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Humboldt, Alexander von: Beobachtungen über das Gesetz der Wärmeabnahme in den höhern Regionen der Athmosphäre, und über die untern Gränzen des ewigen Schnees. In: Annalen der Physik, Bd. 24, St. 9 (1806), S. 1-49.

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Toisen beträgt. Die Wärmeabnahme muss daher
im Winter nur in Zeiten gemessen werden, wenn
die tiefern Regionen noch mit Schnee bedeckt sind.
Und zu einer solchen Zeit ist sie langsamer als im
Sommer, nicht bloss, weil vielleicht die hohen
Schichten der Aequatorialluft dann schneller gegen
die Pole hinströmen, und unsre obere Atmosphäre
erwärmen, sondern auch, (und das ist wohl der vor-
züglichste Grund,) weil die Erdoberfläche in unsern
Klimaten von den schiefern Sonnenstrahlen getrof-
fen, im Winter wenig erwärmte Luft, und fast gar
keine strahlende Wärme in die höhern Regionen
schickt. Der Temperaturunterschied zwischen die-
sen und den untern Luftschichten ist dann, eben dess-
halb, geringer als im Sommer, indem dann die ganze
Atmosphäre sich dem Zustande des oben betrachteten
kernlosen Luftsphäroides naht. Der Erdball kann,
wo er in Schnee gehüllt ist, nur wenig auf die na-
hen Luftschichten wirken. Wo ihn Wasser bedeckt,
oder wo er den Winter über, (wie im südlichen
Europa
,) schneelos bleibt, da ist sein wärmender
Einfluss kein anderer, als der, welcher durch die,
jedem Planeten eigenthümliche Temperatur begrün-
det wird. Die langsamere Wärmeabnahme im Win-
ter lässt sich daher aus theoretischen Gründen
leicht einsehen. Dass die astronomische Strahlen-
brechung, selbst nach Correction von Luftelastici-
tät und Temperatur, bei heitern Wintertagen
stärker als bei heitern Sommertagen gefunden wird,

Toiſen beträgt. Die Wärmeabnahme muſs daher
im Winter nur in Zeiten gemeſſen werden, wenn
die tiefern Regionen noch mit Schnee bedeckt ſind.
Und zu einer ſolchen Zeit iſt ſie langſamer als im
Sommer, nicht bloſs, weil vielleicht die hohen
Schichten der Aequatorialluft dann ſchneller gegen
die Pole hinſtrömen, und unſre obere Atmoſphäre
erwärmen, ſondern auch, (und das iſt wohl der vor-
züglichſte Grund,) weil die Erdoberfläche in unſern
Klimaten von den ſchiefern Sonnenſtrahlen getrof-
fen, im Winter wenig erwärmte Luft, und faſt gar
keine ſtrahlende Wärme in die höhern Regionen
ſchickt. Der Temperaturunterſchied zwiſchen die-
ſen und den untern Luftſchichten iſt dann, eben deſs-
halb, geringer als im Sommer, indem dann die ganze
Atmoſphäre ſich dem Zuſtande des oben betrachteten
kernloſen Luftſphäroides naht. Der Erdball kann,
wo er in Schnee gehüllt iſt, nur wenig auf die na-
hen Luftſchichten wirken. Wo ihn Waſſer bedeckt,
oder wo er den Winter über, (wie im ſüdlichen
Europa
,) ſchneelos bleibt, da iſt ſein wärmender
Einfluſs kein anderer, als der, welcher durch die,
jedem Planeten eigenthümliche Temperatur begrün-
det wird. Die langſamere Wärmeabnahme im Win-
ter läſst ſich daher aus theoretiſchen Gründen
leicht einſehen. Daſs die aſtronomiſche Strahlen-
brechung, ſelbſt nach Correction von Luftelaſtici-
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[23/0024] Toiſen beträgt. Die Wärmeabnahme muſs daher im Winter nur in Zeiten gemeſſen werden, wenn die tiefern Regionen noch mit Schnee bedeckt ſind. Und zu einer ſolchen Zeit iſt ſie langſamer als im Sommer, nicht bloſs, weil vielleicht die hohen Schichten der Aequatorialluft dann ſchneller gegen die Pole hinſtrömen, und unſre obere Atmoſphäre erwärmen, ſondern auch, (und das iſt wohl der vor- züglichſte Grund,) weil die Erdoberfläche in unſern Klimaten von den ſchiefern Sonnenſtrahlen getrof- fen, im Winter wenig erwärmte Luft, und faſt gar keine ſtrahlende Wärme in die höhern Regionen ſchickt. Der Temperaturunterſchied zwiſchen die- ſen und den untern Luftſchichten iſt dann, eben deſs- halb, geringer als im Sommer, indem dann die ganze Atmoſphäre ſich dem Zuſtande des oben betrachteten kernloſen Luftſphäroides naht. Der Erdball kann, wo er in Schnee gehüllt iſt, nur wenig auf die na- hen Luftſchichten wirken. Wo ihn Waſſer bedeckt, oder wo er den Winter über, (wie im ſüdlichen Europa,) ſchneelos bleibt, da iſt ſein wärmender Einfluſs kein anderer, als der, welcher durch die, jedem Planeten eigenthümliche Temperatur begrün- det wird. Die langſamere Wärmeabnahme im Win- ter läſst ſich daher aus theoretiſchen Gründen leicht einſehen. Daſs die aſtronomiſche Strahlen- brechung, ſelbſt nach Correction von Luftelaſtici- tät und Temperatur, bei heitern Wintertagen ſtärker als bei heitern Sommertagen gefunden wird,

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Beobachtungen über das Gesetz der Wärmeabnahme in den höhern Regionen der Athmosphäre, und über die untern Gränzen des ewigen Schnees. In: Annalen der Physik, Bd. 24, St. 9 (1806), S. 1-49, hier S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_gesetz_1806/24>, abgerufen am 29.03.2024.