Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

Ihm war nicht beschieden ins freie Vaterland
heimzukehren, an dem seine Seele hielt. Von
wälscher Tücke fiel er bei düsterer Winternacht
durch Meuchelschuß in den Ardennen. Ihn
hätte auch im Kampf keines Sterblichen Klinge
gefället. Keinem zu Liebe und keinem zu Lei-
de --: Aber wie Scharnhorst unter den Alten,
ist Friesen von der Jugend der Größeste aller
Gebliebenen.

Beim Aufruf des Königs vom 3ten Fe-
bruar 1813, zogen alle wehrhafte Turner ins
Feld, und die Sache stand augenblicklich wie
verwaiset. Nach langem Zureden gelang es mir
in Breslau einen meiner ältesten Schüler Ernst
Eiselen
zu gewinnen, daß er während des Krie-
ges an meiner Statt das Turnwesen fortführen
wollte. Es war ihm dennoch ein harter Kampf
heim zu bleiben, ob gleich Ärzte und Kriegs-
männer ihm vorstellten, und eigene Erfahrung
es täglich bewahrheitete, daß wegen einer frü-
hern langwierigen Krankheit und verfehlter Heil-
art seine Leibesbeschaffenheit den Beschwerden
des Krieges unterliegen müßte. Ich begleitete
Eiselen selbst von Breslau nach Berlin, zur

Zeit

Ihm war nicht beſchieden ins freie Vaterland
heimzukehren, an dem ſeine Seele hielt. Von
wälſcher Tücke fiel er bei düſterer Winternacht
durch Meuchelſchuß in den Ardennen. Ihn
hätte auch im Kampf keines Sterblichen Klinge
gefället. Keinem zu Liebe und keinem zu Lei-
de —: Aber wie Scharnhorſt unter den Alten,
iſt Frieſen von der Jugend der Größeſte aller
Gebliebenen.

Beim Aufruf des Königs vom 3ten Fe-
bruar 1813, zogen alle wehrhafte Turner ins
Feld, und die Sache ſtand augenblicklich wie
verwaiſet. Nach langem Zureden gelang es mir
in Breslau einen meiner älteſten Schüler Ernſt
Eiſelen
zu gewinnen, daß er während des Krie-
ges an meiner Statt das Turnweſen fortführen
wollte. Es war ihm dennoch ein harter Kampf
heim zu bleiben, ob gleich Ärzte und Kriegs-
männer ihm vorſtellten, und eigene Erfahrung
es täglich bewahrheitete, daß wegen einer frü-
hern langwierigen Krankheit und verfehlter Heil-
art ſeine Leibesbeſchaffenheit den Beſchwerden
des Krieges unterliegen müßte. Ich begleitete
Eiſelen ſelbſt von Breslau nach Berlin, zur

Zeit
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0014" n="VIII"/>
Ihm war nicht be&#x017F;chieden ins freie Vaterland<lb/>
heimzukehren, an dem &#x017F;eine Seele hielt. Von<lb/>
wäl&#x017F;cher Tücke fiel er bei dü&#x017F;terer Winternacht<lb/>
durch Meuchel&#x017F;chuß in den Ardennen. Ihn<lb/>
hätte auch im Kampf keines Sterblichen Klinge<lb/>
gefället. Keinem zu Liebe und keinem zu Lei-<lb/>
de &#x2014;: Aber wie <hi rendition="#g">Scharnhor&#x017F;t</hi> unter den Alten,<lb/>
i&#x017F;t <hi rendition="#g">Frie&#x017F;en</hi> von der Jugend der Größe&#x017F;te aller<lb/>
Gebliebenen.</p><lb/>
        <p>Beim Aufruf des Königs vom 3ten Fe-<lb/>
bruar 1813, zogen alle wehrhafte Turner ins<lb/>
Feld, und die Sache &#x017F;tand augenblicklich wie<lb/>
verwai&#x017F;et. Nach langem Zureden gelang es mir<lb/>
in Breslau einen meiner älte&#x017F;ten Schüler <hi rendition="#g">Ern&#x017F;t<lb/>
Ei&#x017F;elen</hi> zu gewinnen, daß er während des Krie-<lb/>
ges an meiner Statt das Turnwe&#x017F;en fortführen<lb/>
wollte. Es war ihm dennoch ein harter Kampf<lb/>
heim zu bleiben, ob gleich Ärzte und Kriegs-<lb/>
männer ihm vor&#x017F;tellten, und eigene Erfahrung<lb/>
es täglich bewahrheitete, daß wegen einer frü-<lb/>
hern langwierigen Krankheit und verfehlter Heil-<lb/>
art &#x017F;eine Leibesbe&#x017F;chaffenheit den Be&#x017F;chwerden<lb/>
des Krieges unterliegen müßte. Ich begleitete<lb/><hi rendition="#g">Ei&#x017F;elen</hi> &#x017F;elb&#x017F;t von Breslau nach Berlin, zur<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Zeit</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[VIII/0014] Ihm war nicht beſchieden ins freie Vaterland heimzukehren, an dem ſeine Seele hielt. Von wälſcher Tücke fiel er bei düſterer Winternacht durch Meuchelſchuß in den Ardennen. Ihn hätte auch im Kampf keines Sterblichen Klinge gefället. Keinem zu Liebe und keinem zu Lei- de —: Aber wie Scharnhorſt unter den Alten, iſt Frieſen von der Jugend der Größeſte aller Gebliebenen. Beim Aufruf des Königs vom 3ten Fe- bruar 1813, zogen alle wehrhafte Turner ins Feld, und die Sache ſtand augenblicklich wie verwaiſet. Nach langem Zureden gelang es mir in Breslau einen meiner älteſten Schüler Ernſt Eiſelen zu gewinnen, daß er während des Krie- ges an meiner Statt das Turnweſen fortführen wollte. Es war ihm dennoch ein harter Kampf heim zu bleiben, ob gleich Ärzte und Kriegs- männer ihm vorſtellten, und eigene Erfahrung es täglich bewahrheitete, daß wegen einer frü- hern langwierigen Krankheit und verfehlter Heil- art ſeine Leibesbeſchaffenheit den Beſchwerden des Krieges unterliegen müßte. Ich begleitete Eiſelen ſelbſt von Breslau nach Berlin, zur Zeit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/14
Zitationshilfe: Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/14>, abgerufen am 28.03.2024.