Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Zweite Abhandlung. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 44 (1838), S. 193-219.

Bild:
<< vorherige Seite

Carlos Montufar und der gelehrte Jose Caldas,
Schüler des grossen Botanikers Mutis, der wenige Jahre
nachher, wie unser Freund Montufar, als Gefangener des
Generals Morillo, erschossen wurde. Der Weg, den
wir verfolgten, war derselbe wie bei unserer ersten Bestei-
gung. Von dem Damme, der den Ziegelberg von der
Bergkuppe Tablauma scheidet, und auf dem ich den Sied-
punkt des Wassers zu 68°,97 R. gefunden, stiegen wir in
die Bimsstein-Ebene der Sienega del Volcan hinab. Bon-
pland
, der unsere schöne Sida pichinchensis in 2356
Toisen Höhe sammelte, und um die Wurzeln der wolli-
gen Culcitium rufescens zu untersuchen, bis zum unteren
Rande des ewigen Schnees aufklimmen musste, wurde
zwei Mal ohnmächtig -- gewiss nur als Folge der An-
strengung, nicht wegen Mangel an Luftdruck. Auch blu-
teten weder das Zahnfleisch, noch die Augen.

In der Mittagsstunde hatten wir die bereits so oft
besprochene Steinplatte neben oder vielmehr über dem
Crater erreicht. Das Ersteigen an dem Felsthurme schien
uns nun ganz leicht, wie immer, wenn, der Oertlichkeit
genau kundig, man sicher auftritt. Die bei der ersten
Besteigung beschriebene Spalte war nun ganz offen,
frei von Schnee. Wegen ihrer Schmalheit (nicht viel
über zwei Fuss) wurde sie leicht überschritten. Wie
übrigens die Steinplatte selbst, auf der wir ein Gra-
phometer neben dem Barometer bequem aufstellen konn-
ten, mit dem Crater - Rande nach unten zusammen-
hängt, wurde uns auch dieses Mal nicht ganz deutlich.
Ist die Warte ein vorspringender Altan oder der fla-
che Gipfel eines Felsens, der aus dem Boden des Ab-
grundes selbst aufsteigt? Ich wage es nicht zu entschei-
den, weiss aber durch Briefe aus Quito, das noch in
den nächsten Jahren nach meiner Abreise die Einwoh-
ner jene Steinplatte als einen Mirador (Belvedere des
Craters) mehrmals besucht haben. Die bläulichen be-
weglichen Lichter wurden wieder von allen Anwesen-
den im finsteren Theile des Craters deutlich erkannt. --

Carlos Montufar und der gelehrte Jose Caldas,
Schüler des groſsen Botanikers Mutis, der wenige Jahre
nachher, wie unser Freund Montufar, als Gefangener des
Generals Morillo, erschossen wurde. Der Weg, den
wir verfolgten, war derselbe wie bei unserer ersten Bestei-
gung. Von dem Damme, der den Ziegelberg von der
Bergkuppe Tablauma scheidet, und auf dem ich den Sied-
punkt des Wassers zu 68°,97 R. gefunden, stiegen wir in
die Bimsstein-Ebene der Sienega del Volcan hinab. Bon-
pland
, der unsere schöne Sida pichinchensis in 2356
Toisen Höhe sammelte, und um die Wurzeln der wolli-
gen Culcitium rufescens zu untersuchen, bis zum unteren
Rande des ewigen Schnees aufklimmen muſste, wurde
zwei Mal ohnmächtig — gewiſs nur als Folge der An-
strengung, nicht wegen Mangel an Luftdruck. Auch blu-
teten weder das Zahnfleisch, noch die Augen.

