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Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40.

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Ueber
die Schwankungen der Goldproduktion
mit
Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme
von
Alexander v. Humboldt.


Nach dem alten Ausspruche Herodots (III, 106) sind bei der
ungleichen Ausspendung der Güter und der Schätze des Bodens
die schönsten Erzeugnisse den Enden der Welt zu Theil geworden.
Dieser Ausspruch war nicht bloß auf ein trübes, der Menschheit
eigenthümliches Gefühl gegründet, daß das Glück fern von uns
wohne, er drückte auch die einfache Thatsache aus, daß durch den
Verkehr der Völker den Hellenen, als Bewohnern der gemäßigten
Zone, Gold und Gewürze, Bernstein und Zinn aus weiter Ferne
zugeführt würden. So wie allmählig durch den Handel der Phö-
nizier, der Edomiter am Golf von Acaba, Aegyptens unter den
Ptolemäern und Römern, die lang verschleierten Küsten des süd-
lichen Asiens sich enthüllten, fing man an, die Erzeugnisse der heißen
Erdstriche aus erster Hand zu erhalten, und in der regen Einbildungs-
kraft der Menschen wurden die metallischen Schätze der Welt immer
weiter und weiter gegen Osten gerückt. Zweimal hat dasselbe Volk,
die Araber, in der für den Handel so wichtigen Epoche der Lagiden
und der Cäsaren, wie am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts, zur

Deutsche Vierteljahrs Schrift. Heft IV. 1
Ueber
die Schwankungen der Goldproduktion
mit
Rückſicht auf ſtaatswirthſchaftliche Probleme
von
Alexander v. Humboldt.


Nach dem alten Ausſpruche Herodots (III, 106) ſind bei der
ungleichen Ausſpendung der Güter und der Schätze des Bodens
die ſchönſten Erzeugniſſe den Enden der Welt zu Theil geworden.
Dieſer Ausſpruch war nicht bloß auf ein trübes, der Menſchheit
eigenthümliches Gefühl gegründet, daß das Glück fern von uns
wohne, er drückte auch die einfache Thatſache aus, daß durch den
Verkehr der Völker den Hellenen, als Bewohnern der gemäßigten
Zone, Gold und Gewürze, Bernſtein und Zinn aus weiter Ferne
zugeführt würden. So wie allmählig durch den Handel der Phö-
nizier, der Edomiter am Golf von Acaba, Aegyptens unter den
Ptolemäern und Römern, die lang verſchleierten Küſten des ſüd-
lichen Aſiens ſich enthüllten, fing man an, die Erzeugniſſe der heißen
Erdſtriche aus erſter Hand zu erhalten, und in der regen Einbildungs-
kraft der Menſchen wurden die metalliſchen Schätze der Welt immer
weiter und weiter gegen Oſten gerückt. Zweimal hat daſſelbe Volk,
die Araber, in der für den Handel ſo wichtigen Epoche der Lagiden
und der Cäſaren, wie am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts, zur

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[0002] Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rückſicht auf ſtaatswirthſchaftliche Probleme von Alexander v. Humboldt. Nach dem alten Ausſpruche Herodots (III, 106) ſind bei der ungleichen Ausſpendung der Güter und der Schätze des Bodens die ſchönſten Erzeugniſſe den Enden der Welt zu Theil geworden. Dieſer Ausſpruch war nicht bloß auf ein trübes, der Menſchheit eigenthümliches Gefühl gegründet, daß das Glück fern von uns wohne, er drückte auch die einfache Thatſache aus, daß durch den Verkehr der Völker den Hellenen, als Bewohnern der gemäßigten Zone, Gold und Gewürze, Bernſtein und Zinn aus weiter Ferne zugeführt würden. So wie allmählig durch den Handel der Phö- nizier, der Edomiter am Golf von Acaba, Aegyptens unter den Ptolemäern und Römern, die lang verſchleierten Küſten des ſüd- lichen Aſiens ſich enthüllten, fing man an, die Erzeugniſſe der heißen Erdſtriche aus erſter Hand zu erhalten, und in der regen Einbildungs- kraft der Menſchen wurden die metalliſchen Schätze der Welt immer weiter und weiter gegen Oſten gerückt. Zweimal hat daſſelbe Volk, die Araber, in der für den Handel ſo wichtigen Epoche der Lagiden und der Cäſaren, wie am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts, zur Deutſche Vierteljahrs Schrift. Heft IV. 1

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_schwankungen_1838/2>, abgerufen am 29.03.2024.