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Humboldt, Alexander von: Skizze einer Geologischen Schilderung des südlichen Amerika. In: Allgemeine Geographische Ephemeriden. Bd. 9 (1802) St. 5, S. 389-420.

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Abhandlungen.
welche von Osten nach Westen gehen (in der Rich-
tung der tropischen Strömungen) und sich desto tie-
fer ins Innere des Landes erstrecken, je breiter der
Continent ist. Die Thäler des Apure und Orinoco
schließen sich durch das Gebürg, das von Pampo-
lona
nach Merida sich erstreckt, bey 73° Länge, das
Thal der Pampas bey 70° Länge; sie fallen insge-
sammt gegen Osten ein wenig ab und scheinen von
einerley Formation des Flözgebürgs bedeckt zu seyn.

Tralles sagt, daß man sich in der Schweiz ei-
gentlich weit mehr über die Tiefe der Seen wun-
dern müsse, als über die Höhe der Berge; ich wage
es, ungefähr dasselbe in Hinsicht auf die Llanos
von Süd-Amerika zu behaupten. Wie muß man
erstaunen, einen Continent zu sehen, der in seinem
Innern (und zwar mehrere hundert Meilen weit von
der Küste und in der Nähe von 3000 Toisen hohen
Bergen) kaum 50 Toisen über die jetzige Wasser-
fläche erhaben ist? Wenn die Fluth an diesen Orten
so hoch stiege, wie zu S. Malo und Bristol, wenn
Erdbebungen den Ocean mehr in Bewegung setzten,
so müßte ein großer Theil dieser Thäler oft unter
Wasser gesetzt werden. Der höchste Llano, den
ich gemessen habe, ist der zwischen den Flüssen
Ymirida, Temi, Pimichia, Cassiguiare und Guai-
nia
(Rio Negro) gelegen; er hat 180 Toisen Höhe;
er senkt sich aber gegen Atures hin, nach Norden
eben so, wie gegen den Amazone nach Süden. Das
Thal des Orinoco und Apure ist noch viel niedri-
ger, als das vom Caßiguiare und Calabozo in
der Mitte des Llano (ich habe daselbst, unter 8°
56' 56" Breite, und 4h 40' 39" Länge westlich von

Paris,

Abhandlungen.
welche von Oſten nach Weſten gehen (in der Rich-
tung der tropiſchen Strömungen) und ſich deſto tie-
fer ins Innere des Landes erſtrecken, je breiter der
Continent iſt. Die Thäler des Apuré und Orinoco
ſchließen ſich durch das Gebürg, das von Pampo-
lona
nach Merida ſich erſtreckt, bey 73° Länge, das
Thal der Pampas bey 70° Länge; ſie fallen insge-
ſammt gegen Oſten ein wenig ab und ſcheinen von
einerley Formation des Flözgebürgs bedeckt zu ſeyn.

Tralles ſagt, daß man ſich in der Schweiz ei-
gentlich weit mehr über die Tiefe der Seen wun-
dern müſſe, als über die Höhe der Berge; ich wage
es, ungefähr daſſelbe in Hinſicht auf die Llanos
von Süd-Amerika zu behaupten. Wie muß man
erſtaunen, einen Continent zu ſehen, der in ſeinem
Innern (und zwar mehrere hundert Meilen weit von
der Küſte und in der Nähe von 3000 Toiſen hohen
Bergen) kaum 50 Toiſen über die jetzige Waſſer-
fläche erhaben iſt? Wenn die Fluth an dieſen Orten
ſo hoch ſtiege, wie zu S. Malo und Briſtol, wenn
Erdbebungen den Ocean mehr in Bewegung ſetzten,
ſo müßte ein großer Theil dieſer Thäler oft unter
Waſſer geſetzt werden. Der höchſte Llano, den
ich gemeſſen habe, iſt der zwiſchen den Flüſſen
Ymirida, Temi, Pimichia, Caſſiguiaré und Guai-
nia
(Rio Negro) gelegen; er hat 180 Toiſen Höhe;
er ſenkt ſich aber gegen Aturès hin, nach Norden
eben ſo, wie gegen den Amazone nach Süden. Das
Thal des Orinoco und Apuré iſt noch viel niedri-
ger, als das vom Caßiguiaré und Calabozo in
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[393/0005] Abhandlungen. welche von Oſten nach Weſten gehen (in der Rich- tung der tropiſchen Strömungen) und ſich deſto tie- fer ins Innere des Landes erſtrecken, je breiter der Continent iſt. Die Thäler des Apuré und Orinoco ſchließen ſich durch das Gebürg, das von Pampo- lona nach Merida ſich erſtreckt, bey 73° Länge, das Thal der Pampas bey 70° Länge; ſie fallen insge- ſammt gegen Oſten ein wenig ab und ſcheinen von einerley Formation des Flözgebürgs bedeckt zu ſeyn. Tralles ſagt, daß man ſich in der Schweiz ei- gentlich weit mehr über die Tiefe der Seen wun- dern müſſe, als über die Höhe der Berge; ich wage es, ungefähr daſſelbe in Hinſicht auf die Llanos von Süd-Amerika zu behaupten. Wie muß man erſtaunen, einen Continent zu ſehen, der in ſeinem Innern (und zwar mehrere hundert Meilen weit von der Küſte und in der Nähe von 3000 Toiſen hohen Bergen) kaum 50 Toiſen über die jetzige Waſſer- fläche erhaben iſt? Wenn die Fluth an dieſen Orten ſo hoch ſtiege, wie zu S. Malo und Briſtol, wenn Erdbebungen den Ocean mehr in Bewegung ſetzten, ſo müßte ein großer Theil dieſer Thäler oft unter Waſſer geſetzt werden. Der höchſte Llano, den ich gemeſſen habe, iſt der zwiſchen den Flüſſen Ymirida, Temi, Pimichia, Caſſiguiaré und Guai- nia (Rio Negro) gelegen; er hat 180 Toiſen Höhe; er ſenkt ſich aber gegen Aturès hin, nach Norden eben ſo, wie gegen den Amazone nach Süden. Das Thal des Orinoco und Apuré iſt noch viel niedri- ger, als das vom Caßiguiaré und Calabozo in der Mitte des Llano (ich habe daſelbſt, unter 8° 56′ 56″ Breite, und 4h 40′ 39″ Länge weſtlich von Paris,

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Skizze einer Geologischen Schilderung des südlichen Amerika. In: Allgemeine Geographische Ephemeriden. Bd. 9 (1802) St. 5, S. 389-420, hier S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_skizze02_1802/5>, abgerufen am 20.04.2024.