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Humboldt, Alexander von: Briefe aus Paraguay. In: Hertha, Bd. 2 (1825), S. 696-707.

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Briefe aus Paraguay,
behauptet) verbreiten läßt. Jch habe gestern Gelegenheit gehabt,
einen Landmann zu sehen, welcher Bonplands nächster Nach-
bar ist und ihn täglich sieht. Er versichert, daß es ihm wohl-
gehe, daß er Ländereien besitze, die ihm der Doktor Francia ge-
geben, er die Arzneikunst ausübe, sich mit der Distillation von
Brandwein aus Honig beschäftige, und daß er noch immer,
wie seine täglich zunehmenden Sammlungen bezeugen, leiden-
schaftlich Pflanzen sammle und beschreibe. Es ist mir nicht
erlaubt worden, Briefe an ihn gelangen zu lassen. Er ist
nicht in S. Anna bei Corrientes, sondern in S. Anna un-
fern Candelaria aufgehoben worden. Das Klima ist hier über-
aus angenehm, ja bisweilen so kalt, daß es diese Nacht
gefroren hat ...



(Jch finde nach der schönen Manuskript-Karte von Las-
tarria, daß Jtapua unter 27° 22' südlicher Breite an dem
westlichen Ufer des Rio Parana liegt, fast Candelaria ge-
genüber. Was Herr Grandsire von der Kanalverbindung
zwischen dem Amazonen- und Plata-Strome sagt, bezieht
sich auf die Nähe der drei großen Flüsse Topayos, Ma-
deira und Paraguay, südwestlich von dem niedrigen Ge-
birge Parecis. Der Guavere oder Jtenes fließt in den
Madeira, der Jauru in den Paraguay-Strom. Südlich
von Santa Barbara nahet sich der Aguapehi so sehr dem
Rio Alegre, daß der Jsthmus nur 5322 portugalische Bra-
cas breit ist. Auf diesem Punkte wollte man, unter der
Staatsverwaltung des Grafen von Barca, einen Kanal gra-
ben. Die Stadt Villabella, diesem Jsthmus nahe, auf dem
rechten Ufer des Guapore, oder Jtenes, etwas oberhalb der
Einmündung des Sarare, kann einst für das Verkehr der
Völker im Jnnern von Amerika von großer Wichtigkeit
werden. Wenn man bedenkt, daß der Amazonenstrom mit
dem Orinoko durch den Cassiquiare zusammenhängt, so er-
sieht man, daß das Durchgraben des Jsthmus von Villa-
bella eine Flußverbindung zwischen dem Delta des Orinoko
(der Jnsel Trinidad gegenüber) und Buenos-Ayres oder

Briefe aus Paraguay,
behauptet) verbreiten läßt. Jch habe geſtern Gelegenheit gehabt,
einen Landmann zu ſehen, welcher Bonplands nächſter Nach-
bar iſt und ihn täglich ſieht. Er verſichert, daß es ihm wohl-
gehe, daß er Ländereien beſitze, die ihm der Doktor Francia ge-
geben, er die Arzneikunſt ausübe, ſich mit der Diſtillation von
Brandwein aus Honig beſchäftige, und daß er noch immer,
wie ſeine täglich zunehmenden Sammlungen bezeugen, leiden-
ſchaftlich Pflanzen ſammle und beſchreibe. Es iſt mir nicht
erlaubt worden, Briefe an ihn gelangen zu laſſen. Er iſt
nicht in S. Anna bei Corrientes, ſondern in S. Anna un-
fern Candelaria aufgehoben worden. Das Klima iſt hier über-
aus angenehm, ja bisweilen ſo kalt, daß es dieſe Nacht
gefroren hat ...



