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Humboldt, Alexander von: Über die Hochebene von Bogota. In: Ders.: Kleinere Schriften. Erster Band. Geognostische und physikalische Erinnerungen. Stuttgart und Tübingen, 1853, S. 100-132.

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Bogota nennt man jene Kuppen Paramo de Ruiz, die lange Mauer Mesa oder Paramo de Erve, auch Herveo. Ueber die Richtigkeit der letzteren Benennung ist aber, bei Gelegenheit eines neuen vulkanischen Ausbruchs1 im Paramo de Ruiz, ein noch ungeschlichteter Streit entstanden. Tolima ist nach dem Cotopaxi der schönste, regelmäßigst geformte Kegelberg, den ich unter allen Vulkanen gesehen. Die Schneedecke umhüllt alle Unebenheiten des Abhanges. Roulin hat das Verdienst, in einem Manuscripte des Padre Simon die Beschreibung einer Eruption des Tolima vom 12 März 1595 aufgefunden zu haben; ich sage: das Verdienst; denn nördlich vom Vulkan Purace bei Popayan (Breite 2°17') war bisher, in der ganzen Andeskette bis nach Costa Rica und Nicaragua hin, kein einziger in historischen Zeiten thätiger Vulkan bekannt. Die Entfernung vom Tolima bis Purace ist 40 geographische Meilen. Beide Trachytberge gehören zu derselben Kette, nämlich zu der mittleren Cordillere. Solche Betrachtungen geben einem Schneeberge, der am Horizonte aufsteigt, ein eigenes Interesse; und nach dem großartigen Eindruck, den man empfangen, traut man Anfangs kaum seinen Instrumenten, wenn man sieht, daß der Gipfel der Pyramide von Tolima in dem oberen Theile der Stadt Bogota, ohne Correction für Strahlenbrechung, nur unter einem Höhenwinkel von 32 Minuten über dem Horizont erscheint.

1 Ausbruch von 1828, gesehen von den Höhen des Raizal bei Guaduas, wie auch zu Marmato, westlich vom Rio Cauca. Siehe meine Fragmens asiatiques T. I. p. 157 und T. II. p. 602. Ein genauer Beobachter, Herr Carl Degenhardt, der erst im vorigen Jahre (1836) den Bergwerks-District von Marmato verlassen hatte, versicherte mich, daß noch jetzt Rauchsäulen aufsteigen.

Bogota nennt man jene Kuppen Paramo de Ruiz, die lange Mauer Mesa oder Paramo de Erve, auch Herveo. Ueber die Richtigkeit der letzteren Benennung ist aber, bei Gelegenheit eines neuen vulkanischen Ausbruchs1 im Paramo de Ruiz, ein noch ungeschlichteter Streit entstanden. Tolima ist nach dem Cotopaxi der schönste, regelmäßigst geformte Kegelberg, den ich unter allen Vulkanen gesehen. Die Schneedecke umhüllt alle Unebenheiten des Abhanges. Roulin hat das Verdienst, in einem Manuscripte des Padre Simon die Beschreibung einer Eruption des Tolima vom 12 März 1595 aufgefunden zu haben; ich sage: das Verdienst; denn nördlich vom Vulkan Purace bei Popayan (Breite 2°17′) war bisher, in der ganzen Andeskette bis nach Costa Rica und Nicaragua hin, kein einziger in historischen Zeiten thätiger Vulkan bekannt. Die Entfernung vom Tolima bis Purace ist 40 geographische Meilen. Beide Trachytberge gehören zu derselben Kette, nämlich zu der mittleren Cordillere. Solche Betrachtungen geben einem Schneeberge, der am Horizonte aufsteigt, ein eigenes Interesse; und nach dem großartigen Eindruck, den man empfangen, traut man Anfangs kaum seinen Instrumenten, wenn man sieht, daß der Gipfel der Pyramide von Tolima in dem oberen Theile der Stadt Bogota, ohne Correction für Strahlenbrechung, nur unter einem Höhenwinkel von 32 Minuten über dem Horizont erscheint.

1 Ausbruch von 1828, gesehen von den Höhen des Raizal bei Guaduas, wie auch zu Marmato, westlich vom Rio Cauca. Siehe meine Fragmens asiatiques T. I. p. 157 und T. II. p. 602. Ein genauer Beobachter, Herr Carl Degenhardt, der erst im vorigen Jahre (1836) den Bergwerks-District von Marmato verlassen hatte, versicherte mich, daß noch jetzt Rauchsäulen aufsteigen.
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[109/0011] Bogota nennt man jene Kuppen Paramo de Ruiz, die lange Mauer Mesa oder Paramo de Erve, auch Herveo. Ueber die Richtigkeit der letzteren Benennung ist aber, bei Gelegenheit eines neuen vulkanischen Ausbruchs 1 im Paramo de Ruiz, ein noch ungeschlichteter Streit entstanden. Tolima ist nach dem Cotopaxi der schönste, regelmäßigst geformte Kegelberg, den ich unter allen Vulkanen gesehen. Die Schneedecke umhüllt alle Unebenheiten des Abhanges. Roulin hat das Verdienst, in einem Manuscripte des Padre Simon die Beschreibung einer Eruption des Tolima vom 12 März 1595 aufgefunden zu haben; ich sage: das Verdienst; denn nördlich vom Vulkan Purace bei Popayan (Breite 2°17′) war bisher, in der ganzen Andeskette bis nach Costa Rica und Nicaragua hin, kein einziger in historischen Zeiten thätiger Vulkan bekannt. Die Entfernung vom Tolima bis Purace ist 40 geographische Meilen. Beide Trachytberge gehören zu derselben Kette, nämlich zu der mittleren Cordillere. Solche Betrachtungen geben einem Schneeberge, der am Horizonte aufsteigt, ein eigenes Interesse; und nach dem großartigen Eindruck, den man empfangen, traut man Anfangs kaum seinen Instrumenten, wenn man sieht, daß der Gipfel der Pyramide von Tolima in dem oberen Theile der Stadt Bogota, ohne Correction für Strahlenbrechung, nur unter einem Höhenwinkel von 32 Minuten über dem Horizont erscheint. 1 Ausbruch von 1828, gesehen von den Höhen des Raizal bei Guaduas, wie auch zu Marmato, westlich vom Rio Cauca. S. meine Fragmens asiatiques T. I. p. 157 und T. II. p. 602. Ein genauer Beobachter, Herr Carl Degenhardt, der erst im vorigen Jahre (1836) den Bergwerks-District von Marmato verlassen hatte, versicherte mich, daß noch jetzt Rauchsäulen aufsteigen.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über die Hochebene von Bogota. In: Ders.: Kleinere Schriften. Erster Band. Geognostische und physikalische Erinnerungen. Stuttgart und Tübingen, 1853, S. 100-132, hier S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_bogota_1853/11>, abgerufen am 25.04.2024.