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Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898.

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Die politische Gleichberechtigung der Frau.

Drei Jahre später entschied der Oberste Gerichtshof
der Vereinigten Staaten die Frage, ob die Frauen das
Stimmrecht besässen, für die ganze Union in negativem
Sinne. Nachdem der Oberste Gerichtshof des Columbia-
districts bereits vorher in seinem Urtheil erklärt hatte,
dass er betreffs des XIV. Amendements wohl anerkenne,
dass die Frauen Bürger sind, insoweit "Bürger" den
Gegensatz zu Fremden bedeute, auch dass jeder Bürger
fähig ist, das Wahlrecht zu erlangen, dass dies aber nur
durch die Autorität der gesetzgebenden Gewalt geschehen
könne und diese Gewalt den Frauen nicht das Wahlrecht
verliehen habe, dieselben mithin nicht als in dessen Besitz
befindlich erachtet werden können, entschied nunmehr
auch der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten,
dass der Ausdruck Bürger der Vereinigten Staaten nur
die Zugehörigkeit zur Nation bedeute, dass die Eigen-
schaft des Bürgers keineswegs den Genuss des Wahlrechts
in sich schliesse, dass in den Staaten der Union das
Wahlrecht nicht mit dem Bürgerrecht zusammenfalle und
das Amendement XIV den Privilegien des Bürgers nichts
hinzufüge, sondern nur die bestehenden Rechte garantire
und die Begrenzung des Wahlrechtes auf männliche
Bürger, daher keine Verletzung der Bundesverfassung sei
und die Frauen in allen Staaten, wo diese Bestimmung
bestehe, kein Stimmrecht hätten.

Trotz der Wortklauberei, die in diesem Urtheil mit
dem Begriff "Bürger" getrieben wurde - thatsächlich
unterliegt die Bürgerin genau denselben Verpflichtungen

Die politische Gleichberechtigung der Frau.

Drei Jahre später entschied der Oberste Gerichtshof
der Vereinigten Staaten die Frage, ob die Frauen das
Stimmrecht besässen, für die ganze Union in negativem
Sinne. Nachdem der Oberste Gerichtshof des Columbia-
districts bereits vorher in seinem Urtheil erklärt hatte,
dass er betreffs des XIV. Amendements wohl anerkenne,
dass die Frauen Bürger sind, insoweit »Bürger« den
Gegensatz zu Fremden bedeute, auch dass jeder Bürger
fähig ist, das Wahlrecht zu erlangen, dass dies aber nur
durch die Autorität der gesetzgebenden Gewalt geschehen
könne und diese Gewalt den Frauen nicht das Wahlrecht
verliehen habe, dieselben mithin nicht als in dessen Besitz
befindlich erachtet werden können, entschied nunmehr
auch der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten,
dass der Ausdruck Bürger der Vereinigten Staaten nur
die Zugehörigkeit zur Nation bedeute, dass die Eigen-
schaft des Bürgers keineswegs den Genuss des Wahlrechts
in sich schliesse, dass in den Staaten der Union das
Wahlrecht nicht mit dem Bürgerrecht zusammenfalle und
das Amendement XIV den Privilegien des Bürgers nichts
hinzufüge, sondern nur die bestehenden Rechte garantire
und die Begrenzung des Wahlrechtes auf männliche
Bürger, daher keine Verletzung der Bundesverfassung sei
und die Frauen in allen Staaten, wo diese Bestimmung
bestehe, kein Stimmrecht hätten.

Trotz der Wortklauberei, die in diesem Urtheil mit
dem Begriff »Bürger« getrieben wurde – thatsächlich
unterliegt die Bürgerin genau denselben Verpflichtungen

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[13/0026] Die politische Gleichberechtigung der Frau. Drei Jahre später entschied der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten die Frage, ob die Frauen das Stimmrecht besässen, für die ganze Union in negativem Sinne. Nachdem der Oberste Gerichtshof des Columbia- districts bereits vorher in seinem Urtheil erklärt hatte, dass er betreffs des XIV. Amendements wohl anerkenne, dass die Frauen Bürger sind, insoweit »Bürger« den Gegensatz zu Fremden bedeute, auch dass jeder Bürger fähig ist, das Wahlrecht zu erlangen, dass dies aber nur durch die Autorität der gesetzgebenden Gewalt geschehen könne und diese Gewalt den Frauen nicht das Wahlrecht verliehen habe, dieselben mithin nicht als in dessen Besitz befindlich erachtet werden können, entschied nunmehr auch der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten, dass der Ausdruck Bürger der Vereinigten Staaten nur die Zugehörigkeit zur Nation bedeute, dass die Eigen- schaft des Bürgers keineswegs den Genuss des Wahlrechts in sich schliesse, dass in den Staaten der Union das Wahlrecht nicht mit dem Bürgerrecht zusammenfalle und das Amendement XIV den Privilegien des Bürgers nichts hinzufüge, sondern nur die bestehenden Rechte garantire und die Begrenzung des Wahlrechtes auf männliche Bürger, daher keine Verletzung der Bundesverfassung sei und die Frauen in allen Staaten, wo diese Bestimmung bestehe, kein Stimmrecht hätten. Trotz der Wortklauberei, die in diesem Urtheil mit dem Begriff »Bürger« getrieben wurde – thatsächlich unterliegt die Bürgerin genau denselben Verpflichtungen

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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_gleichberechtigung_1898/26>, abgerufen am 29.03.2024.