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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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Verlegenheiten zu thun pflegen, aus, und sagte:
Mich soll der Teufel holen, wenn mein Herr größer
ist, als ich, und ich kenne keinen Größeren, und
mit meinem Dienen hat es zum längsten gewährt.

Wie? fragte das Fräulein in höchster Spannung.

Denn diese Condition gefällt mir nicht, und ich
werde mich bald auf meine eigene Hand setzen,
fuhr Karl Buttervogel fort.

Was? rief das Fräulein, von einem überwäl-
tigenden Gedanken erschreckt. Sie wankte und war
einer Ohnmacht nahe. Münchhausen, dem der Die-
ner mit dem Rocke zu lange machte, kam in Hemd-
ärmeln die Treppe heruntergestolpert und fing die
Freundin auf. Schlingel, was trödelst du wieder?
Lauf jetzt und hole Essig für das gnädige Fräulein!
rief er Karl'n zu. Dieser versetzte trotzig: Ich
bin kein Schlingel, denn Sie geben mir keinen
Lohn, aber Essig thue ich holen aus Barmherzig-
keit. -- Münchhausen, flüsterte Emerentia in den
Armen des Freiherrn, Sie sehen mich in meinem
Schmerz und zeigen mir ein menschlich Herz. Schmerz
nenne ich diese Stimmung, denn auch das Ueber-
maaß der Freude kann wehe thun. Ich bin in
einer unaussprechlichen Verfassung und beschwöre

Immermann's Münchhausen. 2. Th. 2

Verlegenheiten zu thun pflegen, aus, und ſagte:
Mich ſoll der Teufel holen, wenn mein Herr größer
iſt, als ich, und ich kenne keinen Größeren, und
mit meinem Dienen hat es zum längſten gewährt.

Wie? fragte das Fräulein in höchſter Spannung.

Denn dieſe Condition gefällt mir nicht, und ich
werde mich bald auf meine eigene Hand ſetzen,
fuhr Karl Buttervogel fort.

Was? rief das Fräulein, von einem überwäl-
tigenden Gedanken erſchreckt. Sie wankte und war
einer Ohnmacht nahe. Münchhauſen, dem der Die-
ner mit dem Rocke zu lange machte, kam in Hemd-
ärmeln die Treppe heruntergeſtolpert und fing die
Freundin auf. Schlingel, was trödelſt du wieder?
Lauf jetzt und hole Eſſig für das gnädige Fräulein!
rief er Karl’n zu. Dieſer verſetzte trotzig: Ich
bin kein Schlingel, denn Sie geben mir keinen
Lohn, aber Eſſig thue ich holen aus Barmherzig-
keit. — Münchhauſen, flüſterte Emerentia in den
Armen des Freiherrn, Sie ſehen mich in meinem
Schmerz und zeigen mir ein menſchlich Herz. Schmerz
nenne ich dieſe Stimmung, denn auch das Ueber-
maaß der Freude kann wehe thun. Ich bin in
einer unausſprechlichen Verfaſſung und beſchwöre

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[17/0035] Verlegenheiten zu thun pflegen, aus, und ſagte: Mich ſoll der Teufel holen, wenn mein Herr größer iſt, als ich, und ich kenne keinen Größeren, und mit meinem Dienen hat es zum längſten gewährt. Wie? fragte das Fräulein in höchſter Spannung. Denn dieſe Condition gefällt mir nicht, und ich werde mich bald auf meine eigene Hand ſetzen, fuhr Karl Buttervogel fort. Was? rief das Fräulein, von einem überwäl- tigenden Gedanken erſchreckt. Sie wankte und war einer Ohnmacht nahe. Münchhauſen, dem der Die- ner mit dem Rocke zu lange machte, kam in Hemd- ärmeln die Treppe heruntergeſtolpert und fing die Freundin auf. Schlingel, was trödelſt du wieder? Lauf jetzt und hole Eſſig für das gnädige Fräulein! rief er Karl’n zu. Dieſer verſetzte trotzig: Ich bin kein Schlingel, denn Sie geben mir keinen Lohn, aber Eſſig thue ich holen aus Barmherzig- keit. — Münchhauſen, flüſterte Emerentia in den Armen des Freiherrn, Sie ſehen mich in meinem Schmerz und zeigen mir ein menſchlich Herz. Schmerz nenne ich dieſe Stimmung, denn auch das Ueber- maaß der Freude kann wehe thun. Ich bin in einer unausſprechlichen Verfaſſung und beſchwöre Immermann’s Münchhauſen. 2. Th. 2

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/35>, abgerufen am 25.04.2024.