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Humboldt, Alexander von: Correspondirende Beobachtungen über die regelmässigen stündlichen Veränderungen und über die Perturbationen der magnetischen Abweichung im mittleren und östlichen Europa; gesammelt und verglichen von H. W. Dove, mit einem Vorwort von Alexander von Humboldt. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 19, (1830), S. 357-361.

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und Intensität, und sonderbare Perturbationen (magneti-
sche Gewitter), wenn die Sonne unter dem Horizonte
steht und nicht mehr die electro-magnetische Spannung
der Erdoberfläche regiert, keinesweges zu verkennen wa-
ren. Ich äusserte damals schon den lebhaften Wunsch,
ähnliche Apparate in Osten und Westen von Berlin auf-
gestellt zu sehen, um grosse tellurische Phänomene von
dem unterscheiden zu können, was localen Störungen im
Innern des ungleich erwärmten Erdkörpers (und in der
Wolken bildenden Atmosphäre)*) zugehört, aber meine
Abreise nach Paris und die politischen Verwirrungen im
westlichen Europa hinderten die Erfüllung dieses Wun-
sches.

Nach einer langen Unterbrechung wurde in Frank-
reich die von Cassini begonnene Arbeit mit einem weit
vollkommneren Apparate (von Gambey) nach einem
ganz neuen, viel umfassenderen Plane und mit einer bis
dahin unerreichten Genauigkeit fortgesetzt. Durch Arago
begann eine glänzende Epoche für die Erforschung des
tellurischen Magnetismus. Die auf der Pariser Stern-
warte regelmässig zu bestimmten Stunden gemachten Beob-
achtungen über die täglichen Veränderungen der Abwei-
chung umfassen eine grössere Periode von Jahren, als je
diesem Zweige der messenden Physik gewidmet worden
sind. Das Licht, welches die Entdeckungen von Oer-
sted, Arago, Ampere
und Seebeck unerwartet über
den inneren Zusammenhang der Elektricität und des Mag-
netismus verbreiteten, erweckte, nach langem Schlummer,
ein allgemeines Interesse für den periodischen Wechsel
der elektro-magnetischen Ladung des Erdkörpers. Arago
zeigte, dass Nordlichter, selbst da, wo sie nicht gesehen
werden, den regelmässigen Gang der Nadel unterbrechen.
Gleichzeitige Beobachtungen in Paris und Kasan, die un-
verabredet angestellt waren, lehrten, wie weit sich die
Wirkung dieser Pertubationen erstrecke; sie erinnerten

*) Farquharson in Phil. Trans. 1830, p. 97.


und Intensität, und sonderbare Perturbationen (magneti-
sche Gewitter), wenn die Sonne unter dem Horizonte
steht und nicht mehr die electro-magnetische Spannung
der Erdoberfläche regiert, keinesweges zu verkennen wa-
ren. Ich äuſserte damals schon den lebhaften Wunsch,
ähnliche Apparate in Osten und Westen von Berlin auf-
gestellt zu sehen, um groſse tellurische Phänomene von
dem unterscheiden zu können, was localen Störungen im
Innern des ungleich erwärmten Erdkörpers (und in der
Wolken bildenden Atmosphäre)*) zugehört, aber meine
Abreise nach Paris und die politischen Verwirrungen im
westlichen Europa hinderten die Erfüllung dieses Wun-
sches.

Nach einer langen Unterbrechung wurde in Frank-
reich die von Caſsini begonnene Arbeit mit einem weit
vollkommneren Apparate (von Gambey) nach einem
ganz neuen, viel umfaſsenderen Plane und mit einer bis
dahin unerreichten Genauigkeit fortgesetzt. Durch Arago
begann eine glänzende Epoche für die Erforschung des
tellurischen Magnetismus. Die auf der Pariser Stern-
warte regelmäſsig zu bestimmten Stunden gemachten Beob-
achtungen über die täglichen Veränderungen der Abwei-
chung umfaſsen eine gröſsere Periode von Jahren, als je
diesem Zweige der meſsenden Physik gewidmet worden
sind. Das Licht, welches die Entdeckungen von Oer-
sted, Arago, Ampère
und Seebeck unerwartet über
den inneren Zusammenhang der Elektricität und des Mag-
netismus verbreiteten, erweckte, nach langem Schlummer,
ein allgemeines Intereſse für den periodischen Wechsel
der elektro-magnetischen Ladung des Erdkörpers. Arago
zeigte, daſs Nordlichter, selbst da, wo sie nicht gesehen
werden, den regelmäſsigen Gang der Nadel unterbrechen.
Gleichzeitige Beobachtungen in Paris und Kasan, die un-
verabredet angestellt waren, lehrten, wie weit sich die
Wirkung dieser Pertubationen erstrecke; sie erinnerten

*) Farquharson in Phil. Trans. 1830, p. 97.
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[358/0003] und Intensität, und sonderbare Perturbationen (magneti- sche Gewitter), wenn die Sonne unter dem Horizonte steht und nicht mehr die electro-magnetische Spannung der Erdoberfläche regiert, keinesweges zu verkennen wa- ren. Ich äuſserte damals schon den lebhaften Wunsch, ähnliche Apparate in Osten und Westen von Berlin auf- gestellt zu sehen, um groſse tellurische Phänomene von dem unterscheiden zu können, was localen Störungen im Innern des ungleich erwärmten Erdkörpers (und in der Wolken bildenden Atmosphäre) *) zugehört, aber meine Abreise nach Paris und die politischen Verwirrungen im westlichen Europa hinderten die Erfüllung dieses Wun- sches. Nach einer langen Unterbrechung wurde in Frank- reich die von Caſsini begonnene Arbeit mit einem weit vollkommneren Apparate (von Gambey) nach einem ganz neuen, viel umfaſsenderen Plane und mit einer bis dahin unerreichten Genauigkeit fortgesetzt. Durch Arago begann eine glänzende Epoche für die Erforschung des tellurischen Magnetismus. Die auf der Pariser Stern- warte regelmäſsig zu bestimmten Stunden gemachten Beob- achtungen über die täglichen Veränderungen der Abwei- chung umfaſsen eine gröſsere Periode von Jahren, als je diesem Zweige der meſsenden Physik gewidmet worden sind. Das Licht, welches die Entdeckungen von Oer- sted, Arago, Ampère und Seebeck unerwartet über den inneren Zusammenhang der Elektricität und des Mag- netismus verbreiteten, erweckte, nach langem Schlummer, ein allgemeines Intereſse für den periodischen Wechsel der elektro-magnetischen Ladung des Erdkörpers. Arago zeigte, daſs Nordlichter, selbst da, wo sie nicht gesehen werden, den regelmäſsigen Gang der Nadel unterbrechen. Gleichzeitige Beobachtungen in Paris und Kasan, die un- verabredet angestellt waren, lehrten, wie weit sich die Wirkung dieser Pertubationen erstrecke; sie erinnerten *) Farquharson in Phil. Trans. 1830, p. 97.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Correspondirende Beobachtungen über die regelmässigen stündlichen Veränderungen und über die Perturbationen der magnetischen Abweichung im mittleren und östlichen Europa; gesammelt und verglichen von H. W. Dove, mit einem Vorwort von Alexander von Humboldt. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 19, (1830), S. 357-361, hier S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_beobachtungen_1830/3>, abgerufen am 19.04.2024.