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Humboldt, Alexander von: Ueber den neusten Zustand des Freistaats von Centro-Amerika oder Guatemala. In: Herta, Bd. 6 (1826), S. 131-161.

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A. v. Humboldt, über den neuesten Zustand
und San Christobal. Da bisher noch kein einziger Berg der
Andes-Kette von Guatemala gemessen worden ist, so kann ich
blos auf diese Höhe aus dem Umstande schließen, daß der Berg
oft mehre Monate lang mit Reif, Eis und vielleicht selbst mit
Schnee bedeckt bleibt. Bei einer so südlichen Breite kann diese
Höhe nicht unter 1750 T. und nicht über 2400 T. sein. Berge,
welche diese letztere Zahl übersteigen, sind schon wirkliche Nevados,
das heißt mit ewigem Schnee bedeckt. Der Kapitän Basil Hall
schätzt die beiden Vulkane von Guatemala nach einer freilich ziem-
lich unsichern Messung in 40 Seemeilen Entfernung zu 2293 und
2330 Toisen. Der Pater Remesal (Hist. de la Provincia de
San Vicente, lib. 4. cap. 5.)
, der nach alter Sitte mit
Zahlen spielt, behauptet, daß im Jahr 1615 der sogenannte Was-
ser-Vulkan noch 3 Meilen (leguas) hoch war, obgleich er bei dem
Wasserausbruch am 11ten September 1541, als Almelonga, oder
Ciudad-Vieja, zerstört wurde, seinen Gipfel (coronilla), der auch
eine Meile hoch war, verloren habe! Die geognostischen Verhält-
nisse dieses Wasserausbruches sind völlig unbekannt. Juarros giebt
an, daß weder gebrannte Steine noch Spuren vulkanischer Erup-
tionen an des Berges Abhang jetzt zu bemerken wären; vielleicht
aber sind Asche und Lava durch die Vegetation bedeckt; vielleicht
waren nicht blos unterirdische Höhlen Jahrhunderte lang mit
einsinterndem Regenwasser gefüllt, sondern ein Krater-See auf dem
Gipfel selbst vorhanden. Jn der Provinz Quito hat man mir
erzählt, daß der längst ausgebrannte Vulkan von Jmbaburu bei
Villa de Jbarra von Zeit zu Zeit (wahrscheinlich nach Erdstößen)
Wasser, Schlamm und Fische ausstoße, So viel ist gewiß, daß
der Volcan de Agua, der zwischen dem Volcan de Pacana und dem
Volcan de Fuego liegt, die Form eines abgestumpften Kegels hat.
Die Abhänge dieses großen Gebirgsstockes, dem man einen Umfang
von 18 Leguas zuschreibt, sind auf 2/3 wie ein Garten bebaut;
weiter aufwärts folgen herrliche Waldungen und auf dem Gipfel
findet man noch jetzt eine elliptische Vertiefung, deren großer Durch-
messer von N. nach S. gerichtet, 400 par. Fuß Länge hat. Das
ist Zweifels ohne ein Krater (caldera), und Juarros, ob er gleich
alle Spuren der Feuerwirkung am Wasser-Vulkane läugnen
will, beschreibt selbst (Tom. II. p. 351.) diesen Krater eben so,

wie


A. v. Humboldt, uͤber den neueſten Zuſtand
und San Chriſtobal. Da bisher noch kein einziger Berg der
Andes-Kette von Guatemala gemeſſen worden iſt, ſo kann ich
blos auf dieſe Hoͤhe aus dem Umſtande ſchließen, daß der Berg
oft mehre Monate lang mit Reif, Eis und vielleicht ſelbſt mit
Schnee bedeckt bleibt. Bei einer ſo ſuͤdlichen Breite kann dieſe
Hoͤhe nicht unter 1750 T. und nicht uͤber 2400 T. ſein. Berge,
welche dieſe letztere Zahl uͤberſteigen, ſind ſchon wirkliche Nevados,
das heißt mit ewigem Schnee bedeckt. Der Kapitaͤn Baſil Hall
ſchaͤtzt die beiden Vulkane von Guatemala nach einer freilich ziem-
lich unſichern Meſſung in 40 Seemeilen Entfernung zu 2293 und
2330 Toiſen. Der Pater Remeſal (Hist. de la Provincia de
San Vicente, lib. 4. cap. 5.)
, der nach alter Sitte mit
Zahlen ſpielt, behauptet, daß im Jahr 1615 der ſogenannte Waſ-
ſer-Vulkan noch 3 Meilen (leguas) hoch war, obgleich er bei dem
Waſſerausbruch am 11ten September 1541, als Almelonga, oder
Ciudad-Vieja, zerſtoͤrt wurde, ſeinen Gipfel (coronilla), der auch
eine Meile hoch war, verloren habe! Die geognoſtiſchen Verhaͤlt-
niſſe dieſes Waſſerausbruches ſind voͤllig unbekannt. Juarros giebt
an, daß weder gebrannte Steine noch Spuren vulkaniſcher Erup-
tionen an des Berges Abhang jetzt zu bemerken waͤren; vielleicht
aber ſind Aſche und Lava durch die Vegetation bedeckt; vielleicht
waren nicht blos unterirdiſche Hoͤhlen Jahrhunderte lang mit
einſinterndem Regenwaſſer gefuͤllt, ſondern ein Krater-See auf dem
Gipfel ſelbſt vorhanden. Jn der Provinz Quito hat man mir
erzaͤhlt, daß der laͤngſt ausgebrannte Vulkan von Jmbaburu bei
Villa de Jbarra von Zeit zu Zeit (wahrſcheinlich nach Erdſtoͤßen)
Waſſer, Schlamm und Fiſche ausſtoße, So viel iſt gewiß, daß
der Volcan de Agua, der zwiſchen dem Volcan de Pacana und dem
Volcan de Fuego liegt, die Form eines abgeſtumpften Kegels hat.
Die Abhaͤnge dieſes großen Gebirgsſtockes, dem man einen Umfang
von 18 Leguas zuſchreibt, ſind auf ⅔ wie ein Garten bebaut;
weiter aufwaͤrts folgen herrliche Waldungen und auf dem Gipfel
findet man noch jetzt eine elliptiſche Vertiefung, deren großer Durch-
meſſer von N. nach S. gerichtet, 400 par. Fuß Laͤnge hat. Das
iſt Zweifels ohne ein Krater (caldera), und Juarros, ob er gleich
alle Spuren der Feuerwirkung am Waſſer-Vulkane laͤugnen
will, beſchreibt ſelbſt (Tom. II. p. 351.) dieſen Krater eben ſo,

