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Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Papa Hamlet. Übers. v. Bruno Franzius. Leipzig, 1889.

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Total vernichtet hatte er sich jetzt wieder
auf das Sopha zurückgeschleudert und ver¬
tiefte sich nun in den tragischen Anblick
eines schmutzigen Kinderhemdchens, das neben
einer geplatzten Schachtel schwedischer Zünd¬
hölzchen vor ihm unten auf dem Fussboden lag.

"Verwünscht! Wenn man wenigstens mal
ausgehn könnte, Amalie! Aber ich fürchte . . .
ich fürchte . . . die Welt ist nicht vorurtheils¬
frei genug, um einen Niels Thienwiebel in
Schlafrock und Cylinder unbehelligt seines
Weges dahingehn zu lassen!"

Aber Amalie antwortete nicht einmal. Der
kleine Krebsrothe nahm ihre ganze Aufmerk¬
samkeit in Anspruch. Sein Lutschen zog jetzt
den ganzen Schlauch zusammen.

"Ja! Es ist so! Es ist so, Amalie! Aber sie
schreiben mir noch immer nicht! Sie haben
da Leute, Leute -- Leute?! Pah! Stümp'rr!
O Schmach, die Unwerth schweigendem Ver¬
dienst erweist!"

Jetzt hatte Amalie, die dies Thema bereits
kannte, etwas aufgesehn.

"Ja . . . es wäre am Ende doch gut, wenn
Du einmal . . ."

Total vernichtet hatte er sich jetzt wieder
auf das Sopha zurückgeschleudert und ver¬
tiefte sich nun in den tragischen Anblick
eines schmutzigen Kinderhemdchens, das neben
einer geplatzten Schachtel schwedischer Zünd¬
hölzchen vor ihm unten auf dem Fussboden lag.

„Verwünscht! Wenn man wenigstens mal
ausgehn könnte, Amalie! Aber ich fürchte . . .
ich fürchte . . . die Welt ist nicht vorurtheils¬
frei genug, um einen Niels Thienwiebel in
Schlafrock und Cylinder unbehelligt seines
Weges dahingehn zu lassen!“

Aber Amalie antwortete nicht einmal. Der
kleine Krebsrothe nahm ihre ganze Aufmerk¬
samkeit in Anspruch. Sein Lutschen zog jetzt
den ganzen Schlauch zusammen.

„Ja! Es ist so! Es ist so, Amalie! Aber sie
schreiben mir noch immer nicht! Sie haben
da Leute, Leute — Leute?! Pah! Stümp'rr!
O Schmach, die Unwerth schweigendem Ver¬
dienst erweist!“

Jetzt hatte Amalie, die dies Thema bereits
kannte, etwas aufgesehn.

„Ja . . . es wäre am Ende doch gut, wenn
Du einmal . . .“

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[18/0022] Total vernichtet hatte er sich jetzt wieder auf das Sopha zurückgeschleudert und ver¬ tiefte sich nun in den tragischen Anblick eines schmutzigen Kinderhemdchens, das neben einer geplatzten Schachtel schwedischer Zünd¬ hölzchen vor ihm unten auf dem Fussboden lag. „Verwünscht! Wenn man wenigstens mal ausgehn könnte, Amalie! Aber ich fürchte . . . ich fürchte . . . die Welt ist nicht vorurtheils¬ frei genug, um einen Niels Thienwiebel in Schlafrock und Cylinder unbehelligt seines Weges dahingehn zu lassen!“ Aber Amalie antwortete nicht einmal. Der kleine Krebsrothe nahm ihre ganze Aufmerk¬ samkeit in Anspruch. Sein Lutschen zog jetzt den ganzen Schlauch zusammen. „Ja! Es ist so! Es ist so, Amalie! Aber sie schreiben mir noch immer nicht! Sie haben da Leute, Leute — Leute?! Pah! Stümp'rr! O Schmach, die Unwerth schweigendem Ver¬ dienst erweist!“ Jetzt hatte Amalie, die dies Thema bereits kannte, etwas aufgesehn. „Ja . . . es wäre am Ende doch gut, wenn Du einmal . . .“

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Zitationshilfe: Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Papa Hamlet. Übers. v. Bruno Franzius. Leipzig, 1889, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_hamlet_1889/22>, abgerufen am 29.03.2024.