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Humboldt, Alexander von: [N]eue physikalische Beobachtungen im spanischen Amerika. Aus Briefen an Fourcroy und Lalande. In: Annalen der Physik, Bd. 7, 1801, S. 335-347.

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ankündigen. Das schlechteste Weingeist-Thermo-
meter, ist es nur empfindlich, wird so, mitten in
Sturm und Nacht, oder wenn man sonst die Sonde
nicht ohne Schwierigkeit fallen lassen kann, ein
wohlthätiges Instrument in der Hand selbst des un-
wissendsten Piloten. Ich kann dieses der Aufmerk-
samkeit des Bureau des Longitudes nicht genug em-
pfehlen. Unsre ganze Mannschaft war erstaunt, zu
sehn, wie schnell das Thermometer sank, als wir
uns der großen Bank näherten, die sich von Tabago
nach Granada zieht, und der östlich von Margarita.
Diese Beobachtungen sind um so leichter, da das
Wasser des tiefen Meeres in einer Ausdehnung von
zwölftausend Quadratmeilen, Tag und Nacht im-
mer einerlei Temperatur hat, so daß das empfind-
lichste Thermometer während einer Fahrt von 4 bis
6 Tagen seinen Stand nicht über 0,3° ändert. In
der Nähe von Untiefen war es um 2 bis 3° und mehr
kälter. Diese bis jetzt vergeßne Bemerkung Frank-
lin's
kann für die Schifffahrt einst sehr nützlich
werden; nicht, als wenn man das Senkblei wegwer-
fen, und sich allein auf das Thermometer verlassen
sollte; das wäre eine Thorheit: sondern weil die
Beobachtungen sich so, leicht vervielfältigen lassen,
auch das Thermometer die Gefahr weit eher als das
Senkblei anzeigt, indem das kältere Wasser über
der Untiefe auch die Temperatur des benachbarten
vermindert.*) Ich kann versichern, daß dieses

*) Nach des Grafen Rumford's Lehre von der

ankündigen. Das ſchlechteſte Weingeiſt-Thermo-
meter, iſt es nur empfindlich, wird ſo, mitten in
Sturm und Nacht, oder wenn man ſonſt die Sonde
nicht ohne Schwierigkeit fallen laſſen kann, ein
wohlthätiges Inſtrument in der Hand ſelbſt des un-
wiſſendſten Piloten. Ich kann dieſes der Aufmerk-
ſamkeit des Bureau des Longitudes nicht genug em-
pfehlen. Unſre ganze Mannſchaft war erſtaunt, zu
ſehn, wie ſchnell das Thermometer ſank, als wir
uns der großen Bank näherten, die ſich von Tabago
nach Granada zieht, und der öſtlich von Margarita.
Dieſe Beobachtungen ſind um ſo leichter, da das
Waſſer des tiefen Meeres in einer Ausdehnung von
zwölftauſend Quadratmeilen, Tag und Nacht im-
mer einerlei Temperatur hat, ſo daß das empfind-
lichſte Thermometer während einer Fahrt von 4 bis
6 Tagen ſeinen Stand nicht über 0,3° ändert. In
der Nähe von Untiefen war es um 2 bis 3° und mehr
kälter. Dieſe bis jetzt vergeßne Bemerkung Frank-
lin's
kann für die Schifffahrt einſt ſehr nützlich
werden; nicht, als wenn man das Senkblei wegwer-
fen, und ſich allein auf das Thermometer verlaſſen
ſollte; das wäre eine Thorheit: ſondern weil die
Beobachtungen ſich ſo, leicht vervielfältigen laſſen,
auch das Thermometer die Gefahr weit eher als das
Senkblei anzeigt, indem das kältere Waſſer über
der Untiefe auch die Temperatur des benachbarten
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[343/0016] ankündigen. Das ſchlechteſte Weingeiſt-Thermo- meter, iſt es nur empfindlich, wird ſo, mitten in Sturm und Nacht, oder wenn man ſonſt die Sonde nicht ohne Schwierigkeit fallen laſſen kann, ein wohlthätiges Inſtrument in der Hand ſelbſt des un- wiſſendſten Piloten. Ich kann dieſes der Aufmerk- ſamkeit des Bureau des Longitudes nicht genug em- pfehlen. Unſre ganze Mannſchaft war erſtaunt, zu ſehn, wie ſchnell das Thermometer ſank, als wir uns der großen Bank näherten, die ſich von Tabago nach Granada zieht, und der öſtlich von Margarita. Dieſe Beobachtungen ſind um ſo leichter, da das Waſſer des tiefen Meeres in einer Ausdehnung von zwölftauſend Quadratmeilen, Tag und Nacht im- mer einerlei Temperatur hat, ſo daß das empfind- lichſte Thermometer während einer Fahrt von 4 bis 6 Tagen ſeinen Stand nicht über 0,3° ändert. In der Nähe von Untiefen war es um 2 bis 3° und mehr kälter. Dieſe bis jetzt vergeßne Bemerkung Frank- lin's kann für die Schifffahrt einſt ſehr nützlich werden; nicht, als wenn man das Senkblei wegwer- fen, und ſich allein auf das Thermometer verlaſſen ſollte; das wäre eine Thorheit: ſondern weil die Beobachtungen ſich ſo, leicht vervielfältigen laſſen, auch das Thermometer die Gefahr weit eher als das Senkblei anzeigt, indem das kältere Waſſer über der Untiefe auch die Temperatur des benachbarten vermindert. *) Ich kann verſichern, daß dieſes *) Nach des Grafen Rumford's Lehre von der

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: [N]eue physikalische Beobachtungen im spanischen Amerika. Aus Briefen an Fourcroy und Lalande. In: Annalen der Physik, Bd. 7, 1801, S. 335-347, hier S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_lalande_1801/16>, abgerufen am 29.03.2024.