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[144/0016] A. v. Humboldt, uͤber den neueſten Zuſtand und San Chriſtobal. Da bisher noch kein einziger Berg der Andes-Kette von Guatemala gemeſſen worden iſt, ſo kann ich blos auf dieſe Hoͤhe aus dem Umſtande ſchließen, daß der Berg oft mehre Monate lang mit Reif, Eis und vielleicht ſelbſt mit Schnee bedeckt bleibt. Bei einer ſo ſuͤdlichen Breite kann dieſe Hoͤhe nicht unter 1750 T. und nicht uͤber 2400 T. ſein. Berge, welche dieſe letztere Zahl uͤberſteigen, ſind ſchon wirkliche Nevados, das heißt mit ewigem Schnee bedeckt. Der Kapitaͤn Baſil Hall ſchaͤtzt die beiden Vulkane von Guatemala nach einer freilich ziem- lich unſichern Meſſung in 40 Seemeilen Entfernung zu 2293 und 2330 Toiſen. Der Pater Remeſal (Hist. de la Provincia de San Vicente, lib. 4. cap. 5.), der nach alter Sitte mit Zahlen ſpielt, behauptet, daß im Jahr 1615 der ſogenannte Waſ- ſer-Vulkan noch 3 Meilen (leguas) hoch war, obgleich er bei dem Waſſerausbruch am 11ten September 1541, als Almelonga, oder Ciudad-Vieja, zerſtoͤrt wurde, ſeinen Gipfel (coronilla), der auch eine Meile hoch war, verloren habe! Die geognoſtiſchen Verhaͤlt- niſſe dieſes Waſſerausbruches ſind voͤllig unbekannt. Juarros giebt an, daß weder gebrannte Steine noch Spuren vulkaniſcher Erup- tionen an des Berges Abhang jetzt zu bemerken waͤren; vielleicht aber ſind Aſche und Lava durch die Vegetation bedeckt; vielleicht waren nicht blos unterirdiſche Hoͤhlen Jahrhunderte lang mit einſinterndem Regenwaſſer gefuͤllt, ſondern ein Krater-See auf dem Gipfel ſelbſt vorhanden. Jn der Provinz Quito hat man mir erzaͤhlt, daß der laͤngſt ausgebrannte Vulkan von Jmbaburu bei Villa de Jbarra von Zeit zu Zeit (wahrſcheinlich nach Erdſtoͤßen) Waſſer, Schlamm und Fiſche ausſtoße, So viel iſt gewiß, daß der Volcan de Agua, der zwiſchen dem Volcan de Pacana und dem Volcan de Fuego liegt, die Form eines abgeſtumpften Kegels hat. Die Abhaͤnge dieſes großen Gebirgsſtockes, dem man einen Umfang von 18 Leguas zuſchreibt, ſind auf ⅔ wie ein Garten bebaut; weiter aufwaͤrts folgen herrliche Waldungen und auf dem Gipfel findet man noch jetzt eine elliptiſche Vertiefung, deren großer Durch- meſſer von N. nach S. gerichtet, 400 par. Fuß Laͤnge hat. Das iſt Zweifels ohne ein Krater (caldera), und Juarros, ob er gleich alle Spuren der Feuerwirkung am Waſſer-Vulkane laͤugnen will, beſchreibt ſelbſt (Tom. II. p. 351.) dieſen Krater eben ſo, wie

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber den neusten Zustand des Freistaats von Centro-Amerika oder Guatemala. In: Herta, Bd. 6 (1826), S. 131-161, hier S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_zustand_1826/16>, abgerufen am 28.03.2024.