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Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898.

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Die politische Gleichberechtigung der Frau.

Eine ganze Anzahl berühmter Philosophen, Juristen,
ja sogar einzelne Kirchenväter, bemühten sich, die Un-
gerechtigkeit der Gesetze den Frauen gegenüber und ihre
Motive aufzudecken und zu bekämpfen, allein diese
werthvollen und edlen Stimmen sanken wie funkelnde
Tropfen in ein Meer des schmutzigsten, schlammigsten
Egoismus.

Nicht allein war es die grosse Masse, die sich zu
einer edlen, selbstlosen Auffassung noch nicht durch-
zuringen vermocht hatte, sondern auch Staatsmänner wie
Cato scheuten sich nicht, mit folgenden Gründen die
Männer zu warnen, den Frauen die geringsten Rechte
zu gewähren: "Erinnert Euch an all die Gesetze, durch
die Eure Väter die Freiheit der Frauen in Ketten
gelegt und sie unter die Macht des Mannes gebeugt
haben. Und trotzdem Eure Frauen Euch durch dieselben
unterworfen sind, könnt Ihr sie kaum zähmen. Duldet
nicht, dass sie sich Rechte von Euch erpressen und dass
sie Eure Gleichberechtigten werden, denn wenn sie Euch
gleichberechtigt sein werden, werden sie Euch über-
legen sein".

Ist es etwas anderes, als die blasse Furcht, die aus
diesen Worten spricht und schimmert sie nicht durch all
die Entstellungen, die die Frau erlitten hat, hindurch?
Wozu wäre der ganze Aufwand an unwahren und un-
flätigen Schilderungen der Frau nöthig gewesen, wenn
nicht um das Unrecht der Männer zu verdecken und zu
entschuldigen?

Die politische Gleichberechtigung der Frau.

Eine ganze Anzahl berühmter Philosophen, Juristen,
ja sogar einzelne Kirchenväter, bemühten sich, die Un-
gerechtigkeit der Gesetze den Frauen gegenüber und ihre
Motive aufzudecken und zu bekämpfen, allein diese
werthvollen und edlen Stimmen sanken wie funkelnde
Tropfen in ein Meer des schmutzigsten, schlammigsten
Egoismus.

Nicht allein war es die grosse Masse, die sich zu
einer edlen, selbstlosen Auffassung noch nicht durch-
zuringen vermocht hatte, sondern auch Staatsmänner wie
Cato scheuten sich nicht, mit folgenden Gründen die
Männer zu warnen, den Frauen die geringsten Rechte
zu gewähren: »Erinnert Euch an all die Gesetze, durch
die Eure Väter die Freiheit der Frauen in Ketten
gelegt und sie unter die Macht des Mannes gebeugt
haben. Und trotzdem Eure Frauen Euch durch dieselben
unterworfen sind, könnt Ihr sie kaum zähmen. Duldet
nicht, dass sie sich Rechte von Euch erpressen und dass
sie Eure Gleichberechtigten werden, denn wenn sie Euch
gleichberechtigt sein werden, werden sie Euch über-
legen sein«.

Ist es etwas anderes, als die blasse Furcht, die aus
diesen Worten spricht und schimmert sie nicht durch all
die Entstellungen, die die Frau erlitten hat, hindurch?
Wozu wäre der ganze Aufwand an unwahren und un-
flätigen Schilderungen der Frau nöthig gewesen, wenn
nicht um das Unrecht der Männer zu verdecken und zu
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[25/0038] Die politische Gleichberechtigung der Frau. Eine ganze Anzahl berühmter Philosophen, Juristen, ja sogar einzelne Kirchenväter, bemühten sich, die Un- gerechtigkeit der Gesetze den Frauen gegenüber und ihre Motive aufzudecken und zu bekämpfen, allein diese werthvollen und edlen Stimmen sanken wie funkelnde Tropfen in ein Meer des schmutzigsten, schlammigsten Egoismus. Nicht allein war es die grosse Masse, die sich zu einer edlen, selbstlosen Auffassung noch nicht durch- zuringen vermocht hatte, sondern auch Staatsmänner wie Cato scheuten sich nicht, mit folgenden Gründen die Männer zu warnen, den Frauen die geringsten Rechte zu gewähren: »Erinnert Euch an all die Gesetze, durch die Eure Väter die Freiheit der Frauen in Ketten gelegt und sie unter die Macht des Mannes gebeugt haben. Und trotzdem Eure Frauen Euch durch dieselben unterworfen sind, könnt Ihr sie kaum zähmen. Duldet nicht, dass sie sich Rechte von Euch erpressen und dass sie Eure Gleichberechtigten werden, denn wenn sie Euch gleichberechtigt sein werden, werden sie Euch über- legen sein«. Ist es etwas anderes, als die blasse Furcht, die aus diesen Worten spricht und schimmert sie nicht durch all die Entstellungen, die die Frau erlitten hat, hindurch? Wozu wäre der ganze Aufwand an unwahren und un- flätigen Schilderungen der Frau nöthig gewesen, wenn nicht um das Unrecht der Männer zu verdecken und zu entschuldigen?

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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_gleichberechtigung_1898/38>, abgerufen am 24.04.2024.