Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacoby, Johann: Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen. Mannheim, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

bekannte Mittel fügsam gemacht. Wir übertreiben leider!
nicht. Die französischen Zeitungen sind freilich erlaubt,
die meisten aber dürfen nicht unter Kreuzband nach Preu-
ßen kommen, so daß Ein solches Blatt mehr als 400
Thaler an jährlichem Postporto kosten würde; nur der
Schein ist gewahrt, der Sache nach aber eine solche Er-
laubniß und ein Verbot ein und dasselbe. Anders ver-
fährt man mit den deutschen Zeitungen. Sind deren
Redacteure nicht schon in ihrem eigenen wohlverstande-
nen Interesse auf ihrer Hut, nehmen sie über Preußen oder
preußische Beamte einen in Berlin mißfälligen Artikel auf,
so werden an sie von Seiten des preußischen Ministeri-
ums (dem Zweifler sind wir dies durch Actenstücke dar-
zuthun bereit) Vorwürfe und Reclamationen gerichtet,
Angabe ihrer Correspondenten drohend verlangt und nur
unter demüthigenden Bedingungen der einträgliche preußi-
sche Markt ihnen fernerhin offen gelassen.

Die präventive (vorkehrende) Censur hat vernünf-
tiger Weise nur das zu streichen, was der Richter, wenn's
gedruckt wäre, bestrafen würde. Eine Censur aber, die
also wie in unserem Vaterlande gehandhabt wird, hört
auf eine rein präventive zu sein: sie wird zu einer anmaßenden
Bevormundung, zu einer wahrhaften Unterdrückung der
öffentlichen Meinung und führt endlich zu einer -- höchst
bedenklichen, dem Volke und dem Könige gleich gefährli-
chen Eigenmacht der Beamten.

bekannte Mittel fuͤgſam gemacht. Wir uͤbertreiben leider!
nicht. Die franzoͤſiſchen Zeitungen ſind freilich erlaubt,
die meiſten aber duͤrfen nicht unter Kreuzband nach Preu-
ßen kommen, ſo daß Ein ſolches Blatt mehr als 400
Thaler an jaͤhrlichem Poſtporto koſten wuͤrde; nur der
Schein iſt gewahrt, der Sache nach aber eine ſolche Er-
laubniß und ein Verbot ein und daſſelbe. Anders ver-
faͤhrt man mit den deutſchen Zeitungen. Sind deren
Redacteure nicht ſchon in ihrem eigenen wohlverſtande-
nen Intereſſe auf ihrer Hut, nehmen ſie uͤber Preußen oder
preußiſche Beamte einen in Berlin mißfaͤlligen Artikel auf,
ſo werden an ſie von Seiten des preußiſchen Miniſteri-
ums (dem Zweifler ſind wir dies durch Actenſtuͤcke dar-
zuthun bereit) Vorwuͤrfe und Reclamationen gerichtet,
Angabe ihrer Correspondenten drohend verlangt und nur
unter demuͤthigenden Bedingungen der eintraͤgliche preußi-
ſche Markt ihnen fernerhin offen gelaſſen.

