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Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898.

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Die politische Gleichberechtigung der Frau.
Frage der Frauen-Emanzipation mit dem Egoismus, der,
wenn auch numerisch kleiner, so doch durch seine
physische Stärke und seine Macht prädominirenden Hälfte
der Menschheit, so bilden sie zusammen einen so gefähr-
lichen Feind, dass es uns nicht Wunder nehmen kann,
dass Jahrhunderte zu seiner endlichen und vollständigen
Besiegung gehören.

Hat der Egoismus in jenen frühen Zeiten, in denen
die physische Stärke allein mass- und ausschlaggebend
war - der berühmte Nationalökonom und Philosoph
John Stuart Mill sagt darüber: *)"Die Menschen be-
greifen es gar nicht mehr, wie unumschränkt in früheren
Jahrhunderten das Gesetz der überlegenen Kraft zugleich
das Gesetz des Lebens war, und wie offen und unum-
wunden man sich dazu bekannte - hat also der männliche
Egoismus durch das Recht des Stärkeren damals die
Frau vollständig abhängig von sich gemacht und hat er
in der bewussten oder unbewussten Furcht, sie könne
diese Abhängigkeit trotz ihrer physischen Schwäche durch
ihre intellectuelle Kraft abschütteln, systematisch jede
Entwicklung dieser ihrer möglichen Macht niedergehalten,
hat er, um einen Zusammenschluss unter den Frauen
selbst unmöglich zu machen, das Weib zum Geschlechts-
wesen gestempelt, das nur dem Manne zu Gefallen lebe,
das nur durch ihn jeden Genuss des Lebens erhalten
könne und in jedem anderen Weibe die Rivalin zu sehen

*) "Die Hörigkeit der Frau" von John Stuart Mill, Verlag von
F. Berggold, Berlin 1891. Pag. 10.

Die politische Gleichberechtigung der Frau.
Frage der Frauen-Emanzipation mit dem Egoismus, der,
wenn auch numerisch kleiner, so doch durch seine
physische Stärke und seine Macht prädominirenden Hälfte
der Menschheit, so bilden sie zusammen einen so gefähr-
lichen Feind, dass es uns nicht Wunder nehmen kann,
dass Jahrhunderte zu seiner endlichen und vollständigen
Besiegung gehören.

Hat der Egoismus in jenen frühen Zeiten, in denen
die physische Stärke allein mass- und ausschlaggebend
war – der berühmte Nationalökonom und Philosoph
John Stuart Mill sagt darüber: *)»Die Menschen be-
greifen es gar nicht mehr, wie unumschränkt in früheren
Jahrhunderten das Gesetz der überlegenen Kraft zugleich
das Gesetz des Lebens war, und wie offen und unum-
wunden man sich dazu bekannte – hat also der männliche
Egoismus durch das Recht des Stärkeren damals die
Frau vollständig abhängig von sich gemacht und hat er
in der bewussten oder unbewussten Furcht, sie könne
diese Abhängigkeit trotz ihrer physischen Schwäche durch
ihre intellectuelle Kraft abschütteln, systematisch jede
Entwicklung dieser ihrer möglichen Macht niedergehalten,
hat er, um einen Zusammenschluss unter den Frauen
selbst unmöglich zu machen, das Weib zum Geschlechts-
wesen gestempelt, das nur dem Manne zu Gefallen lebe,
das nur durch ihn jeden Genuss des Lebens erhalten
könne und in jedem anderen Weibe die Rivalin zu sehen

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[21/0034] Die politische Gleichberechtigung der Frau. Frage der Frauen-Emanzipation mit dem Egoismus, der, wenn auch numerisch kleiner, so doch durch seine physische Stärke und seine Macht prädominirenden Hälfte der Menschheit, so bilden sie zusammen einen so gefähr- lichen Feind, dass es uns nicht Wunder nehmen kann, dass Jahrhunderte zu seiner endlichen und vollständigen Besiegung gehören. Hat der Egoismus in jenen frühen Zeiten, in denen die physische Stärke allein mass- und ausschlaggebend war – der berühmte Nationalökonom und Philosoph John Stuart Mill sagt darüber: *)»Die Menschen be- greifen es gar nicht mehr, wie unumschränkt in früheren Jahrhunderten das Gesetz der überlegenen Kraft zugleich das Gesetz des Lebens war, und wie offen und unum- wunden man sich dazu bekannte – hat also der männliche Egoismus durch das Recht des Stärkeren damals die Frau vollständig abhängig von sich gemacht und hat er in der bewussten oder unbewussten Furcht, sie könne diese Abhängigkeit trotz ihrer physischen Schwäche durch ihre intellectuelle Kraft abschütteln, systematisch jede Entwicklung dieser ihrer möglichen Macht niedergehalten, hat er, um einen Zusammenschluss unter den Frauen selbst unmöglich zu machen, das Weib zum Geschlechts- wesen gestempelt, das nur dem Manne zu Gefallen lebe, das nur durch ihn jeden Genuss des Lebens erhalten könne und in jedem anderen Weibe die Rivalin zu sehen *) »Die Hörigkeit der Frau« von John Stuart Mill, Verlag von F. Berggold, Berlin 1891. Pag. 10.

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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_gleichberechtigung_1898/34>, abgerufen am 25.04.2024.