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Humboldt, Alexander von: Skizze einer Geologischen Schilderung des südlichen Amerika. In: Allgemeine Geographische Ephemeriden. Bd. 9 (1802) St. 5, S. 389-420.

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Abhandlungen.

Dieses Fallen der Schichten des Urgebirgs in der
Cordillere Venezuela hat einen großen und trauri-
gen Einfluß auf die Fruchtbarkeit der Provinzen
Caracas, Cumana und Barcelona; das Wasser, das
sich an der Spitze der Berge infiltrirt, fließt nach
der Richtung der Schichten herab, deswegen man-
gelt es an Wasser in dem ganzen großen Landstrich,
der auf der Südseite dieser Cordillere liegt, daher
entspringen so viele Quellen und kleine Flüsse am
nördlichen Abhang, der durch diese zu große Feuch-
tigkeit, und den Ueberfluß an Bäumen (die neben
den langen Nächten fast den ganzen Tag vor den
Sonnenstralen gesichert sind) eben so fruchtbar, als
ungesund wird.

Die Flözgebirge, die ich bisher beobachtet ha-
be, finden sich fast unter denselben Verhältnissen,
wie in Europa. Die ältesten scheinen noch die Ein-
wirkung derselben Ursache erfahren zu haben, wel-
che die Schichten des Urgebirgs bestimmt hat, in
der Stunde 3-4 (oder wie die Seeleute sich ausdrü-
cken, N. 50, O.) zu streichen. Sie fallen oft nach
Südost, wie auf den Alpen von Bern, des Valais,
Tyrol und Steiermark; aber der größere Theil der-
selben, und zumal die allerneuesten, die da wo ich
gewesen bin, am häufigsten gesehen werden, befol-
gen kein bestimmtes Gesetz, ihre Schichten liegen
oft horizontal, oder erheben sich gegen den Rand
der großen ausgetrockneten Bassins, die wir in
Amerika Llanos, in Afrika Wüsten nennen.

La Condamine erzählte seinen Freunden, daß
er in Peru und Quito keine Versteinerung gesehen
hätte; indessen ist die Cordillere von Quito doch

nicht
Abhandlungen.

Dieſes Fallen der Schichten des Urgebirgs in der
Cordillere Venezuela hat einen großen und trauri-
gen Einfluß auf die Fruchtbarkeit der Provinzen
Caracas, Cumana und Barcelona; das Waſſer, das
ſich an der Spitze der Berge infiltrirt, fließt nach
der Richtung der Schichten herab, deswegen man-
gelt es an Waſſer in dem ganzen großen Landſtrich,
der auf der Südſeite dieſer Cordillere liegt, daher
entſpringen ſo viele Quellen und kleine Flüſſe am
nördlichen Abhang, der durch dieſe zu große Feuch-
tigkeit, und den Ueberfluß an Bäumen (die neben
den langen Nächten faſt den ganzen Tag vor den
Sonnenſtralen geſichert ſind) eben ſo fruchtbar, als
ungeſund wird.

Die Flözgebirge, die ich bisher beobachtet ha-
be, finden ſich faſt unter denſelben Verhältniſſen,
wie in Europa. Die älteſten ſcheinen noch die Ein-
wirkung derſelben Urſache erfahren zu haben, wel-
che die Schichten des Urgebirgs beſtimmt hat, in
der Stunde 3-4 (oder wie die Seeleute ſich ausdrü-
cken, N. 50, O.) zu ſtreichen. Sie fallen oft nach
Südoſt, wie auf den Alpen von Bern, des Valais,
Tyrol und Steiermark; aber der größere Theil der-
ſelben, und zumal die allerneueſten, die da wo ich
geweſen bin, am häufigſten geſehen werden, befol-
gen kein beſtimmtes Geſetz, ihre Schichten liegen
oft horizontal, oder erheben ſich gegen den Rand
der großen ausgetrockneten Baſſins, die wir in
Amerika Llanos, in Afrika Wüſten nennen.

La Condamine erzählte ſeinen Freunden, daß
er in Peru und Quito keine Verſteinerung geſehen
hätte; indeſſen iſt die Cordillere von Quito doch

nicht
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[402/0014] Abhandlungen. Dieſes Fallen der Schichten des Urgebirgs in der Cordillere Venezuela hat einen großen und trauri- gen Einfluß auf die Fruchtbarkeit der Provinzen Caracas, Cumana und Barcelona; das Waſſer, das ſich an der Spitze der Berge infiltrirt, fließt nach der Richtung der Schichten herab, deswegen man- gelt es an Waſſer in dem ganzen großen Landſtrich, der auf der Südſeite dieſer Cordillere liegt, daher entſpringen ſo viele Quellen und kleine Flüſſe am nördlichen Abhang, der durch dieſe zu große Feuch- tigkeit, und den Ueberfluß an Bäumen (die neben den langen Nächten faſt den ganzen Tag vor den Sonnenſtralen geſichert ſind) eben ſo fruchtbar, als ungeſund wird. Die Flözgebirge, die ich bisher beobachtet ha- be, finden ſich faſt unter denſelben Verhältniſſen, wie in Europa. Die älteſten ſcheinen noch die Ein- wirkung derſelben Urſache erfahren zu haben, wel- che die Schichten des Urgebirgs beſtimmt hat, in der Stunde 3-4 (oder wie die Seeleute ſich ausdrü- cken, N. 50, O.) zu ſtreichen. Sie fallen oft nach Südoſt, wie auf den Alpen von Bern, des Valais, Tyrol und Steiermark; aber der größere Theil der- ſelben, und zumal die allerneueſten, die da wo ich geweſen bin, am häufigſten geſehen werden, befol- gen kein beſtimmtes Geſetz, ihre Schichten liegen oft horizontal, oder erheben ſich gegen den Rand der großen ausgetrockneten Baſſins, die wir in Amerika Llanos, in Afrika Wüſten nennen. La Condamine erzählte ſeinen Freunden, daß er in Peru und Quito keine Verſteinerung geſehen hätte; indeſſen iſt die Cordillere von Quito doch nicht

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Skizze einer Geologischen Schilderung des südlichen Amerika. In: Allgemeine Geographische Ephemeriden. Bd. 9 (1802) St. 5, S. 389-420, hier S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_skizze02_1802/14>, abgerufen am 29.03.2024.