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Humboldt, Alexander von: Briefe aus Paraguay. In: Hertha, Bd. 2 (1825), S. 696-707.

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Briefe aus Paraguay,

beiden Katarakten (Saltos) des Rio Uuruguay durch kleine
Nebenkanäle vermieden werden können, so daß Schifffahrt
mit Dampfböten künftig möglich sein wird.




Aus meinem letzten Briefe haben Sie gesehen, daß
dem Diktator der Republik Paraguay, Don Gaspar Fran-
cia, meine Ankunft gemeldet worden ist. Die Hoffnung,
die ich hatte, bis zur Hauptstadt zu gelangen, hat leider
sehr abgenommen. Der Diktator legt mir neun Fragen
vor, alle politischen Jnhalts über die Beschlüsse, welche er
den Kontinentalmächten, in einem in Jtalien gehaltenen Kon-
gresse, zuschreibt und nach denen die independenten Provin-
zen unter spanische Botmäßigkeit zurückgebracht werden soll-
ten. Er ist voll Besorgniß über den französischen Feldzug
nach Spanien; er verlangt Antwort auf die feindlichen Ab-
sichten, welche er dem Minister des Duc de Cazes gegen
die Freiheit von Paraguay zuschreibt. Er giebt vor, Herr
Bonpland sei mit Briefen eines indischen Chefs in der
Provincia des Missiones (Francia's ärgstem Feinde) auf dem
westlichen Ufer des Rio Parana gesehen worden, um den
Plan von Jtapua aufzunehmen; er wisse nicht, selbst in
der Voraussetzung, daß auch meine Reise wissenschaftliche
Zwecke habe, wie das französische Jnstitut oder irgend eine
politische Macht in Europa sich berechtigt glauben könne,
jemand nach Paraguay zu schicken, da allgemein bekannt
sei, daß das Land keinem Fremden geöffnet werden könne.
Sie sehen aus diesen bedenklichen Fragen, daß der Diktator
die Angelegenheiten des alten Kontinents genau zu kennen
glaubt. Jch habe geantwortet, meine Reise habe schlechter-
dings keinen Bezug auf politische Ereignisse. Jch habe Pa-
raguay durchreisen wollen, um auf den Punkt zu gelangen,
wo durch den Rio Jauru- und den Madeira-Strom eine
Verbindung zwischen dem Amazonen-Flusse und Rio de la
Plata möglich sei. Dieser Zweck meiner Reise werde von

Briefe aus Paraguay,

beiden Katarakten (Saltos) des Rio Uuruguay durch kleine
Nebenkanäle vermieden werden können, ſo daß Schifffahrt
mit Dampfböten künftig möglich ſein wird.




Aus meinem letzten Briefe haben Sie geſehen, daß
dem Diktator der Republik Paraguay, Don Gaspar Fran-
cia, meine Ankunft gemeldet worden iſt. Die Hoffnung,
die ich hatte, bis zur Hauptſtadt zu gelangen, hat leider
ſehr abgenommen. Der Diktator legt mir neun Fragen
vor, alle politiſchen Jnhalts über die Beſchlüſſe, welche er
den Kontinentalmächten, in einem in Jtalien gehaltenen Kon-
greſſe, zuſchreibt und nach denen die independenten Provin-
zen unter ſpaniſche Botmäßigkeit zurückgebracht werden ſoll-
ten. Er iſt voll Beſorgniß über den franzöſiſchen Feldzug
nach Spanien; er verlangt Antwort auf die feindlichen Ab-
ſichten, welche er dem Miniſter des Duc de Cazes gegen
die Freiheit von Paraguay zuſchreibt. Er giebt vor, Herr
Bonpland ſei mit Briefen eines indiſchen Chefs in der
Provincia des Miſſiones (Francia's ärgſtem Feinde) auf dem
weſtlichen Ufer des Rio Parana geſehen worden, um den
Plan von Jtapua aufzunehmen; er wiſſe nicht, ſelbſt in
der Vorausſetzung, daß auch meine Reiſe wiſſenſchaftliche
Zwecke habe, wie das franzöſiſche Jnſtitut oder irgend eine
politiſche Macht in Europa ſich berechtigt glauben könne,
jemand nach Paraguay zu ſchicken, da allgemein bekannt
ſei, daß das Land keinem Fremden geöffnet werden könne.
Sie ſehen aus dieſen bedenklichen Fragen, daß der Diktator
die Angelegenheiten des alten Kontinents genau zu kennen
glaubt. Jch habe geantwortet, meine Reiſe habe ſchlechter-
dings keinen Bezug auf politiſche Ereigniſſe. Jch habe Pa-
raguay durchreiſen wollen, um auf den Punkt zu gelangen,
wo durch den Rio Jauru- und den Madeira-Strom eine
Verbindung zwiſchen dem Amazonen-Fluſſe und Rio de la
Plata möglich ſei. Dieſer Zweck meiner Reiſe werde von

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[702/0008] Briefe aus Paraguay, beiden Katarakten (Saltos) des Rio Uuruguay durch kleine Nebenkanäle vermieden werden können, ſo daß Schifffahrt mit Dampfböten künftig möglich ſein wird. Jtapua d. 10. Sept. 1824. Aus meinem letzten Briefe haben Sie geſehen, daß dem Diktator der Republik Paraguay, Don Gaspar Fran- cia, meine Ankunft gemeldet worden iſt. Die Hoffnung, die ich hatte, bis zur Hauptſtadt zu gelangen, hat leider ſehr abgenommen. Der Diktator legt mir neun Fragen vor, alle politiſchen Jnhalts über die Beſchlüſſe, welche er den Kontinentalmächten, in einem in Jtalien gehaltenen Kon- greſſe, zuſchreibt und nach denen die independenten Provin- zen unter ſpaniſche Botmäßigkeit zurückgebracht werden ſoll- ten. Er iſt voll Beſorgniß über den franzöſiſchen Feldzug nach Spanien; er verlangt Antwort auf die feindlichen Ab- ſichten, welche er dem Miniſter des Duc de Cazes gegen die Freiheit von Paraguay zuſchreibt. Er giebt vor, Herr Bonpland ſei mit Briefen eines indiſchen Chefs in der Provincia des Miſſiones (Francia's ärgſtem Feinde) auf dem weſtlichen Ufer des Rio Parana geſehen worden, um den Plan von Jtapua aufzunehmen; er wiſſe nicht, ſelbſt in der Vorausſetzung, daß auch meine Reiſe wiſſenſchaftliche Zwecke habe, wie das franzöſiſche Jnſtitut oder irgend eine politiſche Macht in Europa ſich berechtigt glauben könne, jemand nach Paraguay zu ſchicken, da allgemein bekannt ſei, daß das Land keinem Fremden geöffnet werden könne. Sie ſehen aus dieſen bedenklichen Fragen, daß der Diktator die Angelegenheiten des alten Kontinents genau zu kennen glaubt. Jch habe geantwortet, meine Reiſe habe ſchlechter- dings keinen Bezug auf politiſche Ereigniſſe. Jch habe Pa- raguay durchreiſen wollen, um auf den Punkt zu gelangen, wo durch den Rio Jauru- und den Madeira-Strom eine Verbindung zwiſchen dem Amazonen-Fluſſe und Rio de la Plata möglich ſei. Dieſer Zweck meiner Reiſe werde von

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Briefe aus Paraguay. In: Hertha, Bd. 2 (1825), S. 696-707, hier S. 702. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_paraguay_1825/8>, abgerufen am 19.04.2024.