermöchte, daß Schlagflüſſige nicht lange rükwärts ſehen ſollen. Hier verſteh’ ich unter rükwärts ſehen — in die Vergangenheit ſehen. Doch Eine Unwahrheit, die ich in ihr antreffe, wil ich wegſchaffen, weil ſie Sie auf meine Koſten belog. 30

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T14:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T14:52:17Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/213>, abgerufen am 24.04.2024.