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Humboldt, Alexander von: Beobachtungen über das Gesetz der Wärmeabnahme in den höhern Regionen der Athmosphäre, und über die untern Gränzen des ewigen Schnees. In: Annalen der Physik, Bd. 24, St. 9 (1806), S. 1-49.

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7431 engl. Fuss (1161t) über die Meeresfläche er-
haben. Die Quelle bei Mr. Wallens House scheint
also die grosse Kälte von 13° vom Gipfel selbst zu
haben. In den Gebirgen von Cumana und Carac-
cas
habe ich mehrere ähnliche Beobachtungen über
die Temperatur der Gebirgsquellen angestellt, und
ebenfalls diese Quellen stets kälter gefunden, als
man nach ihrer Höhe hätte vermuthen sollen; so
z. B. eine Quelle in 680t Höhe von 13°,2, eine an-
dre in 505t Höhe von 13°,5, und eine dritte in 392t
Höhe von 16°,8 Wärme. Alle waren also wenig-
stens 3° kälter, als sie es nach der mittlern Tem-
peratur der Gegend sollten, wo sie ausbrechen.

So wie die Quellen, da, wo sie langsam in wei-
ten Gebirgsebenen fliessen, die wahre mittlere
Wärme anzeigen, so erkennt man diese auch in der
Temperatur der Höhlen. Wie schwer es indess ist,
diese so genannte innere Erdwärme auszumitteln,
und wie sehr Localverhältnisse darauf einwirken,
das habe ich bereits in meiner Schrift über die un-
terirdischen Gasarten durch Versuche gezeigt. Da
diese Erdwärme gewöhnlich in Kellern oder in
Bergwerken auf Querbrüchen und abgeworfnen
zimmerungslosen Stellen beobachtet wird, so hat
man bald mit äusserm Luftwechsel, bald mit Ver-
dampfung des nassen Gesteins, bald mit luftausbla-
senden trocknen Klüften, bald mit Wärmeentbin-
dung der sich zersetzenden Gang- und Gebirgsar-
ten zu kämpfen. Wenn ein Physiker mehrere Jah-
re lang auf dem Rücken der hohen Andeskette

7431 engl. Fuſs (1161t) über die Meeresfläche er-
haben. Die Quelle bei Mr. Wallens Houſe ſcheint
alſo die groſse Kälte von 13° vom Gipfel ſelbſt zu
haben. In den Gebirgen von Cumana und Carac-
cas
habe ich mehrere ähnliche Beobachtungen über
die Temperatur der Gebirgsquellen angeſtellt, und
ebenfalls dieſe Quellen ſtets kälter gefunden, als
man nach ihrer Höhe hätte vermuthen ſollen; ſo
z. B. eine Quelle in 680t Höhe von 13°,2, eine an-
dre in 505t Höhe von 13°,5, und eine dritte in 392t
Höhe von 16°,8 Wärme. Alle waren alſo wenig-
ſtens 3° kälter, als ſie es nach der mittlern Tem-
peratur der Gegend ſollten, wo ſie ausbrechen.

So wie die Quellen, da, wo ſie langſam in wei-
ten Gebirgsebenen flieſsen, die wahre mittlere
Wärme anzeigen, ſo erkennt man dieſe auch in der
Temperatur der Höhlen. Wie ſchwer es indeſs iſt,
dieſe ſo genannte innere Erdwärme auszumitteln,
und wie ſehr Localverhältniſſe darauf einwirken,
das habe ich bereits in meiner Schrift über die un-
terirdiſchen Gasarten durch Verſuche gezeigt. Da
dieſe Erdwärme gewöhnlich in Kellern oder in
Bergwerken auf Querbrüchen und abgeworfnen
zimmerungſloſen Stellen beobachtet wird, ſo hat
man bald mit äuſserm Luftwechſel, bald mit Ver-
dampfung des naſſen Geſteins, bald mit luftausbla-
ſenden trocknen Klüften, bald mit Wärmeentbin-
dung der ſich zerſetzenden Gang- und Gebirgsar-
ten zu kämpfen. Wenn ein Phyſiker mehrere Jah-
re lang auf dem Rücken der hohen Andeskette

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[46/0046] 7431 engl. Fuſs (1161t) über die Meeresfläche er- haben. Die Quelle bei Mr. Wallens Houſe ſcheint alſo die groſse Kälte von 13° vom Gipfel ſelbſt zu haben. In den Gebirgen von Cumana und Carac- cas habe ich mehrere ähnliche Beobachtungen über die Temperatur der Gebirgsquellen angeſtellt, und ebenfalls dieſe Quellen ſtets kälter gefunden, als man nach ihrer Höhe hätte vermuthen ſollen; ſo z. B. eine Quelle in 680t Höhe von 13°,2, eine an- dre in 505t Höhe von 13°,5, und eine dritte in 392t Höhe von 16°,8 Wärme. Alle waren alſo wenig- ſtens 3° kälter, als ſie es nach der mittlern Tem- peratur der Gegend ſollten, wo ſie ausbrechen. So wie die Quellen, da, wo ſie langſam in wei- ten Gebirgsebenen flieſsen, die wahre mittlere Wärme anzeigen, ſo erkennt man dieſe auch in der Temperatur der Höhlen. Wie ſchwer es indeſs iſt, dieſe ſo genannte innere Erdwärme auszumitteln, und wie ſehr Localverhältniſſe darauf einwirken, das habe ich bereits in meiner Schrift über die un- terirdiſchen Gasarten durch Verſuche gezeigt. Da dieſe Erdwärme gewöhnlich in Kellern oder in Bergwerken auf Querbrüchen und abgeworfnen zimmerungſloſen Stellen beobachtet wird, ſo hat man bald mit äuſserm Luftwechſel, bald mit Ver- dampfung des naſſen Geſteins, bald mit luftausbla- ſenden trocknen Klüften, bald mit Wärmeentbin- dung der ſich zerſetzenden Gang- und Gebirgsar- ten zu kämpfen. Wenn ein Phyſiker mehrere Jah- re lang auf dem Rücken der hohen Andeskette

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Beobachtungen über das Gesetz der Wärmeabnahme in den höhern Regionen der Athmosphäre, und über die untern Gränzen des ewigen Schnees. In: Annalen der Physik, Bd. 24, St. 9 (1806), S. 1-49, hier S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_gesetz_1806/46>, abgerufen am 25.04.2024.