Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacoby, Johann: Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen. Mannheim, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Lande und zu jeder Zeit ein verschiedener ist. Wie nun aber
verhält es sich hiermit im preußischen Vaterlande?

Welche Cultur-Stufe hat hier das Volk erreicht?
Welchen Antheil an den öffentlichen Angelegenheiten
gewährt ihm das Gesez?

Steht dieser Antheil mit dem Culturgrade in richti-
gem Verhältnisse oder nicht? --

Man darf dreist behaupten, daß unser Vaterland
(und wir nehmen hier keine Provinz aus) an sittlicher
und geistiger Bildung seiner Bewohner, keinem Lande
Europa's nachstehe. Selbst von den eifrigsten Gegnern,
von Franzosen und Engländern wird Preußen mit seinen
sieben Universitäten, seinen 20,085 Schulen und seiner
volksbildenden Militair-Verfassung als ein bisher uner-
reichtes Vorbild gründlicher Volkserziehung gepriesen.

Wo hat die deutsche Literatur eine reichere Quelle,
wo einen einträglicheren Markt als in Preußen? Wo
wird jeder wahre Fortschritt der Zeit mit größerem In-
teresse begrüßt, jedes politische Ereigniß vorurtheilsfreier
beurtheilt als in Preußen? welche Nation hat im Un-
glücke soviel sittliche Kraft, im Glücke und mitten unter
allgemeiner Völkergährung soviel Mäßigung offenbart,
als die preußische? doch wozu hier an die Jahre 1807,
1813 und 1830 erinnern. Erst vor wenigen Tagen
sprach Friedrich Wilhelm IV. in Königsberg öffentlich zu
seinem Volke, und die Art wie er sprach, die Aufnahme

Lande und zu jeder Zeit ein verſchiedener iſt. Wie nun aber
verhaͤlt es ſich hiermit im preußiſchen Vaterlande?

Welche Cultur-Stufe hat hier das Volk erreicht?
Welchen Antheil an den oͤffentlichen Angelegenheiten
gewaͤhrt ihm das Geſez?

Steht dieſer Antheil mit dem Culturgrade in richti-
gem Verhaͤltniſſe oder nicht? —

Man darf dreiſt behaupten, daß unſer Vaterland
(und wir nehmen hier keine Provinz aus) an ſittlicher
und geiſtiger Bildung ſeiner Bewohner, keinem Lande
Europa's nachſtehe. Selbſt von den eifrigſten Gegnern,
von Franzoſen und Englaͤndern wird Preußen mit ſeinen
ſieben Univerſitaͤten, ſeinen 20,085 Schulen und ſeiner
volksbildenden Militair-Verfaſſung als ein bisher uner-
reichtes Vorbild gruͤndlicher Volkserziehung geprieſen.

Wo hat die deutſche Literatur eine reichere Quelle,
wo einen eintraͤglicheren Markt als in Preußen? Wo
wird jeder wahre Fortſchritt der Zeit mit groͤßerem In-
tereſſe begruͤßt, jedes politiſche Ereigniß vorurtheilsfreier
beurtheilt als in Preußen? welche Nation hat im Un-
gluͤcke ſoviel ſittliche Kraft, im Gluͤcke und mitten unter
allgemeiner Voͤlkergaͤhrung ſoviel Maͤßigung offenbart,
als die preußiſche? doch wozu hier an die Jahre 1807,
1813 und 1830 erinnern. Erſt vor wenigen Tagen
ſprach Friedrich Wilhelm IV. in Koͤnigsberg oͤffentlich zu
ſeinem Volke, und die Art wie er ſprach, die Aufnahme

