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Humboldt, Alexander von: Über die Chinawälder in Südamerika. In: Magazin für die neusten Entdeckungen in der gesammten Naturkunde, 1. Jg. (1807), S. 57-68, 104-120.

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in Südamerika.
studirte 3 Jahr in Madrid und begleitete 1760 aus Liebe zur Botanik den
Vicekönig Don Pedro Mesia de la Cerda als Leibarzt nach Santa Fe.
Er lebte lange in den Bezirken von Pampelona und de la Montuosa,
ein Name, aus welchem Linne zu Herrn Mutis grösstem Missvergnügen
Mexico gemacht hat, so dass der schwedische Botaniker alle neu-gre-
nadische Pflanzen, die er von der Montuosa erhielt, als mexikanische
aufgeführt hat*). Dieser Irrthum ist um so wunderbarer, da Linne, der
mit Mutis stets über Carthagena de Yndias correspondirte, wohl mer-
ken musste, dass dieser sich nie in Mexico aufhielt. Die Abwesenheit
des letztern in den Bergwerken nördlich von S. Fe hatte ihn von den
Chinawäldern von Mave, Gascas und den Aseradero entfernt gehalten.
Mutis giebt in einem Berichte an den Vicekönig Don Manuel Antonio
Florez
als Grund der spätern Auffindung der Cinchona an, dass bis 1772
alle seine botanische Excursionen ausserhalb der ersten 5° nördl. Breite
erichtet gewesen wären, welche er für das ausschliessliche Vaterland derg
Fieberrinde in der nördlichen Hemisphäre hielt. Der grosse Naturfor-
scher ahndete damals noch nicht, dass man bald darauf Cinchona bis
zur Mündung des Rio Opon, ja bis Santa Martha, also bis zum 10°
N. Br. entdecken würde.

Mutis hatte sich 1761 die ersten trocknen Exemplare der gelben
China von Loxa (C. cordifolia) durch den Münzdirektor Santisteva ver-
schafft. Nach dieser wurde das genus Cinchona so festgestellt, wie er
es an Linne mittheilte. Im Jahr 1772, als Mutis mit seinem Freunde
Don Pedro Ugarte durch den Wald von Tena unfern dem Gebirgs-
abhange von S. Fe ritt, entdeckte er Fieberrindenbäume. Ein Jahr dar-
auf fand er sie auch zwischen Honda und Guaduas und überreichte dem
Vicekönig Don Manuel de Guirior, der sich eben auf dem Magdalenen-
strome ausgeschifft hatte, einen blühenden Strauss der Cinchona, als ein
neu entdecktes kostbares Erzeugniss dieses Landes, welches die Natur
überdies mit aromatischen Muskatnüssen, (Myristica Otoba) mit einem
vortreflichen Zimmtlorbeer, (Laurus cinnamoides Mut.) mit gewürzhaf-
ten Puchery oder Todaspecie, (Laurus Putseri Mut.) mit Mandeln,
(Caryocar amigdaliferum Mut.) mit vier Arten von Styrax, mit dem
Balsam von Tolu, (Tuluifera indica) mit einem Theebaume (Alstonia
theaeformis Mut.)
mit Ipecacacuanha, (Psychotria emetica Mut.) mit
Wachspalmen (Ceroxylon andicola Humb.) mit Caranniaharz (Aegine-
tia caranifera Mut.)
mit Winterscher Rinde, (Wintera grenadensis) mit
Quassia Simaruba und mit den köstlichsten Farbenhölzern bereichert hat.

Es ist in der Geschichte der Wissenschaften sehr gewöhnlich, dass

*) Zum Beispiel: Manettia reclinata.

in Südamerika.
studirte 3 Jahr in Madrid und begleitete 1760 aus Liebe zur Botanik den
Vicekönig Don Pedro Mesia de la Cerda als Leibarzt nach Santa Fe.
Er lebte lange in den Bezirken von Pampelona und de la Montuosa,
ein Name, aus welchem Linné zu Herrn Mutis gröſstem Miſsvergnügen
Mexico gemacht hat, so daſs der schwedische Botaniker alle neu-gre-
nadische Pflanzen, die er von der Montuosa erhielt, als mexikanische
aufgeführt hat*). Dieser Irrthum ist um so wunderbarer, da Linné, der
mit Mutis stets über Carthagena de Yndias correspondirte, wohl mer-
ken muſste, daſs dieser sich nie in Mexico aufhielt. Die Abwesenheit
des letztern in den Bergwerken nördlich von S. Fe hatte ihn von den
Chinawäldern von Mave, Gascas und den Aseradero entfernt gehalten.
Mutis giebt in einem Berichte an den Vicekönig Don Manuel Antonio
Florez
als Grund der spätern Auffindung der Cinchona an, daſs bis 1772
alle seine botanische Excursionen auſserhalb der ersten 5° nördl. Breite
erichtet gewesen wären, welche er für das ausschlieſsliche Vaterland derg
Fieberrinde in der nördlichen Hemisphäre hielt. Der groſse Naturfor-
scher ahndete damals noch nicht, daſs man bald darauf Cinchona bis
zur Mündung des Rio Opon, ja bis Santa Martha, also bis zum 10°
N. Br. entdecken würde.

