diese Sorgfalt wenig zu verschlagen, da der Zaun- pfahl die Kuh zu hart berührt hatte. Sie stöhnte noch erbärmlicher als gestern. Ueber den rothhaa- rigen Knecht fühlte er den heftigsten Verdruß, denn er hatte dessen Gewaltsamkeit noch spät in der Nacht vor dem Schlafengehen erfahren. So- gleich hatte er dem Menschen den Dienst aufgesagt. Als er ihn daher jetzt ansichtig wurde, rief er heftig: Was treibst du dich hier noch umher?
Ich wollte Euch nur fragen, Baas, ob es Euch ein Ernst gewesen ist mit dem Aufsagen? versetzte der Rothhaarige.
Wenn ich aufsage, so heißt das Aufsagen und wenn ich nicht lache, so ist das kein Spaß, erwie- derte der Hofschulze.
Es ist aber Unrecht, daß wenn man den besten Willen hat zur Lustbarkeit und dafür sorgen will, daß Alles recht schön wird, man aufgesagt kriegt, antwortete der Rothhaarige.
Wenn ich einer Creatur, die in ihrer Unver- nunft keinen Begriff davon hat, daß Hochzeit ist, die Rippen im Leibe caput schlage, so hilft das nicht absonderlich zur Lustbarkeit, versetzte der Hof- schulze kaltblütig. -- Genug, du bist aus dem Dienste
2*
dieſe Sorgfalt wenig zu verſchlagen, da der Zaun- pfahl die Kuh zu hart berührt hatte. Sie ſtöhnte noch erbärmlicher als geſtern. Ueber den rothhaa- rigen Knecht fühlte er den heftigſten Verdruß, denn er hatte deſſen Gewaltſamkeit noch ſpät in der Nacht vor dem Schlafengehen erfahren. So- gleich hatte er dem Menſchen den Dienſt aufgeſagt. Als er ihn daher jetzt anſichtig wurde, rief er heftig: Was treibſt du dich hier noch umher?
Ich wollte Euch nur fragen, Baas, ob es Euch ein Ernſt geweſen iſt mit dem Aufſagen? verſetzte der Rothhaarige.
Wenn ich aufſage, ſo heißt das Aufſagen und wenn ich nicht lache, ſo iſt das kein Spaß, erwie- derte der Hofſchulze.
Es iſt aber Unrecht, daß wenn man den beſten Willen hat zur Luſtbarkeit und dafür ſorgen will, daß Alles recht ſchön wird, man aufgeſagt kriegt, antwortete der Rothhaarige.
Wenn ich einer Creatur, die in ihrer Unver- nunft keinen Begriff davon hat, daß Hochzeit iſt, die Rippen im Leibe caput ſchlage, ſo hilft das nicht abſonderlich zur Luſtbarkeit, verſetzte der Hof- ſchulze kaltblütig. — Genug, du biſt aus dem Dienſte
2*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0031"n="19"/>
dieſe Sorgfalt wenig zu verſchlagen, da der Zaun-<lb/>
pfahl die Kuh zu hart berührt hatte. Sie ſtöhnte<lb/>
noch erbärmlicher als geſtern. Ueber den rothhaa-<lb/>
rigen Knecht fühlte er den heftigſten Verdruß,<lb/>
denn er hatte deſſen Gewaltſamkeit noch ſpät in<lb/>
der Nacht vor dem Schlafengehen erfahren. So-<lb/>
gleich hatte er dem Menſchen den Dienſt aufgeſagt.<lb/>
Als er ihn daher jetzt anſichtig wurde, rief er<lb/>
heftig: Was treibſt du dich hier noch umher?</p><lb/><p>Ich wollte Euch nur fragen, Baas, ob es Euch<lb/>
ein Ernſt geweſen iſt mit dem Aufſagen? verſetzte<lb/>
der Rothhaarige.</p><lb/><p>Wenn ich aufſage, ſo heißt das Aufſagen und<lb/>
wenn ich nicht lache, ſo iſt das kein Spaß, erwie-<lb/>
derte der Hofſchulze.</p><lb/><p>Es iſt aber Unrecht, daß wenn man den beſten<lb/>
Willen hat zur Luſtbarkeit und dafür ſorgen will,<lb/>
daß Alles recht ſchön wird, man aufgeſagt kriegt,<lb/>
antwortete der Rothhaarige.</p><lb/><p>Wenn ich einer Creatur, die in ihrer Unver-<lb/>
nunft keinen Begriff davon hat, daß Hochzeit iſt,<lb/>
die Rippen im Leibe caput ſchlage, ſo hilft das<lb/>
nicht abſonderlich zur Luſtbarkeit, verſetzte der Hof-<lb/>ſchulze kaltblütig. — Genug, du biſt aus dem Dienſte<lb/><fwplace="bottom"type="sig">2*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[19/0031]
dieſe Sorgfalt wenig zu verſchlagen, da der Zaun-
pfahl die Kuh zu hart berührt hatte. Sie ſtöhnte
noch erbärmlicher als geſtern. Ueber den rothhaa-
rigen Knecht fühlte er den heftigſten Verdruß,
denn er hatte deſſen Gewaltſamkeit noch ſpät in
der Nacht vor dem Schlafengehen erfahren. So-
gleich hatte er dem Menſchen den Dienſt aufgeſagt.
Als er ihn daher jetzt anſichtig wurde, rief er
heftig: Was treibſt du dich hier noch umher?
Ich wollte Euch nur fragen, Baas, ob es Euch
ein Ernſt geweſen iſt mit dem Aufſagen? verſetzte
der Rothhaarige.
Wenn ich aufſage, ſo heißt das Aufſagen und
wenn ich nicht lache, ſo iſt das kein Spaß, erwie-
derte der Hofſchulze.
Es iſt aber Unrecht, daß wenn man den beſten
Willen hat zur Luſtbarkeit und dafür ſorgen will,
daß Alles recht ſchön wird, man aufgeſagt kriegt,
antwortete der Rothhaarige.
Wenn ich einer Creatur, die in ihrer Unver-
nunft keinen Begriff davon hat, daß Hochzeit iſt,
die Rippen im Leibe caput ſchlage, ſo hilft das
nicht abſonderlich zur Luſtbarkeit, verſetzte der Hof-
ſchulze kaltblütig. — Genug, du biſt aus dem Dienſte
2*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/31>, abgerufen am 19.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.