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Humboldt, Alexander von: Geognostisches Gemälde von Süd-Amerika. In: Zeitschrift für Mineralogie, Bd. 2 (1826), S. 97-124 und 481-500.

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Geognosten nöthigen, selbst da scharf zu trennen,
wo Zweifel bleiben, wenn nicht in Betreff der La-
gerung oder Ueberlagerung, dennoch in Hinsicht der
Zahl nicht entwickelter Formazionen. Wie soll man,
unter diesen oder jenen Umständen, über die Ana-
logieen absprechen, welche ein, an Versteinerungen
sehr armer, Kalk mit dem Uebergangskalke und dem
Zechsteine, ein auf Urfelsarten ruhender Sandstein
mit dem bunten oder mit dem Quader-Sandsteine,
oder ein salzführender Thon mit dem red Marl der
Engländer und dem Steinsalze der terziären Gebilde
Italiens, darbieten können? Bedenkt man die uner-
messlichen Fortschritte, welche die Kenntniss von
der Ueberlagerung der Gesteine seit fünf und zwan-
zig Jahren gemacht, so kann es keine Verwunde-
rung erregen, wenn die Meinung, welche ich ge-
genwärtig in Betreff des relativen Alters der Forma-
zionen von Aequinokzial-Amerika ausspreche, nicht
mit derjenigen im Einklange ist, die im Jahre 1800
von mir dargelegt wurde. Meinungs-Beständigkeit
im Geognostischen wäre Gedanken-Trägheit, ein
Stillestehen in der Mitte der Vorschreitenden. Was
an irgend einer Stelle der Erde, hinsichtlich der Zu-
sammensezzung der Felsarten, beobachtet wird, über
die untergeordneten Lager, welche sie einschliessen,
oder über ihre Lagerungs-Folge. Alles dieses sind
Thatsachen von unabänderlicher Wahrheit, und un-
abhängig von den Fortschritten positiver Geognosie
in andern Gegenden, während die systematischen
Namen, zur Bezeichnung dieser oder jener Forma-

Geognosten nöthigen, selbst da scharf zu trennen,
wo Zweifel bleiben, wenn nicht in Betreff der La-
gerung oder Ueberlagerung, dennoch in Hinsicht der
Zahl nicht entwickelter Formazionen. Wie soll man,
unter diesen oder jenen Umständen, über die Ana-
logieen absprechen, welche ein, an Versteinerungen
sehr armer, Kalk mit dem Uebergangskalke und dem
Zechsteine, ein auf Urfelsarten ruhender Sandstein
mit dem bunten oder mit dem Quader-Sandsteine,
oder ein salzführender Thon mit dem red Marl der
Engländer und dem Steinsalze der terziären Gebilde
Italiens, darbieten können? Bedenkt man die uner-
meſslichen Fortschritte, welche die Kenntniſs von
der Ueberlagerung der Gesteine seit fünf und zwan-
zig Jahren gemacht, so kann es keine Verwunde-
rung erregen, wenn die Meinung, welche ich ge-
genwärtig in Betreff des relativen Alters der Forma-
zionen von Aequinokzial-Amerika ausspreche, nicht
mit derjenigen im Einklange ist, die im Jahre 1800
von mir dargelegt wurde. Meinungs-Beständigkeit
im Geognostischen wäre Gedanken-Trägheit, ein
Stillestehen in der Mitte der Vorschreitenden. Was
an irgend einer Stelle der Erde, hinsichtlich der Zu-
sammensezzung der Felsarten, beobachtet wird, über
die untergeordneten Lager, welche sie einschlieſsen,
oder über ihre Lagerungs-Folge. Alles dieses sind
Thatsachen von unabänderlicher Wahrheit, und un-
abhängig von den Fortschritten positiver Geognosie
in andern Gegenden, während die systematischen
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[98/0005] Geognosten nöthigen, selbst da scharf zu trennen, wo Zweifel bleiben, wenn nicht in Betreff der La- gerung oder Ueberlagerung, dennoch in Hinsicht der Zahl nicht entwickelter Formazionen. Wie soll man, unter diesen oder jenen Umständen, über die Ana- logieen absprechen, welche ein, an Versteinerungen sehr armer, Kalk mit dem Uebergangskalke und dem Zechsteine, ein auf Urfelsarten ruhender Sandstein mit dem bunten oder mit dem Quader-Sandsteine, oder ein salzführender Thon mit dem red Marl der Engländer und dem Steinsalze der terziären Gebilde Italiens, darbieten können? Bedenkt man die uner- meſslichen Fortschritte, welche die Kenntniſs von der Ueberlagerung der Gesteine seit fünf und zwan- zig Jahren gemacht, so kann es keine Verwunde- rung erregen, wenn die Meinung, welche ich ge- genwärtig in Betreff des relativen Alters der Forma- zionen von Aequinokzial-Amerika ausspreche, nicht mit derjenigen im Einklange ist, die im Jahre 1800 von mir dargelegt wurde. Meinungs-Beständigkeit im Geognostischen wäre Gedanken-Trägheit, ein Stillestehen in der Mitte der Vorschreitenden. Was an irgend einer Stelle der Erde, hinsichtlich der Zu- sammensezzung der Felsarten, beobachtet wird, über die untergeordneten Lager, welche sie einschlieſsen, oder über ihre Lagerungs-Folge. Alles dieses sind Thatsachen von unabänderlicher Wahrheit, und un- abhängig von den Fortschritten positiver Geognosie in andern Gegenden, während die systematischen Namen, zur Bezeichnung dieser oder jener Forma-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Geognostisches Gemälde von Süd-Amerika. In: Zeitschrift für Mineralogie, Bd. 2 (1826), S. 97-124 und 481-500, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_gemaelde_1826/5>, abgerufen am 28.03.2024.