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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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verliebte Gedichte.
Jhr todten! nehmet sie in eure blasse zahl,
Die hier bey uns ein licht des frauen-volcks gewesen,
Die tugend hatte sie zum leit-compaß erlesen,
Drum ist man so bemüht um ihr gedächtniß-mahl,
Denn diese kan doch nicht auch in der grufft ersterben,
Sie kan eh durch den tod ein ander leben erben.


Als sie wolte die sterne kennen
lernen.
WAs reitzet vor ein stern zu dieser lust dich an,
Galante Margaris! wilstu die erde lassen,
Und jenes stern-revier in deine sinnen fassen?
Was vor ein zug führt dich auf diese hohe bahn,
Wo nichts als feuer ist, wo solche lichter brennen,
Die leicht durch einen fall die erde könten trennen?
Weil denn dein himmel-geist nicht zu erhalten ist,
Und an das sonnen-licht gedencket hinzuetlen,
Weil er sich itzund will mit erd und himmel theilen,
Den himmel bey der nacht, die erd am tag erkiest;
So fährt er glücklich auf zu den gestirnten höhen,
Wo neue lichter stets in grossen circkeln stehen.
Die sonne kennst du schon, des tages großes licht,
Und wo du sie nicht kennst, so schau in deinen spiegel;
Was gilts? der löst dir auf hier dieser reime siegel,
Und sagt dir, daß diß wort sey selbst auf dich gericht:
Du bist die sonne selbst, und kanst mit deinem strahlen
Auch gantze gegenden zu aller freude mahlen.
Du brennst so starck als sie, dein heller augen-strahl
Kan seine flammen selbst in vieler hertzen treiben;
Jch selbsten will, und muß in diese zahl mich schreiben,
Der ich doch gegen dir ein klarheit-armes thal.
Und welcher lange dir zu nahe wolte stehen,
Der würde sicherlich vor hitz und licht vergehen.
Der sonne folgt der mond an macht und würckung nach,
Sein silber kennstu auch, und daß er hörner träget,
Die
Hofm. w. V. Th. B
verliebte Gedichte.
Jhr todten! nehmet ſie in eure blaſſe zahl,
Die hier bey uns ein licht des frauen-volcks geweſen,
Die tugend hatte ſie zum leit-compaß erleſen,
Drum iſt man ſo bemuͤht um ihr gedaͤchtniß-mahl,
Denn dieſe kan doch nicht auch in der grufft erſterben,
Sie kan eh durch den tod ein ander leben erben.


Als ſie wolte die ſterne kennen
lernen.
WAs reitzet vor ein ſtern zu dieſer luſt dich an,
Galante Margaris! wilſtu die erde laſſen,
Und jenes ſtern-revier in deine ſinnen faſſen?
Was vor ein zug fuͤhrt dich auf dieſe hohe bahn,
Wo nichts als feuer iſt, wo ſolche lichter brennen,
Die leicht durch einen fall die erde koͤnten trennen?
Weil denn dein himmel-geiſt nicht zu erhalten iſt,
Und an das ſonnen-licht gedencket hinzuetlen,
Weil er ſich itzund will mit erd und himmel theilen,
Den himmel bey der nacht, die erd am tag erkieſt;
So faͤhrt er gluͤcklich auf zu den geſtirnten hoͤhen,
Wo neue lichter ſtets in groſſen circkeln ſtehen.
Die ſonne kennſt du ſchon, des tages großes licht,
Und wo du ſie nicht kennſt, ſo ſchau in deinen ſpiegel;
Was gilts? der loͤſt dir auf hier dieſer reime ſiegel,
Und ſagt dir, daß diß wort ſey ſelbſt auf dich gericht:
Du biſt die ſonne ſelbſt, und kanſt mit deinem ſtrahlen
Auch gantze gegenden zu aller freude mahlen.
Du brennſt ſo ſtarck als ſie, dein heller augen-ſtrahl
Kan ſeine flammen ſelbſt in vieler hertzen treiben;
Jch ſelbſten will, und muß in dieſe zahl mich ſchreiben,
Der ich doch gegen dir ein klarheit-armes thal.
Und welcher lange dir zu nahe wolte ſtehen,
Der wuͤrde ſicherlich vor hitz und licht vergehen.
Der ſonne folgt der mond an macht und wuͤrckung nach,
Sein ſilber kennſtu auch, und daß er hoͤrner traͤget,
Die
Hofm. w. V. Th. B
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[17/0019] verliebte Gedichte. Jhr todten! nehmet ſie in eure blaſſe zahl, Die hier bey uns ein licht des frauen-volcks geweſen, Die tugend hatte ſie zum leit-compaß erleſen, Drum iſt man ſo bemuͤht um ihr gedaͤchtniß-mahl, Denn dieſe kan doch nicht auch in der grufft erſterben, Sie kan eh durch den tod ein ander leben erben. Als ſie wolte die ſterne kennen lernen. WAs reitzet vor ein ſtern zu dieſer luſt dich an, Galante Margaris! wilſtu die erde laſſen, Und jenes ſtern-revier in deine ſinnen faſſen? Was vor ein zug fuͤhrt dich auf dieſe hohe bahn, Wo nichts als feuer iſt, wo ſolche lichter brennen, Die leicht durch einen fall die erde koͤnten trennen? Weil denn dein himmel-geiſt nicht zu erhalten iſt, Und an das ſonnen-licht gedencket hinzuetlen, Weil er ſich itzund will mit erd und himmel theilen, Den himmel bey der nacht, die erd am tag erkieſt; So faͤhrt er gluͤcklich auf zu den geſtirnten hoͤhen, Wo neue lichter ſtets in groſſen circkeln ſtehen. Die ſonne kennſt du ſchon, des tages großes licht, Und wo du ſie nicht kennſt, ſo ſchau in deinen ſpiegel; Was gilts? der loͤſt dir auf hier dieſer reime ſiegel, Und ſagt dir, daß diß wort ſey ſelbſt auf dich gericht: Du biſt die ſonne ſelbſt, und kanſt mit deinem ſtrahlen Auch gantze gegenden zu aller freude mahlen. Du brennſt ſo ſtarck als ſie, dein heller augen-ſtrahl Kan ſeine flammen ſelbſt in vieler hertzen treiben; Jch ſelbſten will, und muß in dieſe zahl mich ſchreiben, Der ich doch gegen dir ein klarheit-armes thal. Und welcher lange dir zu nahe wolte ſtehen, Der wuͤrde ſicherlich vor hitz und licht vergehen. Der ſonne folgt der mond an macht und wuͤrckung nach, Sein ſilber kennſtu auch, und daß er hoͤrner traͤget, Die Hofm. w. V. Th. B

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/19>, abgerufen am 28.03.2024.