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Jacoby, Johann: Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen. Mannheim, 1841.

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die seine Worte fanden waren eine herrliche Anerkennung,
ein lautes Zeugniß für die Bildungsstufe des Volkes.

Und welchen Antheil an der Regierung hat dieses
an Sitte und Intelligenz so hoch stehende Volk? Erröthend
müssen wir gestehen: kaum den allergeringsten. Leider
wird es nur zu leicht diese Antwort zu begründen.

In zwiefacher Form kann die Theilnahme des Volks
an den öffentlichen d. h. seinen Angelegenheiten sich kund
und geltend machen, durch die Presse und durch Ver-
tretung
. Die schlimmsten Feinde beider: Censur und
Scheinvertretung walten in Preußen.

"Die Publicität ist für die Regierung und die Un-
terthanen die sicherste Bürgschaft gegen die Nachlässigkeit
und den bösen Willen der Beamten, die ohne sie eine be-
denkliche Eigenmacht
erhalten würden (!); ohne sie
würde kein Mittel übrig bleiben, um hinter die Pflicht-
widrigkeiten untergeordneter Behörden zu kommen. Sie
verdient daher auf alle Weise gefördert und geschützt zu
werden."

Vom Könige Friedrich Wilhelm III., der sicher das
Gute wollte, rühren diese Worte her. -- Wie das da-
rin ausgesprochene Princip aber auf die Wirklichkeit an-
gewendet werde, weiß Jeder, der auch nur in die entfernt-
ste Berührung mit der preußischen Censur gekommen ist.
Bekanntlich darf bei uns weder der kleinste Zeitungs-Arti-
kel noch Schriften über 20 Druckbogen ohne Censur-Prü-

die ſeine Worte fanden waren eine herrliche Anerkennung,
ein lautes Zeugniß fuͤr die Bildungsſtufe des Volkes.

Und welchen Antheil an der Regierung hat dieſes
an Sitte und Intelligenz ſo hoch ſtehende Volk? Erroͤthend
muͤſſen wir geſtehen: kaum den allergeringſten. Leider
wird es nur zu leicht dieſe Antwort zu begruͤnden.

In zwiefacher Form kann die Theilnahme des Volks
an den oͤffentlichen d. h. ſeinen Angelegenheiten ſich kund
und geltend machen, durch die Preſſe und durch Ver-
tretung
. Die ſchlimmſten Feinde beider: Cenſur und
Scheinvertretung walten in Preußen.

„Die Publicitaͤt iſt fuͤr die Regierung und die Un-
terthanen die ſicherſte Buͤrgſchaft gegen die Nachlaͤſſigkeit
und den boͤſen Willen der Beamten, die ohne ſie eine be-
denkliche Eigenmacht
erhalten wuͤrden (!); ohne ſie
wuͤrde kein Mittel uͤbrig bleiben, um hinter die Pflicht-
widrigkeiten untergeordneter Behoͤrden zu kommen. Sie
verdient daher auf alle Weiſe gefoͤrdert und geſchuͤtzt zu
werden.“

Vom Koͤnige Friedrich Wilhelm III., der ſicher das
Gute wollte, ruͤhren dieſe Worte her. — Wie das da-
rin ausgeſprochene Princip aber auf die Wirklichkeit an-
gewendet werde, weiß Jeder, der auch nur in die entfernt-
ſte Beruͤhrung mit der preußiſchen Cenſur gekommen iſt.
Bekanntlich darf bei uns weder der kleinſte Zeitungs-Arti-
kel noch Schriften uͤber 20 Druckbogen ohne Cenſur-Pruͤ-

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[8/0014] die ſeine Worte fanden waren eine herrliche Anerkennung, ein lautes Zeugniß fuͤr die Bildungsſtufe des Volkes. Und welchen Antheil an der Regierung hat dieſes an Sitte und Intelligenz ſo hoch ſtehende Volk? Erroͤthend muͤſſen wir geſtehen: kaum den allergeringſten. Leider wird es nur zu leicht dieſe Antwort zu begruͤnden. In zwiefacher Form kann die Theilnahme des Volks an den oͤffentlichen d. h. ſeinen Angelegenheiten ſich kund und geltend machen, durch die Preſſe und durch Ver- tretung. Die ſchlimmſten Feinde beider: Cenſur und Scheinvertretung walten in Preußen. „Die Publicitaͤt iſt fuͤr die Regierung und die Un- terthanen die ſicherſte Buͤrgſchaft gegen die Nachlaͤſſigkeit und den boͤſen Willen der Beamten, die ohne ſie eine be- denkliche Eigenmacht erhalten wuͤrden (!); ohne ſie wuͤrde kein Mittel uͤbrig bleiben, um hinter die Pflicht- widrigkeiten untergeordneter Behoͤrden zu kommen. Sie verdient daher auf alle Weiſe gefoͤrdert und geſchuͤtzt zu werden.“ Vom Koͤnige Friedrich Wilhelm III., der ſicher das Gute wollte, ruͤhren dieſe Worte her. — Wie das da- rin ausgeſprochene Princip aber auf die Wirklichkeit an- gewendet werde, weiß Jeder, der auch nur in die entfernt- ſte Beruͤhrung mit der preußiſchen Cenſur gekommen iſt. Bekanntlich darf bei uns weder der kleinſte Zeitungs-Arti- kel noch Schriften uͤber 20 Druckbogen ohne Cenſur-Pruͤ-

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Zitationshilfe: Jacoby, Johann: Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen. Mannheim, 1841, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841/14>, abgerufen am 24.04.2024.