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Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145.

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hat daher in Afrika aufsteigende, in höheren Breiten herabsinkende Luft als Grund angegeben für die verhältnißmäßige Milde Europa's; dabei aber vergessen, daß den europäischen ganz analoge Temperatur-Verhältnisse jenseits der Rocky Mountains an den Westküsten Amerika's sich finden, wo man sich in der Weite des stillen Oceans vergeblich nach einem tropischen Festlande umsieht. Auch konnte diese Erklärung wenigstens im Winter nicht geltend gemacht werden, wo die Temperatur des Inneren von Afrika niedriger als die des atlantischen und indischen Oceans ist. Für den Sommer sie anzuwenden, hat ebenfalls für die eine Schwierigkeit, welche die kalten Sommer Europa's als etwas Bezeichnendes seines Seeklima's hervorheben, während die afrikanische Sommerhitze doch den entgegengesetzten Effect haben sollte. Luft, welche unter dem Aequator aufsteigt, kommt dazu von Punkten größerer Drehungs-Geschwindigkeit: erfährt also, je weiter sie nach den Polen vordringt, eine desto größere Ablenkung. Weither kommende Südwinde werden daher auf der nördlichen Erdhälfte West, eben so wie weither kommende Nordwinde zuletzt Ost. Luft, welche über Afrika aufsteigt, trifft deswegen eher Asien als Europa: die Wiege unserer südlichen Winde ist aus diesem Grunde nicht die Sahara, sondern Westindien."

Nach der speciell[e]re[n] Kenntniß, welche man in neueren Zeiten von den Windesrichtungen, besonders an den Ostküsten Asiens und den Westküsten Amerika's, erlangt hat, kann das kältere Winter-Klima des östlichen Littorals allerdings nicht vorzugsweise westlichen Winden zugeschrieben werden, die über einen mit Schnee und Eis bedeckten Continent hinwehen und ihre Kälte den Ostküsten mittheilen. In Ochotsk und auf der Halbinsel Kamtschatka sind die Nordost-Winde überwiegend.

hat daher in Afrika aufsteigende, in höheren Breiten herabsinkende Luft als Grund angegeben für die verhältnißmäßige Milde Europa's; dabei aber vergessen, daß den europäischen ganz analoge Temperatur-Verhältnisse jenseits der Rocky Mountains an den Westküsten Amerika's sich finden, wo man sich in der Weite des stillen Oceans vergeblich nach einem tropischen Festlande umsieht. Auch konnte diese Erklärung wenigstens im Winter nicht geltend gemacht werden, wo die Temperatur des Inneren von Afrika niedriger als die des atlantischen und indischen Oceans ist. Für den Sommer sie anzuwenden, hat ebenfalls für die eine Schwierigkeit, welche die kalten Sommer Europa's als etwas Bezeichnendes seines Seeklima's hervorheben, während die afrikanische Sommerhitze doch den entgegengesetzten Effect haben sollte. Luft, welche unter dem Aequator aufsteigt, kommt dazu von Punkten größerer Drehungs-Geschwindigkeit: erfährt also, je weiter sie nach den Polen vordringt, eine desto größere Ablenkung. Weither kommende Südwinde werden daher auf der nördlichen Erdhälfte West, eben so wie weither kommende Nordwinde zuletzt Ost. Luft, welche über Afrika aufsteigt, trifft deswegen eher Asien als Europa: die Wiege unserer südlichen Winde ist aus diesem Grunde nicht die Sahara, sondern Westindien.“

Nach der speciell[e]re[n] Kenntniß, welche man in neueren Zeiten von den Windesrichtungen, besonders an den Ostküsten Asiens und den Westküsten Amerika's, erlangt hat, kann das kältere Winter-Klima des östlichen Littorals allerdings nicht vorzugsweise westlichen Winden zugeschrieben werden, die über einen mit Schnee und Eis bedeckten Continent hinwehen und ihre Kälte den Ostküsten mittheilen. In Ochotsk und auf der Halbinsel Kamtschatka sind die Nordost-Winde überwiegend.

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[72/0042] hat daher in Afrika aufsteigende, in höheren Breiten herabsinkende Luft als Grund angegeben für die verhältnißmäßige Milde Europa's; dabei aber vergessen, daß den europäischen ganz analoge Temperatur-Verhältnisse jenseits der Rocky Mountains an den Westküsten Amerika's sich finden, wo man sich in der Weite des stillen Oceans vergeblich nach einem tropischen Festlande umsieht. Auch konnte diese Erklärung wenigstens im Winter nicht geltend gemacht werden, wo die Temperatur des Inneren von Afrika niedriger als die des atlantischen und indischen Oceans ist. Für den Sommer sie anzuwenden, hat ebenfalls für die eine Schwierigkeit, welche die kalten Sommer Europa's als etwas Bezeichnendes seines Seeklima's hervorheben, während die afrikanische Sommerhitze doch den entgegengesetzten Effect haben sollte. Luft, welche unter dem Aequator aufsteigt, kommt dazu von Punkten größerer Drehungs-Geschwindigkeit: erfährt also, je weiter sie nach den Polen vordringt, eine desto größere Ablenkung. Weither kommende Südwinde werden daher auf der nördlichen Erdhälfte West, eben so wie weither kommende Nordwinde zuletzt Ost. Luft, welche über Afrika aufsteigt, trifft deswegen eher Asien als Europa: die Wiege unserer südlichen Winde ist aus diesem Grunde nicht die Sahara, sondern Westindien.“ Nach der specielleren Kenntniß, welche man in neueren Zeiten von den Windesrichtungen, besonders an den Ostküsten Asiens und den Westküsten Amerika's, erlangt hat, kann das kältere Winter-Klima des östlichen Littorals allerdings nicht vorzugsweise westlichen Winden zugeschrieben werden, die über einen mit Schnee und Eis bedeckten Continent hinwehen und ihre Kälte den Ostküsten mittheilen. In Ochotsk und auf der Halbinsel Kamtschatka sind die Nordost-Winde überwiegend.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145, hier S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_meer_1833/42>, abgerufen am 28.03.2024.