(Jch finde nach der ſchönen Manuſkript-Karte von Las-
tarria, daß Jtapua unter 27° 22′ ſüdlicher Breite an dem
weſtlichen Ufer des Rio Parana liegt, faſt Candelaria ge-
genüber. Was Herr Grandſire von der Kanalverbindung
zwiſchen dem Amazonen- und Plata-Strome ſagt, bezieht
ſich auf die Nähe der drei großen Flüſſe Topayos, Ma-
deira und Paraguay, ſüdweſtlich von dem niedrigen Ge-
birge Parecis. Der Guaverè oder Jtenes fließt in den
Madeira, der Jauru in den Paraguay-Strom. Südlich
von Santa Barbara nahet ſich der Aguapehi ſo ſehr dem
Rio Alegre, daß der Jſthmus nur 5322 portugaliſche Bra-
ças breit iſt. Auf dieſem Punkte wollte man, unter der
Staatsverwaltung des Grafen von Barca, einen Kanal gra-
ben. Die Stadt Villabella, dieſem Jſthmus nahe, auf dem
rechten Ufer des Guaporè, oder Jtenes, etwas oberhalb der
Einmündung des Sarare, kann einſt für das Verkehr der
Völker im Jnnern von Amerika von großer Wichtigkeit
werden. Wenn man bedenkt, daß der Amazonenſtrom mit
dem Orinoko durch den Caſſiquiare zuſammenhängt, ſo er-
ſieht man, daß das Durchgraben des Jſthmus von Villa-
bella eine Flußverbindung zwiſchen dem Delta des Orinoko
(der Jnſel Trinidad gegenüber) und Buenos-Ayres oder

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[704/0010] Briefe aus Paraguay, behauptet) verbreiten läßt. Jch habe geſtern Gelegenheit gehabt, einen Landmann zu ſehen, welcher Bonplands nächſter Nach- bar iſt und ihn täglich ſieht. Er verſichert, daß es ihm wohl- gehe, daß er Ländereien beſitze, die ihm der Doktor Francia ge- geben, er die Arzneikunſt ausübe, ſich mit der Diſtillation von Brandwein aus Honig beſchäftige, und daß er noch immer, wie ſeine täglich zunehmenden Sammlungen bezeugen, leiden- ſchaftlich Pflanzen ſammle und beſchreibe. Es iſt mir nicht erlaubt worden, Briefe an ihn gelangen zu laſſen. Er iſt nicht in S. Anna bei Corrientes, ſondern in S. Anna un- fern Candelaria aufgehoben worden. Das Klima iſt hier über- aus angenehm, ja bisweilen ſo kalt, daß es dieſe Nacht gefroren hat ... (Jch finde nach der ſchönen Manuſkript-Karte von Las- tarria, daß Jtapua unter 27° 22′ ſüdlicher Breite an dem weſtlichen Ufer des Rio Parana liegt, faſt Candelaria ge- genüber. Was Herr Grandſire von der Kanalverbindung zwiſchen dem Amazonen- und Plata-Strome ſagt, bezieht ſich auf die Nähe der drei großen Flüſſe Topayos, Ma- deira und Paraguay, ſüdweſtlich von dem niedrigen Ge- birge Parecis. Der Guaverè oder Jtenes fließt in den Madeira, der Jauru in den Paraguay-Strom. Südlich von Santa Barbara nahet ſich der Aguapehi ſo ſehr dem Rio Alegre, daß der Jſthmus nur 5322 portugaliſche Bra- ças breit iſt. Auf dieſem Punkte wollte man, unter der Staatsverwaltung des Grafen von Barca, einen Kanal gra- ben. Die Stadt Villabella, dieſem Jſthmus nahe, auf dem rechten Ufer des Guaporè, oder Jtenes, etwas oberhalb der Einmündung des Sarare, kann einſt für das Verkehr der Völker im Jnnern von Amerika von großer Wichtigkeit werden. Wenn man bedenkt, daß der Amazonenſtrom mit dem Orinoko durch den Caſſiquiare zuſammenhängt, ſo er- ſieht man, daß das Durchgraben des Jſthmus von Villa- bella eine Flußverbindung zwiſchen dem Delta des Orinoko (der Jnſel Trinidad gegenüber) und Buenos-Ayres oder

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Briefe aus Paraguay. In: Hertha, Bd. 2 (1825), S. 696-707, hier S. 704. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_paraguay_1825/10>, abgerufen am 25.04.2024.