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Humboldt, Alexander von: Über die Hochebene von Bogota. In: Ders.: Kleinere Schriften. Erster Band. Geognostische und physikalische Erinnerungen. Stuttgart und Tübingen, 1853, S. 100-132.

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Die Stadt Bogota, von Alleen riesenmäßiger Daturen umgeben, liegt dicht an einer fast senkrecht abgestürzten Felswand. Ueber der Stadt hangen an derselben Felswand, fast in 2000 Fuß Höhe, nesterartig zwei Capellen, Monserrate und Guadalupe, die ich bestiegen, um sie barometrisch zu messen, und von denen man eine herrliche Aussicht auf die ganze Gebirgsebene und die Schneeberge der gegenüber liegenden mittleren Andeskette (der von Quindiu) genießt. In Südwesten sieht man fast ununterbrochen eine Dampfsäule aufsteigen. Sie bezeichnet den Punkt, wo der ungeheure Wasserfall des Tequendama liegt. Der Charakter der ganzen Landschaft ist großartig, aber melancholisch und öde. Der Anblick jener in den ewigen Schnee reichenden Kette erinnert recht lebhaft daran, wie Berggipfel, auch wenn sie unter den kleinsten Winkeln am Horizont erscheinen, dennoch einen majestätischen Eindruck hervorbringen. Was im Westen über dem nahen Waldgebirge emporragt, jenseits des Magdalena-Thales, in 21 Meilen Entfernung, ist der abgestumpfte Kegel des Vulkans von Tolima, der nach meiner bei Ibague ausgeführten trigonometrischen Messung fast 17200 Fuß hoch und daher wohl der höchste Berg des Neuen Continents nördlich vom Aequator ist. Weiterhin, auf den Tolima folgend, erkennt man gegen WNW zuerst eine Reihe von drei kleineren Bergkuppen; dann eine Mesa, d. h. einen langgedehnten, dachförmig abfallenden Rücken.

Die untere Schneegrenze erscheint, wie immer in solcher Ferne, ohne alle Ungleichheit, in horizontaler Richtung, rein abgeschnitten. Sie berührt kaum die Gipfel der drei castellartigen Kuppen; nur die Mesa ist, wie der Kegelberg, von einem großen, weit leuchtenden Schneemantel umgeben. In

Die Stadt Bogota, von Alleen riesenmäßiger Daturen umgeben, liegt dicht an einer fast senkrecht abgestürzten Felswand. Ueber der Stadt hangen an derselben Felswand, fast in 2000 Fuß Höhe, nesterartig zwei Capellen, Monserrate und Guadalupe, die ich bestiegen, um sie barometrisch zu messen, und von denen man eine herrliche Aussicht auf die ganze Gebirgsebene und die Schneeberge der gegenüber liegenden mittleren Andeskette (der von Quindiu) genießt. In Südwesten sieht man fast ununterbrochen eine Dampfsäule aufsteigen. Sie bezeichnet den Punkt, wo der ungeheure Wasserfall des Tequendama liegt. Der Charakter der ganzen Landschaft ist großartig, aber melancholisch und öde. Der Anblick jener in den ewigen Schnee reichenden Kette erinnert recht lebhaft daran, wie Berggipfel, auch wenn sie unter den kleinsten Winkeln am Horizont erscheinen, dennoch einen majestätischen Eindruck hervorbringen. Was im Westen über dem nahen Waldgebirge emporragt, jenseits des Magdalena-Thales, in 21 Meilen Entfernung, ist der abgestumpfte Kegel des Vulkans von Tolima, der nach meiner bei Ibague ausgeführten trigonometrischen Messung fast 17200 Fuß hoch und daher wohl der höchste Berg des Neuen Continents nördlich vom Aequator ist. Weiterhin, auf den Tolima folgend, erkennt man gegen WNW zuerst eine Reihe von drei kleineren Bergkuppen; dann eine Mesa, d. h. einen langgedehnten, dachförmig abfallenden Rücken.

Die untere Schneegrenze erscheint, wie immer in solcher Ferne, ohne alle Ungleichheit, in horizontaler Richtung, rein abgeschnitten. Sie berührt kaum die Gipfel der drei castellartigen Kuppen; nur die Mesa ist, wie der Kegelberg, von einem großen, weit leuchtenden Schneemantel umgeben. In

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[108/0010] Die Stadt Bogota, von Alleen riesenmäßiger Daturen umgeben, liegt dicht an einer fast senkrecht abgestürzten Felswand. Ueber der Stadt hangen an derselben Felswand, fast in 2000 Fuß Höhe, nesterartig zwei Capellen, Monserrate und Guadalupe, die ich bestiegen, um sie barometrisch zu messen, und von denen man eine herrliche Aussicht auf die ganze Gebirgsebene und die Schneeberge der gegenüber liegenden mittleren Andeskette (der von Quindiu) genießt. In Südwesten sieht man fast ununterbrochen eine Dampfsäule aufsteigen. Sie bezeichnet den Punkt, wo der ungeheure Wasserfall des Tequendama liegt. Der Charakter der ganzen Landschaft ist großartig, aber melancholisch und öde. Der Anblick jener in den ewigen Schnee reichenden Kette erinnert recht lebhaft daran, wie Berggipfel, auch wenn sie unter den kleinsten Winkeln am Horizont erscheinen, dennoch einen majestätischen Eindruck hervorbringen. Was im Westen über dem nahen Waldgebirge emporragt, jenseits des Magdalena-Thales, in 21 Meilen Entfernung, ist der abgestumpfte Kegel des Vulkans von Tolima, der nach meiner bei Ibague ausgeführten trigonometrischen Messung fast 17200 Fuß hoch und daher wohl der höchste Berg des Neuen Continents nördlich vom Aequator ist. Weiterhin, auf den Tolima folgend, erkennt man gegen WNW zuerst eine Reihe von drei kleineren Bergkuppen; dann eine Mesa, d. h. einen langgedehnten, dachförmig abfallenden Rücken. Die untere Schneegrenze erscheint, wie immer in solcher Ferne, ohne alle Ungleichheit, in horizontaler Richtung, rein abgeschnitten. Sie berührt kaum die Gipfel der drei castellartigen Kuppen; nur die Mesa ist, wie der Kegelberg, von einem großen, weit leuchtenden Schneemantel umgeben. In

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über die Hochebene von Bogota. In: Ders.: Kleinere Schriften. Erster Band. Geognostische und physikalische Erinnerungen. Stuttgart und Tübingen, 1853, S. 100-132, hier S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_bogota_1853/10>, abgerufen am 24.04.2024.