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Humboldt, Alexander von: Über die Hochebene von Bogota. In: Ders.: Kleinere Schriften. Erster Band. Geognostische und physikalische Erinnerungen. Stuttgart und Tübingen, 1853, S. 100-132.

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ununterbrochenen Berggehänge. Ja in einem und demselben Plateau sind die Punkte, welche am Rande liegen, wie Boussingault sehr richtig bemerkt hat, schon bisweilen um 1°,2 kälter als die Mitte. Herabsteigende Luftströme, welche die Gestalt des Abhanges und seine Stellung zu der Richtung der herrschenden Winde veranlassen, tragen zu diesem Unterschiede bei; sie werden dem Ackerbau schädlich, besonders der Cultur europäischer Cerealien und des Maises; ja in Hochebenen, die, wie die peruanischen Felder um Caramarca, über 7800 Fuß hoch liegen, wird das Erfrieren durch nächtliche Strahlung des Bodens gegen einen heiteren, dunstfreien Himmel durch den Einfluß unbewegter und überaus dünner Luftschichten vermehrt. Aber außer diesen allgemeinen, von der absoluten Höhe abhangenden Verhältnissen ist das individuelle, locale Klima der Bergebenen durch ihren Vegetations-Zustand, durch die Gestalt der umgebenden nächsten Felsmassen, ihre Verkettung und Farbe durch den periodischen Gang der Störungen im electrischen Gleichgewicht der Atmosphäre bedingt. Jene kleinen Tafelländer sind nicht sowohl Inseln im freien Luftmeere; sie sind vielmehr Ebenen, die am Fuße mächtiger Felsenwände, gleichsam schroffer, mannigfach geformter Vorgebirge, hingestreckt liegen. Numerische Resultate der mittleren Tag- und Nacht-Temperaturen geben, bei dem verwickelten Gange der meteorologischen Prozesse, allein kein treues Bild der localen Klimate. Auch von der Seite bietet in der glücklichen Tropen-Zone die kleinste Raumfläche die höchstmögliche Mannigfaltigkeit von Naturerscheinungen dar, sei es in den meteorisch vorübergehenden oder in den durch innere Entwickelung sich ewig erneuernden des organischen Lebens.

ununterbrochenen Berggehänge. Ja in einem und demselben Plateau sind die Punkte, welche am Rande liegen, wie Boussingault sehr richtig bemerkt hat, schon bisweilen um 1°,2 kälter als die Mitte. Herabsteigende Luftströme, welche die Gestalt des Abhanges und seine Stellung zu der Richtung der herrschenden Winde veranlassen, tragen zu diesem Unterschiede bei; sie werden dem Ackerbau schädlich, besonders der Cultur europäischer Cerealien und des Maises; ja in Hochebenen, die, wie die peruanischen Felder um Caramarca, über 7800 Fuß hoch liegen, wird das Erfrieren durch nächtliche Strahlung des Bodens gegen einen heiteren, dunstfreien Himmel durch den Einfluß unbewegter und überaus dünner Luftschichten vermehrt. Aber außer diesen allgemeinen, von der absoluten Höhe abhangenden Verhältnissen ist das individuelle, locale Klima der Bergebenen durch ihren Vegetations-Zustand, durch die Gestalt der umgebenden nächsten Felsmassen, ihre Verkettung und Farbe durch den periodischen Gang der Störungen im electrischen Gleichgewicht der Atmosphäre bedingt. Jene kleinen Tafelländer sind nicht sowohl Inseln im freien Luftmeere; sie sind vielmehr Ebenen, die am Fuße mächtiger Felsenwände, gleichsam schroffer, mannigfach geformter Vorgebirge, hingestreckt liegen. Numerische Resultate der mittleren Tag- und Nacht-Temperaturen geben, bei dem verwickelten Gange der meteorologischen Prozesse, allein kein treues Bild der localen Klimate. Auch von der Seite bietet in der glücklichen Tropen-Zone die kleinste Raumfläche die höchstmögliche Mannigfaltigkeit von Naturerscheinungen dar, sei es in den meteorisch vorübergehenden oder in den durch innere Entwickelung sich ewig erneuernden des organischen Lebens.

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[104/0006] ununterbrochenen Berggehänge. Ja in einem und demselben Plateau sind die Punkte, welche am Rande liegen, wie Boussingault sehr richtig bemerkt hat, schon bisweilen um 1°,2 kälter als die Mitte. Herabsteigende Luftströme, welche die Gestalt des Abhanges und seine Stellung zu der Richtung der herrschenden Winde veranlassen, tragen zu diesem Unterschiede bei; sie werden dem Ackerbau schädlich, besonders der Cultur europäischer Cerealien und des Maises; ja in Hochebenen, die, wie die peruanischen Felder um Caramarca, über 7800 Fuß hoch liegen, wird das Erfrieren durch nächtliche Strahlung des Bodens gegen einen heiteren, dunstfreien Himmel durch den Einfluß unbewegter und überaus dünner Luftschichten vermehrt. Aber außer diesen allgemeinen, von der absoluten Höhe abhangenden Verhältnissen ist das individuelle, locale Klima der Bergebenen durch ihren Vegetations-Zustand, durch die Gestalt der umgebenden nächsten Felsmassen, ihre Verkettung und Farbe durch den periodischen Gang der Störungen im electrischen Gleichgewicht der Atmosphäre bedingt. Jene kleinen Tafelländer sind nicht sowohl Inseln im freien Luftmeere; sie sind vielmehr Ebenen, die am Fuße mächtiger Felsenwände, gleichsam schroffer, mannigfach geformter Vorgebirge, hingestreckt liegen. Numerische Resultate der mittleren Tag- und Nacht-Temperaturen geben, bei dem verwickelten Gange der meteorologischen Prozesse, allein kein treues Bild der localen Klimate. Auch von der Seite bietet in der glücklichen Tropen-Zone die kleinste Raumfläche die höchstmögliche Mannigfaltigkeit von Naturerscheinungen dar, sei es in den meteorisch vorübergehenden oder in den durch innere Entwickelung sich ewig erneuernden des organischen Lebens.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über die Hochebene von Bogota. In: Ders.: Kleinere Schriften. Erster Band. Geognostische und physikalische Erinnerungen. Stuttgart und Tübingen, 1853, S. 100-132, hier S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_bogota_1853/6>, abgerufen am 23.04.2024.