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Humboldt, Alexander von: Versuche und Beobachtungen über die grüne Farbe unterirrdischer Vegetabilien. In: Journal der Physik, Bd. 5, H. 2, (1792), S. 195-204.

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selbe sehr stark*), und die Herren Ingenhouß und
Senebier haben ihn daher bei ihren Versuchen über
die Vegetation, wenn gleich in sehr verschiedener
Rücksicht, als Hauptagens aufgeführt. Dass er sich
bei manchen Pflanzenkörpern (bei Byssus lactea, Ver-
rucaria faginea
, Hydnum imbricatum, Agaricus vir-
gineus etc.
) weniger wirksam zeigt, rührt wohl nur
daher, dass das Oxygene durch andere Anziehungs-
kräfte gehindert wird, sich mit ihm zu verbinden.

Ausser dem Lichtstoff, scheinen auch die Basen
der Stickluft und des entzündbaren Gas (azote und hy-
drogene
) die Entbindung der Lebensluft zu befördern,
und die Anhäufung des Oxygene, d. h. die Bleich-
sucht der Pflanzen zu verhindern. Diese Basen,
welche die Natur im Innern der Erde anhäuft, ge-
ben mir gleichsam den Schlüssel zu den Erscheinungen,
die sich bei meinem kleinen unterirrdischen Garten-
bau darboten. Die Mischung der Grubenluft ist von
der der oberirrdischen Atmosphäre**) ungemein
verschieden, und wenn der Mangel an Lebensluft
sich auch nicht immer beim Athemholen oder dem
Brennen der Grubenlichter gleich stark äussert, so
lassen doch sehr einfache Versuche schliessen, dass
der Antheil der Stickluft oder des entzündbaren Gas
hier sehr beträchtlich ist. Das letztere Gas verräth
sich leicht durch eine eigene Schicht, die es wegen
seines geringen spezifischen Gewichts***) an der
Förste der Strecken bildet.

*) wie die Wirkungen des Lichts auf die oxygenirte
Salzsäure, auf Hornsilber etc. lehren.
**) wo Lebensluft sich zur Stickluft verhält = 27 : 73.
Lavoisier Traite elem. T. I. p. 40.
***) = 0,03539. Sehr merkwürdig ist diese eigene
Schicht jetzt hier vor dem Moritzer Stollort (Ich bins

ſelbe ſehr ſtark*), und die Herren Ingenhouß und
Senebier haben ihn daher bei ihren Verſuchen über
die Vegetation, wenn gleich in ſehr verſchiedener
Rückſicht, als Hauptagens aufgeführt. Daſs er ſich
bei manchen Pflanzenkörpern (bei Byſſus lactea, Ver-
rucaria faginea
, Hydnum imbricatum, Agaricus vir-
gineus etc.
) weniger wirkſam zeigt, rührt wohl nur
daher, daſs das Oxygene durch andere Anziehungs-
kräfte gehindert wird, ſich mit ihm zu verbinden.

Auſser dem Lichtſtoff, ſcheinen auch die Baſen
der Stickluft und des entzündbaren Gas (azote und hy-
drogène
) die Entbindung der Lebensluft zu befördern,
und die Anhäufung des Oxygene, d. h. die Bleich-
ſucht der Pflanzen zu verhindern. Dieſe Baſen,
welche die Natur im Innern der Erde anhäuft, ge-
ben mir gleichſam den Schlüſſel zu den Erſcheinungen,
die ſich bei meinem kleinen unterirrdiſchen Garten-
bau darboten. Die Miſchung der Grubenluft iſt von
der der oberirrdiſchen Atmoſphäre**) ungemein
verſchieden, und wenn der Mangel an Lebensluft
ſich auch nicht immer beim Athemholen oder dem
Brennen der Grubenlichter gleich ſtark äuſsert, ſo
laſſen doch ſehr einfache Verſuche ſchlieſsen, daſs
der Antheil der Stickluft oder des entzündbaren Gas
hier ſehr beträchtlich iſt. Das letztere Gas verräth
ſich leicht durch eine eigene Schicht, die es wegen
ſeines geringen ſpezifiſchen Gewichts***) an der
Förſte der Strecken bildet.

*) wie die Wirkungen des Lichts auf die oxygenirte
Salzſäure, auf Hornſilber etc. lehren.
**) wo Lebensluft ſich zur Stickluft verhält = 27 : 73.
Lavóiſier Traité elém. T. I. p. 40.
***) = 0,03539. Sehr merkwürdig iſt dieſe eigene
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[202/0009] ſelbe ſehr ſtark *), und die Herren Ingenhouß und Senebier haben ihn daher bei ihren Verſuchen über die Vegetation, wenn gleich in ſehr verſchiedener Rückſicht, als Hauptagens aufgeführt. Daſs er ſich bei manchen Pflanzenkörpern (bei Byſſus lactea, Ver- rucaria faginea, Hydnum imbricatum, Agaricus vir- gineus etc.) weniger wirkſam zeigt, rührt wohl nur daher, daſs das Oxygene durch andere Anziehungs- kräfte gehindert wird, ſich mit ihm zu verbinden. Auſser dem Lichtſtoff, ſcheinen auch die Baſen der Stickluft und des entzündbaren Gas (azote und hy- drogène) die Entbindung der Lebensluft zu befördern, und die Anhäufung des Oxygene, d. h. die Bleich- ſucht der Pflanzen zu verhindern. Dieſe Baſen, welche die Natur im Innern der Erde anhäuft, ge- ben mir gleichſam den Schlüſſel zu den Erſcheinungen, die ſich bei meinem kleinen unterirrdiſchen Garten- bau darboten. Die Miſchung der Grubenluft iſt von der der oberirrdiſchen Atmoſphäre **) ungemein verſchieden, und wenn der Mangel an Lebensluft ſich auch nicht immer beim Athemholen oder dem Brennen der Grubenlichter gleich ſtark äuſsert, ſo laſſen doch ſehr einfache Verſuche ſchlieſsen, daſs der Antheil der Stickluft oder des entzündbaren Gas hier ſehr beträchtlich iſt. Das letztere Gas verräth ſich leicht durch eine eigene Schicht, die es wegen ſeines geringen ſpezifiſchen Gewichts ***) an der Förſte der Strecken bildet. *) wie die Wirkungen des Lichts auf die oxygenirte Salzſäure, auf Hornſilber etc. lehren. **) wo Lebensluft ſich zur Stickluft verhält = 27 : 73. Lavóiſier Traité elém. T. I. p. 40. ***) = 0,03539. Sehr merkwürdig iſt dieſe eigene Schicht jetzt hier vor dem Moritzer Stollort (Ich bins

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Versuche und Beobachtungen über die grüne Farbe unterirrdischer Vegetabilien. In: Journal der Physik, Bd. 5, H. 2, (1792), S. 195-204, hier S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_versuch_1792/9>, abgerufen am 28.03.2024.