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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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artigen Einwirkungen gestört; die Bauern waren
rein unter sich und thaten nichts als essen und
trinken.

Nach dem Schlusse des Mahles erfolgte die
letzte Handlung in diesem Festdrama. Die junge
Frau hatte nämlich jetzt noch die Gaben einzuneh-
men. Sie erhob sich mit feierlicher Miene von
der Speisetafel, setzte sich an einen Tisch zur Seite,
ließ Spinnrad und Haspel neben sich stellen, schlug
zwei ihrer Röcke, deren sie mehrere trug, über
den Schooß zurück, und erwartete so, die Augen
niedergeschlagen, die Spenden der Gäste. Diese
standen Einer nach dem Anderen eben so feierlich
auf, gingen zu ihr, und legten ein Jeder schwei-
gend einige Groschen ihr unter die zurückgeschlage-
nen Röcke. Einige legten auch Naturalien auf
den Tisch vor ihr; ein Huhn, einen Kuchen, ein
Mandel Eier, oder sonst dergleichen. Nachdem
Jeder seine Gabe dargebracht hatte, ging die Be-
schenkte Reihe herum bei den Gästen und dankte
einem Jeden derselben mit den nämlichen Worten.
Nun war sie erst wirkliche Hausfrau im Jürgens-
erbe (so hieß der Hof des Schwiegersohnes) gewor-
den. Sie legte ihre Brautkrone ab und tanzte

Immermann's Münchhausen. 4. Th. 3

artigen Einwirkungen geſtört; die Bauern waren
rein unter ſich und thaten nichts als eſſen und
trinken.

Nach dem Schluſſe des Mahles erfolgte die
letzte Handlung in dieſem Feſtdrama. Die junge
Frau hatte nämlich jetzt noch die Gaben einzuneh-
men. Sie erhob ſich mit feierlicher Miene von
der Speiſetafel, ſetzte ſich an einen Tiſch zur Seite,
ließ Spinnrad und Haspel neben ſich ſtellen, ſchlug
zwei ihrer Röcke, deren ſie mehrere trug, über
den Schooß zurück, und erwartete ſo, die Augen
niedergeſchlagen, die Spenden der Gäſte. Dieſe
ſtanden Einer nach dem Anderen eben ſo feierlich
auf, gingen zu ihr, und legten ein Jeder ſchwei-
gend einige Groſchen ihr unter die zurückgeſchlage-
nen Röcke. Einige legten auch Naturalien auf
den Tiſch vor ihr; ein Huhn, einen Kuchen, ein
Mandel Eier, oder ſonſt dergleichen. Nachdem
Jeder ſeine Gabe dargebracht hatte, ging die Be-
ſchenkte Reihe herum bei den Gäſten und dankte
einem Jeden derſelben mit den nämlichen Worten.
Nun war ſie erſt wirkliche Hausfrau im Jürgens-
erbe (ſo hieß der Hof des Schwiegerſohnes) gewor-
den. Sie legte ihre Brautkrone ab und tanzte

Immermann’s Münchhauſen. 4. Th. 3
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[33/0045] artigen Einwirkungen geſtört; die Bauern waren rein unter ſich und thaten nichts als eſſen und trinken. Nach dem Schluſſe des Mahles erfolgte die letzte Handlung in dieſem Feſtdrama. Die junge Frau hatte nämlich jetzt noch die Gaben einzuneh- men. Sie erhob ſich mit feierlicher Miene von der Speiſetafel, ſetzte ſich an einen Tiſch zur Seite, ließ Spinnrad und Haspel neben ſich ſtellen, ſchlug zwei ihrer Röcke, deren ſie mehrere trug, über den Schooß zurück, und erwartete ſo, die Augen niedergeſchlagen, die Spenden der Gäſte. Dieſe ſtanden Einer nach dem Anderen eben ſo feierlich auf, gingen zu ihr, und legten ein Jeder ſchwei- gend einige Groſchen ihr unter die zurückgeſchlage- nen Röcke. Einige legten auch Naturalien auf den Tiſch vor ihr; ein Huhn, einen Kuchen, ein Mandel Eier, oder ſonſt dergleichen. Nachdem Jeder ſeine Gabe dargebracht hatte, ging die Be- ſchenkte Reihe herum bei den Gäſten und dankte einem Jeden derſelben mit den nämlichen Worten. Nun war ſie erſt wirkliche Hausfrau im Jürgens- erbe (ſo hieß der Hof des Schwiegerſohnes) gewor- den. Sie legte ihre Brautkrone ab und tanzte Immermann’s Münchhauſen. 4. Th. 3

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/45>, abgerufen am 19.04.2024.