In der Mittagsstunde hatten wir die bereits so oft
besprochene Steinplatte neben oder vielmehr über dem
Crater erreicht. Das Ersteigen an dem Felsthurme schien
uns nun ganz leicht, wie immer, wenn, der Oertlichkeit
genau kundig, man sicher auftritt. Die bei der ersten
Besteigung beschriebene Spalte war nun ganz offen,
frei von Schnee. Wegen ihrer Schmalheit (nicht viel
über zwei Fuſs) wurde sie leicht überschritten. Wie
übrigens die Steinplatte selbst, auf der wir ein Gra-
phometer neben dem Barometer bequem aufstellen konn-
ten, mit dem Crater - Rande nach unten zusammen-
hängt, wurde uns auch dieses Mal nicht ganz deutlich.
Ist die Warte ein vorspringender Altan oder der fla-
che Gipfel eines Felsens, der aus dem Boden des Ab-
grundes selbst aufsteigt? Ich wage es nicht zu entschei-
den, weiſs aber durch Briefe aus Quito, das noch in
den nächsten Jahren nach meiner Abreise die Einwoh-
ner jene Steinplatte als einen Mirador (Belvedere des
Craters) mehrmals besucht haben. Die bläulichen be-
weglichen Lichter wurden wieder von allen Anwesen-
den im finsteren Theile des Craters deutlich erkannt. —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0025" n="217"/><hi rendition="#g">Carlos Montufar</hi> und der gelehrte <hi rendition="#g">Jose Caldas</hi>,<lb/>
Schüler des gro&#x017F;sen Botanikers <hi rendition="#g">Mutis</hi>, der wenige Jahre<lb/>
nachher, wie unser Freund <hi rendition="#g">Montufar</hi>, als Gefangener des<lb/>
Generals <hi rendition="#g">Morillo</hi>, erschossen wurde. Der Weg, den<lb/>
wir verfolgten, war derselbe wie bei unserer ersten Bestei-<lb/>
gung. Von dem Damme, der den Ziegelberg von der<lb/>
Bergkuppe Tablauma scheidet, und auf dem ich den Sied-<lb/>
punkt des Wassers zu 68°,97 R. gefunden, stiegen wir in<lb/>
die Bimsstein-Ebene der Sienega del Volcan hinab. <hi rendition="#g">Bon-<lb/>
pland</hi>, der unsere schöne <hi rendition="#i">Sida pichinchensis</hi> in 2356<lb/>
Toisen Höhe sammelte, und um die Wurzeln der wolli-<lb/>
gen <hi rendition="#i">Culcitium rufescens</hi> zu untersuchen, bis zum unteren<lb/>
Rande des ewigen Schnees aufklimmen mu&#x017F;ste, wurde<lb/>
zwei Mal ohnmächtig &#x2014; gewi&#x017F;s nur als Folge der An-<lb/>
strengung, nicht wegen Mangel an Luftdruck. Auch blu-<lb/>
teten weder das Zahnfleisch, noch die Augen.</p><lb/>
          <p>In der Mittagsstunde hatten wir die bereits so oft<lb/>
besprochene Steinplatte neben oder vielmehr über dem<lb/>
Crater erreicht. Das Ersteigen an dem Felsthurme schien<lb/>
uns nun ganz leicht, wie immer, wenn, der Oertlichkeit<lb/>
genau kundig, man sicher auftritt. Die bei der ersten<lb/>
Besteigung beschriebene Spalte war nun ganz offen,<lb/>
frei von Schnee. Wegen ihrer Schmalheit (nicht viel<lb/>
über zwei Fu&#x017F;s) wurde sie leicht überschritten. Wie<lb/>
übrigens die Steinplatte selbst, auf der wir ein Gra-<lb/>
phometer neben dem Barometer bequem aufstellen konn-<lb/>
ten, mit dem Crater - Rande nach unten zusammen-<lb/>
hängt, wurde uns auch dieses Mal nicht ganz deutlich.<lb/>
Ist die Warte ein vorspringender Altan oder der fla-<lb/>
che Gipfel eines Felsens, der aus dem Boden des Ab-<lb/>
grundes selbst aufsteigt? Ich wage es nicht zu entschei-<lb/>
den, wei&#x017F;s aber durch Briefe aus Quito, das noch in<lb/>
den nächsten Jahren nach meiner Abreise die Einwoh-<lb/>
ner jene Steinplatte als einen <hi rendition="#i">Mirador</hi> (<hi rendition="#i">Belvedere</hi> des<lb/>
Craters) mehrmals besucht haben. Die bläulichen be-<lb/>
weglichen Lichter wurden wieder von allen Anwesen-<lb/>
den im finsteren Theile des Craters deutlich erkannt. &#x2014;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0025] Carlos Montufar und der gelehrte Jose Caldas, Schüler des groſsen Botanikers Mutis, der wenige Jahre nachher, wie unser Freund Montufar, als Gefangener des Generals Morillo, erschossen wurde. Der Weg, den wir verfolgten, war derselbe wie bei unserer ersten Bestei- gung. Von dem Damme, der den Ziegelberg von der Bergkuppe Tablauma scheidet, und auf dem ich den Sied- punkt des Wassers zu 68°,97 R. gefunden, stiegen wir in die Bimsstein-Ebene der Sienega del Volcan hinab. Bon- pland, der unsere schöne Sida pichinchensis in 2356 Toisen Höhe sammelte, und um die Wurzeln der wolli- gen Culcitium rufescens zu untersuchen, bis zum unteren Rande des ewigen Schnees aufklimmen muſste, wurde zwei Mal ohnmächtig — gewiſs nur als Folge der An- strengung, nicht wegen Mangel an Luftdruck. Auch blu- teten weder das Zahnfleisch, noch die Augen. In der Mittagsstunde hatten wir die bereits so oft besprochene Steinplatte neben oder vielmehr über dem Crater erreicht. Das Ersteigen an dem Felsthurme schien uns nun ganz leicht, wie immer, wenn, der Oertlichkeit genau kundig, man sicher auftritt. Die bei der ersten Besteigung beschriebene Spalte war nun ganz offen, frei von Schnee. Wegen ihrer Schmalheit (nicht viel über zwei Fuſs) wurde sie leicht überschritten. Wie übrigens die Steinplatte selbst, auf der wir ein Gra- phometer neben dem Barometer bequem aufstellen konn- ten, mit dem Crater - Rande nach unten zusammen- hängt, wurde uns auch dieses Mal nicht ganz deutlich. Ist die Warte ein vorspringender Altan oder der fla- che Gipfel eines Felsens, der aus dem Boden des Ab- grundes selbst aufsteigt? Ich wage es nicht zu entschei- den, weiſs aber durch Briefe aus Quito, das noch in den nächsten Jahren nach meiner Abreise die Einwoh- ner jene Steinplatte als einen Mirador (Belvedere des Craters) mehrmals besucht haben. Die bläulichen be- weglichen Lichter wurden wieder von allen Anwesen- den im finsteren Theile des Craters deutlich erkannt. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_geognostisch_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_geognostisch_1838/25
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Zweite Abhandlung. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 44 (1838), S. 193-219, hier S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_geognostisch_1838/25>, abgerufen am 25.04.2024.