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Humboldt, Alexander von: Abhandlung über die dreyfache Verbindung aus Phosphor, Stickstoff und Sauerstoff, oder über das Daseyn der Phosphures dazote oxidés. In: Allgemeines Journal der Chemie, Bd. 1 (1798), S. 573-589.

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aus Phosphor, Stickstoff und Sauerstoff.
mit 4 bis 6 Kubikzoll atmosphärischer Luft an, so kann
man so zu sagen, mit seinen Augen die Bildung dieser
dreyfachen Verbindung aus Sauerstoff, Stickstoff und
Phosphor verfolgen. Jch habe, als ich von Tag zu Tage
den Rückstand der Luft, in welcher der Phosphor sich nicht
mehr entzündet, untersuchte, beobachtet, daß das Sal-
petergas nach und nach immer weniger Sauerstoff darinn
entdeckte. Am neunten Tage z. B. fand ich, als ich von
440 Theilen Rückstand 100 Theile wegnahm, in densel-
ben 0.05 Sauerstoff, indeß 100 andere Theile am funf-
zehnten Tage kaum 0.01 gaben. Das Volumen der 340 hatte
sich vom neunten bis funfzehnten Tage unverändert erhal-
ten, diese Unterschiede in den Resultaten sind bloß einer
innigeren Vereinigung des Sauerstoffs mit dem Stickstoff
und Phosphor zuzuschreiben.

Wenn die Bildung einer gasartigen phosphorigten
Säure alle diese Erscheinungen bewirkte, so würde das
Salpetergas nicht im Stande seyn, den Umfang des Rück-
standes zu vermindern. Die Verwandtschaft des Phosphors
zum Sauerstoff ist zu stark, als daß der in dem Salpe-
tergas enthaltene Stickstoff diese Phosphorsäure zersetzen
könnte. Auch verlöhre sie in der Kälte ihren gasartigen
Zustand von selbst.

Der Bürger Vauquelin hat eine sehr wichtige Be-
obachtung gemacht, welche den Gedanken, die ich hier mit-
theile, sehr günstig ist: er brachte Phosphor mit sehr rei-
nem aus salzsaurem Kali erhaltenem Sauerstoffgas in
Berührung, er bemerkte bey der Temperatur von 10 bis
15° kein Licht: er vermuthete dieses, weil sein Gas keinen
Stickstoff enthielt, die Geräthschaft blieb mehrere Tage

ruhig
Allg. Journ. d. Chemie. 1. Bd.     R r

aus Phosphor, Stickſtoff und Sauerſtoff.
mit 4 bis 6 Kubikzoll atmoſphaͤriſcher Luft an, ſo kann
man ſo zu ſagen, mit ſeinen Augen die Bildung dieſer
dreyfachen Verbindung aus Sauerſtoff, Stickſtoff und
Phosphor verfolgen. Jch habe, als ich von Tag zu Tage
den Ruͤckſtand der Luft, in welcher der Phosphor ſich nicht
mehr entzuͤndet, unterſuchte, beobachtet, daß das Sal-
petergas nach und nach immer weniger Sauerſtoff darinn
entdeckte. Am neunten Tage z. B. fand ich, als ich von
440 Theilen Ruͤckſtand 100 Theile wegnahm, in denſel-
ben 0.05 Sauerſtoff, indeß 100 andere Theile am funf-
zehnten Tage kaum 0.01 gaben. Das Volumen der 340 hatte
ſich vom neunten bis funfzehnten Tage unveraͤndert erhal-
ten, dieſe Unterſchiede in den Reſultaten ſind bloß einer
innigeren Vereinigung des Sauerſtoffs mit dem Stickſtoff
und Phosphor zuzuſchreiben.

Wenn die Bildung einer gasartigen phosphorigten
Saͤure alle dieſe Erſcheinungen bewirkte, ſo wuͤrde das
Salpetergas nicht im Stande ſeyn, den Umfang des Ruͤck-
ſtandes zu vermindern. Die Verwandtſchaft des Phosphors
zum Sauerſtoff iſt zu ſtark, als daß der in dem Salpe-
tergas enthaltene Stickſtoff dieſe Phosphorſaͤure zerſetzen
koͤnnte. Auch verloͤhre ſie in der Kaͤlte ihren gasartigen
Zuſtand von ſelbſt.

Der Buͤrger Vauquelin hat eine ſehr wichtige Be-
obachtung gemacht, welche den Gedanken, die ich hier mit-
theile, ſehr guͤnſtig iſt: er brachte Phosphor mit ſehr rei-
nem aus ſalzſaurem Kali erhaltenem Sauerſtoffgas in
Beruͤhrung, er bemerkte bey der Temperatur von 10 bis
15° kein Licht: er vermuthete dieſes, weil ſein Gas keinen
Stickſtoff enthielt, die Geraͤthſchaft blieb mehrere Tage

ruhig
Allg. Journ. d. Chemie. 1. Bd.     R r
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[587/0016] aus Phosphor, Stickſtoff und Sauerſtoff. mit 4 bis 6 Kubikzoll atmoſphaͤriſcher Luft an, ſo kann man ſo zu ſagen, mit ſeinen Augen die Bildung dieſer dreyfachen Verbindung aus Sauerſtoff, Stickſtoff und Phosphor verfolgen. Jch habe, als ich von Tag zu Tage den Ruͤckſtand der Luft, in welcher der Phosphor ſich nicht mehr entzuͤndet, unterſuchte, beobachtet, daß das Sal- petergas nach und nach immer weniger Sauerſtoff darinn entdeckte. Am neunten Tage z. B. fand ich, als ich von 440 Theilen Ruͤckſtand 100 Theile wegnahm, in denſel- ben 0.05 Sauerſtoff, indeß 100 andere Theile am funf- zehnten Tage kaum 0.01 gaben. Das Volumen der 340 hatte ſich vom neunten bis funfzehnten Tage unveraͤndert erhal- ten, dieſe Unterſchiede in den Reſultaten ſind bloß einer innigeren Vereinigung des Sauerſtoffs mit dem Stickſtoff und Phosphor zuzuſchreiben. Wenn die Bildung einer gasartigen phosphorigten Saͤure alle dieſe Erſcheinungen bewirkte, ſo wuͤrde das Salpetergas nicht im Stande ſeyn, den Umfang des Ruͤck- ſtandes zu vermindern. Die Verwandtſchaft des Phosphors zum Sauerſtoff iſt zu ſtark, als daß der in dem Salpe- tergas enthaltene Stickſtoff dieſe Phosphorſaͤure zerſetzen koͤnnte. Auch verloͤhre ſie in der Kaͤlte ihren gasartigen Zuſtand von ſelbſt. Der Buͤrger Vauquelin hat eine ſehr wichtige Be- obachtung gemacht, welche den Gedanken, die ich hier mit- theile, ſehr guͤnſtig iſt: er brachte Phosphor mit ſehr rei- nem aus ſalzſaurem Kali erhaltenem Sauerſtoffgas in Beruͤhrung, er bemerkte bey der Temperatur von 10 bis 15° kein Licht: er vermuthete dieſes, weil ſein Gas keinen Stickſtoff enthielt, die Geraͤthſchaft blieb mehrere Tage ruhig Allg. Journ. d. Chemie. 1. Bd. R r

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Abhandlung über die dreyfache Verbindung aus Phosphor, Stickstoff und Sauerstoff, oder über das Daseyn der Phosphures dazote oxidés. In: Allgemeines Journal der Chemie, Bd. 1 (1798), S. 573-589, hier S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_abhandlung_1798/16>, abgerufen am 28.03.2024.