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Humboldt, Alexander von: Jagd und Kampf der electrischen Aale mit Pferden. In: Annalen der Physik, 25 (1807), S. 34-43.

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Aale, welche grossen Wasserschlangen ähnlich an
der Oberfläche schwimmen, und ihre Feinde verfol-
gen: alles das gab ein höchst mahlerisches Ganzes.
Ich erinnerte mich dabei des berühmten Gemähldes,
welches ein Pferd vorstellt, das in eine Höhle tritt,
und durch den Anblick eines Löwen entsetzt wird.
Der Ausdruck des Schreckens ist hier nicht stärker,
als er in jenem ungleichen Kampfe sich zeigte.

In weniger als fünf Minuten waren zwei Pferde
ertrunken. Die Aale, deren mehrere über 5 Fuss
Länge hatten, schlüpften den Pferden und Mauleseln
unter den Bauch, und gaben dann Entladungen ih-
res ganzen electrischen Organs. Diese Schläge tref-
fen zugleich das Herz, die Eingeweide und beson-
ders das Nervengeflecht des Magens. Es ist daher
nicht zu verwundern, das der Fisch auf ein grosses
vierfüssiges Thier viel mächtigere Wirkung, als auf
einen Menschen hervor bringt, der ihn nur mit den
Extremitäten berührt. Doch zweifle ich, das der
Zitteraal die Pferde tödtet; er betäubt sie nur, wie
ich glaube, durch die Erschütterungsschläge, die
er ihnen hinter einander giebt; sie fallen in eine
tiefe Ohnmacht, und verschwinden besinnungslos
unter dem Wasser; die andern Pferde und Maulesel
treten auf ihnen herum, und in wenig Minuten sind
sie todt.

Nach diesem Anfange fürchtete ich, die Jagd
möchte ein sehr tragisches Ende nehmen, und die
Pferde würden eins nach dem andern ertrinken.
Sind die Herren derselben bekannt, so bezahlt man

Aale, welche groſsen Waſſerſchlangen ähnlich an
der Oberfläche ſchwimmen, und ihre Feinde verfol-
gen: alles das gab ein höchſt mahleriſches Ganzes.
Ich erinnerte mich dabei des berühmten Gemähldes,
welches ein Pferd vorſtellt, das in eine Höhle tritt,
und durch den Anblick eines Löwen entſetzt wird.
Der Ausdruck des Schreckens iſt hier nicht ſtärker,
als er in jenem ungleichen Kampfe ſich zeigte.

In weniger als fünf Minuten waren zwei Pferde
ertrunken. Die Aale, deren mehrere über 5 Fuſs
Länge hatten, ſchlüpften den Pferden und Mauleſeln
unter den Bauch, und gaben dann Entladungen ih-
res ganzen electriſchen Organs. Dieſe Schläge tref-
fen zugleich das Herz, die Eingeweide und beſon-
ders das Nervengeflecht des Magens. Es iſt daher
nicht zu verwundern, das der Fiſch auf ein groſses
vierfüſsiges Thier viel mächtigere Wirkung, als auf
einen Menſchen hervor bringt, der ihn nur mit den
Extremitäten berührt. Doch zweifle ich, das der
Zitteraal die Pferde tödtet; er betäubt ſie nur, wie
ich glaube, durch die Erſchütterungsſchläge, die
er ihnen hinter einander giebt; ſie fallen in eine
tiefe Ohnmacht, und verſchwinden beſinnungslos
unter dem Waſſer; die andern Pferde und Mauleſel
treten auf ihnen herum, und in wenig Minuten ſind
ſie todt.

Nach dieſem Anfange fürchtete ich, die Jagd
möchte ein ſehr tragiſches Ende nehmen, und die
Pferde würden eins nach dem andern ertrinken.
Sind die Herren derſelben bekannt, ſo bezahlt man

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[39/0007] Aale, welche groſsen Waſſerſchlangen ähnlich an der Oberfläche ſchwimmen, und ihre Feinde verfol- gen: alles das gab ein höchſt mahleriſches Ganzes. Ich erinnerte mich dabei des berühmten Gemähldes, welches ein Pferd vorſtellt, das in eine Höhle tritt, und durch den Anblick eines Löwen entſetzt wird. Der Ausdruck des Schreckens iſt hier nicht ſtärker, als er in jenem ungleichen Kampfe ſich zeigte. In weniger als fünf Minuten waren zwei Pferde ertrunken. Die Aale, deren mehrere über 5 Fuſs Länge hatten, ſchlüpften den Pferden und Mauleſeln unter den Bauch, und gaben dann Entladungen ih- res ganzen electriſchen Organs. Dieſe Schläge tref- fen zugleich das Herz, die Eingeweide und beſon- ders das Nervengeflecht des Magens. Es iſt daher nicht zu verwundern, das der Fiſch auf ein groſses vierfüſsiges Thier viel mächtigere Wirkung, als auf einen Menſchen hervor bringt, der ihn nur mit den Extremitäten berührt. Doch zweifle ich, das der Zitteraal die Pferde tödtet; er betäubt ſie nur, wie ich glaube, durch die Erſchütterungsſchläge, die er ihnen hinter einander giebt; ſie fallen in eine tiefe Ohnmacht, und verſchwinden beſinnungslos unter dem Waſſer; die andern Pferde und Mauleſel treten auf ihnen herum, und in wenig Minuten ſind ſie todt. Nach dieſem Anfange fürchtete ich, die Jagd möchte ein ſehr tragiſches Ende nehmen, und die Pferde würden eins nach dem andern ertrinken. Sind die Herren derſelben bekannt, ſo bezahlt man

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Jagd und Kampf der electrischen Aale mit Pferden. In: Annalen der Physik, 25 (1807), S. 34-43, hier S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_jagd_1807/7>, abgerufen am 18.04.2024.