Die praͤventive (vorkehrende) Cenſur hat vernuͤnf-
tiger Weiſe nur das zu ſtreichen, was der Richter, wenn's
gedruckt waͤre, beſtrafen wuͤrde. Eine Cenſur aber, die
alſo wie in unſerem Vaterlande gehandhabt wird, hoͤrt
auf eine rein praͤventive zu ſein: ſie wird zu einer anmaßenden
Bevormundung, zu einer wahrhaften Unterdruͤckung der
oͤffentlichen Meinung und fuͤhrt endlich zu einer — hoͤchſt
bedenklichen, dem Volke und dem Koͤnige gleich gefaͤhrli-
chen Eigenmacht der Beamten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0016" n="10"/>
bekannte Mittel fu&#x0364;g&#x017F;am gemacht. Wir u&#x0364;bertreiben leider!<lb/>
nicht. Die franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Zeitungen &#x017F;ind freilich erlaubt,<lb/>
die mei&#x017F;ten aber du&#x0364;rfen nicht unter Kreuzband nach Preu-<lb/>
ßen kommen, &#x017F;o daß Ein &#x017F;olches Blatt mehr als 400<lb/>
Thaler an ja&#x0364;hrlichem Po&#x017F;tporto ko&#x017F;ten wu&#x0364;rde; nur der<lb/>
Schein i&#x017F;t gewahrt, der Sache nach aber eine &#x017F;olche Er-<lb/>
laubniß und ein Verbot ein und da&#x017F;&#x017F;elbe. Anders ver-<lb/>
fa&#x0364;hrt man mit den <hi rendition="#g">deut&#x017F;chen</hi> Zeitungen. Sind deren<lb/>
Redacteure nicht &#x017F;chon in ihrem <hi rendition="#g">eigenen</hi> wohlver&#x017F;tande-<lb/>
nen Intere&#x017F;&#x017F;e auf ihrer Hut, nehmen &#x017F;ie u&#x0364;ber Preußen oder<lb/>
preußi&#x017F;che Beamte einen in Berlin mißfa&#x0364;lligen Artikel auf,<lb/>
&#x017F;o werden an &#x017F;ie von Seiten des preußi&#x017F;chen Mini&#x017F;teri-<lb/>
ums (dem Zweifler &#x017F;ind wir dies durch Acten&#x017F;tu&#x0364;cke dar-<lb/>
zuthun bereit) Vorwu&#x0364;rfe und Reclamationen gerichtet,<lb/>
Angabe ihrer Correspondenten drohend verlangt und nur<lb/>
unter demu&#x0364;thigenden Bedingungen der eintra&#x0364;gliche preußi-<lb/>
&#x017F;che Markt ihnen fernerhin offen gela&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#g">pra&#x0364;ventive</hi> (vorkehrende) Cen&#x017F;ur hat vernu&#x0364;nf-<lb/>
tiger Wei&#x017F;e nur das zu &#x017F;treichen, was der Richter, wenn's<lb/>
gedruckt wa&#x0364;re, be&#x017F;trafen wu&#x0364;rde. Eine Cen&#x017F;ur aber, die<lb/>
al&#x017F;o wie in un&#x017F;erem Vaterlande gehandhabt wird, ho&#x0364;rt<lb/>
auf eine rein pra&#x0364;ventive zu &#x017F;ein: &#x017F;ie wird zu einer anmaßenden<lb/>
Bevormundung, zu einer wahrhaften Unterdru&#x0364;ckung der<lb/>
o&#x0364;ffentlichen Meinung und fu&#x0364;hrt endlich zu einer &#x2014; ho&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
bedenklichen, dem Volke und dem Ko&#x0364;nige gleich gefa&#x0364;hrli-<lb/>
chen Eigenmacht der Beamten.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0016] bekannte Mittel fuͤgſam gemacht. Wir uͤbertreiben leider! nicht. Die franzoͤſiſchen Zeitungen ſind freilich erlaubt, die meiſten aber duͤrfen nicht unter Kreuzband nach Preu- ßen kommen, ſo daß Ein ſolches Blatt mehr als 400 Thaler an jaͤhrlichem Poſtporto koſten wuͤrde; nur der Schein iſt gewahrt, der Sache nach aber eine ſolche Er- laubniß und ein Verbot ein und daſſelbe. Anders ver- faͤhrt man mit den deutſchen Zeitungen. Sind deren Redacteure nicht ſchon in ihrem eigenen wohlverſtande- nen Intereſſe auf ihrer Hut, nehmen ſie uͤber Preußen oder preußiſche Beamte einen in Berlin mißfaͤlligen Artikel auf, ſo werden an ſie von Seiten des preußiſchen Miniſteri- ums (dem Zweifler ſind wir dies durch Actenſtuͤcke dar- zuthun bereit) Vorwuͤrfe und Reclamationen gerichtet, Angabe ihrer Correspondenten drohend verlangt und nur unter demuͤthigenden Bedingungen der eintraͤgliche preußi- ſche Markt ihnen fernerhin offen gelaſſen. Die praͤventive (vorkehrende) Cenſur hat vernuͤnf- tiger Weiſe nur das zu ſtreichen, was der Richter, wenn's gedruckt waͤre, beſtrafen wuͤrde. Eine Cenſur aber, die alſo wie in unſerem Vaterlande gehandhabt wird, hoͤrt auf eine rein praͤventive zu ſein: ſie wird zu einer anmaßenden Bevormundung, zu einer wahrhaften Unterdruͤckung der oͤffentlichen Meinung und fuͤhrt endlich zu einer — hoͤchſt bedenklichen, dem Volke und dem Koͤnige gleich gefaͤhrli- chen Eigenmacht der Beamten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841/16
Zitationshilfe: Jacoby, Johann: Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen. Mannheim, 1841, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841/16>, abgerufen am 20.04.2024.