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0013" n="7"/>
Lande und zu jeder Zeit ein ver&#x017F;chiedener i&#x017F;t. Wie nun aber<lb/>
verha&#x0364;lt es &#x017F;ich hiermit im <hi rendition="#g">preußi&#x017F;chen</hi> Vaterlande?</p><lb/>
          <p>Welche Cultur-Stufe hat hier das Volk erreicht?<lb/>
Welchen Antheil an den o&#x0364;ffentlichen Angelegenheiten<lb/>
gewa&#x0364;hrt ihm das Ge&#x017F;ez?</p><lb/>
          <p>Steht die&#x017F;er Antheil mit dem Culturgrade in richti-<lb/>
gem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e oder nicht? &#x2014;</p><lb/>
          <p>Man darf drei&#x017F;t behaupten, daß un&#x017F;er Vaterland<lb/>
(und wir nehmen hier <hi rendition="#g">keine</hi> Provinz aus) an &#x017F;ittlicher<lb/>
und gei&#x017F;tiger Bildung &#x017F;einer Bewohner, keinem Lande<lb/>
Europa's nach&#x017F;tehe. Selb&#x017F;t von den eifrig&#x017F;ten Gegnern,<lb/>
von Franzo&#x017F;en und Engla&#x0364;ndern wird Preußen mit &#x017F;einen<lb/>
&#x017F;ieben Univer&#x017F;ita&#x0364;ten, &#x017F;einen 20,085 Schulen und &#x017F;einer<lb/>
volksbildenden Militair-Verfa&#x017F;&#x017F;ung als ein bisher uner-<lb/>
reichtes Vorbild gru&#x0364;ndlicher Volkserziehung geprie&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Wo hat die deut&#x017F;che Literatur eine reichere Quelle,<lb/>
wo einen eintra&#x0364;glicheren Markt als in Preußen? Wo<lb/>
wird jeder wahre Fort&#x017F;chritt der Zeit mit gro&#x0364;ßerem In-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;e begru&#x0364;ßt, jedes politi&#x017F;che Ereigniß vorurtheilsfreier<lb/>
beurtheilt als in Preußen? welche Nation hat im Un-<lb/>
glu&#x0364;cke &#x017F;oviel &#x017F;ittliche Kraft, im Glu&#x0364;cke und mitten unter<lb/>
allgemeiner Vo&#x0364;lkerga&#x0364;hrung &#x017F;oviel Ma&#x0364;ßigung offenbart,<lb/>
als die preußi&#x017F;che? doch wozu hier an die Jahre 1807,<lb/>
1813 und 1830 erinnern. Er&#x017F;t vor wenigen Tagen<lb/>
&#x017F;prach Friedrich Wilhelm <hi rendition="#aq">IV</hi>. in Ko&#x0364;nigsberg o&#x0364;ffentlich zu<lb/>
&#x017F;einem Volke, und die Art wie er &#x017F;prach, die Aufnahme<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0013] Lande und zu jeder Zeit ein verſchiedener iſt. Wie nun aber verhaͤlt es ſich hiermit im preußiſchen Vaterlande? Welche Cultur-Stufe hat hier das Volk erreicht? Welchen Antheil an den oͤffentlichen Angelegenheiten gewaͤhrt ihm das Geſez? Steht dieſer Antheil mit dem Culturgrade in richti- gem Verhaͤltniſſe oder nicht? — Man darf dreiſt behaupten, daß unſer Vaterland (und wir nehmen hier keine Provinz aus) an ſittlicher und geiſtiger Bildung ſeiner Bewohner, keinem Lande Europa's nachſtehe. Selbſt von den eifrigſten Gegnern, von Franzoſen und Englaͤndern wird Preußen mit ſeinen ſieben Univerſitaͤten, ſeinen 20,085 Schulen und ſeiner volksbildenden Militair-Verfaſſung als ein bisher uner- reichtes Vorbild gruͤndlicher Volkserziehung geprieſen. Wo hat die deutſche Literatur eine reichere Quelle, wo einen eintraͤglicheren Markt als in Preußen? Wo wird jeder wahre Fortſchritt der Zeit mit groͤßerem In- tereſſe begruͤßt, jedes politiſche Ereigniß vorurtheilsfreier beurtheilt als in Preußen? welche Nation hat im Un- gluͤcke ſoviel ſittliche Kraft, im Gluͤcke und mitten unter allgemeiner Voͤlkergaͤhrung ſoviel Maͤßigung offenbart, als die preußiſche? doch wozu hier an die Jahre 1807, 1813 und 1830 erinnern. Erſt vor wenigen Tagen ſprach Friedrich Wilhelm IV. in Koͤnigsberg oͤffentlich zu ſeinem Volke, und die Art wie er ſprach, die Aufnahme

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841/13
Zitationshilfe: Jacoby, Johann: Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen. Mannheim, 1841, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841/13>, abgerufen am 25.04.2024.