Mutis hatte sich 1761 die ersten trocknen Exemplare der gelben
China von Loxa (C. cordifolia) durch den Münzdirektor Santisteva ver-
schafft. Nach dieser wurde das genus Cinchona so festgestellt, wie er
es an Linné mittheilte. Im Jahr 1772, als Mutis mit seinem Freunde
Don Pedro Ugarte durch den Wald von Tena unfern dem Gebirgs-
abhange von S. Fe ritt, entdeckte er Fieberrindenbäume. Ein Jahr dar-
auf fand er sie auch zwischen Honda und Guaduas und überreichte dem
Vicekönig Don Manuel de Guirior, der sich eben auf dem Magdalenen-
strome ausgeschifft hatte, einen blühenden Strauſs der Cinchona, als ein
neu entdecktes kostbares Erzeugniſs dieses Landes, welches die Natur
überdies mit aromatischen Muskatnüssen, (Myristica Otoba) mit einem
vortreflichen Zimmtlorbeer, (Laurus cinnamoides Mut.) mit gewürzhaf-
ten Puchery oder Todaspecie, (Laurus Putseri Mut.) mit Mandeln,
(Caryocar amigdaliferum Mut.) mit vier Arten von Styrax, mit dem
Balsam von Tolu, (Tuluifera indica) mit einem Theebaume (Alstonia
theaeformis Mut.)
mit Ipecacacuanha, (Psychotria emetica Mut.) mit
Wachspalmen (Ceroxylon andicola Humb.) mit Caranniaharz (Aegine-
tia caranifera Mut.)
mit Winterscher Rinde, (Wintera grenadensis) mit
Quassia Simaruba und mit den köstlichsten Farbenhölzern bereichert hat.

Es ist in der Geschichte der Wissenschaften sehr gewöhnlich, daſs

*) Zum Beispiel: Manettia reclinata.
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[63/0008] in Südamerika. studirte 3 Jahr in Madrid und begleitete 1760 aus Liebe zur Botanik den Vicekönig Don Pedro Mesia de la Cerda als Leibarzt nach Santa Fe. Er lebte lange in den Bezirken von Pampelona und de la Montuosa, ein Name, aus welchem Linné zu Herrn Mutis gröſstem Miſsvergnügen Mexico gemacht hat, so daſs der schwedische Botaniker alle neu-gre- nadische Pflanzen, die er von der Montuosa erhielt, als mexikanische aufgeführt hat *). Dieser Irrthum ist um so wunderbarer, da Linné, der mit Mutis stets über Carthagena de Yndias correspondirte, wohl mer- ken muſste, daſs dieser sich nie in Mexico aufhielt. Die Abwesenheit des letztern in den Bergwerken nördlich von S. Fe hatte ihn von den Chinawäldern von Mave, Gascas und den Aseradero entfernt gehalten. Mutis giebt in einem Berichte an den Vicekönig Don Manuel Antonio Florez als Grund der spätern Auffindung der Cinchona an, daſs bis 1772 alle seine botanische Excursionen auſserhalb der ersten 5° nördl. Breite erichtet gewesen wären, welche er für das ausschlieſsliche Vaterland derg Fieberrinde in der nördlichen Hemisphäre hielt. Der groſse Naturfor- scher ahndete damals noch nicht, daſs man bald darauf Cinchona bis zur Mündung des Rio Opon, ja bis Santa Martha, also bis zum 10° N. Br. entdecken würde. Mutis hatte sich 1761 die ersten trocknen Exemplare der gelben China von Loxa (C. cordifolia) durch den Münzdirektor Santisteva ver- schafft. Nach dieser wurde das genus Cinchona so festgestellt, wie er es an Linné mittheilte. Im Jahr 1772, als Mutis mit seinem Freunde Don Pedro Ugarte durch den Wald von Tena unfern dem Gebirgs- abhange von S. Fe ritt, entdeckte er Fieberrindenbäume. Ein Jahr dar- auf fand er sie auch zwischen Honda und Guaduas und überreichte dem Vicekönig Don Manuel de Guirior, der sich eben auf dem Magdalenen- strome ausgeschifft hatte, einen blühenden Strauſs der Cinchona, als ein neu entdecktes kostbares Erzeugniſs dieses Landes, welches die Natur überdies mit aromatischen Muskatnüssen, (Myristica Otoba) mit einem vortreflichen Zimmtlorbeer, (Laurus cinnamoides Mut.) mit gewürzhaf- ten Puchery oder Todaspecie, (Laurus Putseri Mut.) mit Mandeln, (Caryocar amigdaliferum Mut.) mit vier Arten von Styrax, mit dem Balsam von Tolu, (Tuluifera indica) mit einem Theebaume (Alstonia theaeformis Mut.) mit Ipecacacuanha, (Psychotria emetica Mut.) mit Wachspalmen (Ceroxylon andicola Humb.) mit Caranniaharz (Aegine- tia caranifera Mut.) mit Winterscher Rinde, (Wintera grenadensis) mit Quassia Simaruba und mit den köstlichsten Farbenhölzern bereichert hat. Es ist in der Geschichte der Wissenschaften sehr gewöhnlich, daſs *) Zum Beispiel: Manettia reclinata.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über die Chinawälder in Südamerika. In: Magazin für die neusten Entdeckungen in der gesammten Naturkunde, 1. Jg. (1807), S. 57-68, 104-120, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_chinawaelder_1807/8>, abgerufen am 24.04.2024.