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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Galante und
Uber ihren Tod.
VOn hertzen ist allhier ein grabmahl aufgericht,
Denn hier vergruben wir die meisterin der hertzen;
Jhr daseyn bracht uns lust, ihr abzug bringt uns schmertzen,
Wir aber sind ihr doch auch in der grufft verpflicht,
Jhr angedencken kan in uns die lieb erregen,
Und aller unser brust zu vieler lust bewegen.
Ach könte man (jedoch ich wünsch etwas zu viel)
Nur durch ein löse-geld ihr leben wieder kauffen,
Es solt uns nicht zu hoch am werthe sich belauffen;
Allein wo finden wir zu dieser axt den stiehl?
Der tod der läst sich nicht durch geld und gold vergnügen,
Es muß, was er verlangt, ihm zu den füßen liegen.
Jch weiß ihr schatten irrt noch um die gegend rum,
Und will der wiesen pracht nun zum gefehrten haben;
Nichts konte den so wohl als die gemeinschafft laben,
Drum thut er sich nach ihr auch in dem tode um.
Ach solt er bey uns seyn, so müste alles weichen,
Was uns verhinderte den entzweck zu erreichen.
Jhr thränen! samlet euch zu einer trauer-bach,
Jch will den letzten dienst durch euch allhier bezahlen,
Jch will mit euch allhier ein angedencken mahlen,
Das unvergleichlich ist. Fließt thränen, fließt nur nach!
Der thränen kostbarkeit ist über alle dinge,
Der beste diamant ist gegen ihr geringe.
Schlaf, Schönst'! inzwischen wohl in deiner kühlen grufft,
Die liebe wird dich itzt nicht mehr, wie neulich, plagen:
Jtzt kanst du gute nacht den eitelkeiten sagen,
Weil dich die einsamkeit aus deren circkeln rufft,
Den heissen liebes-brand kühlt itzt die frische erde,
Und wünscht, daß ihr dein leib in kurtzem ähnlich werde.
Jch mache dekne grufft auch itzt zu meiner grufft,
Wo ich die eitelkeit nun gäntzlich will verscharren,
Und nicht, wie vor geschehn, wie die verliebten narren,
Weil mich dein zufall itzt von diesem wege rufft.
Dein grabmahl aber soll zu seinem ruhme haben,
Daß allda Citron hat sein liebes-werck vergraben.
Jhr
Galante und
Uber ihren Tod.
VOn hertzen iſt allhier ein grabmahl aufgericht,
Denn hier vergruben wir die meiſterin der hertzen;
Jhr daſeyn bracht uns luſt, ihr abzug bringt uns ſchmertzen,
Wir aber ſind ihr doch auch in der grufft verpflicht,
Jhr angedencken kan in uns die lieb erregen,
Und aller unſer bruſt zu vieler luſt bewegen.
Ach koͤnte man (jedoch ich wuͤnſch etwas zu viel)
Nur durch ein loͤſe-geld ihr leben wieder kauffen,
Es ſolt uns nicht zu hoch am werthe ſich belauffen;
Allein wo finden wir zu dieſer axt den ſtiehl?
Der tod der laͤſt ſich nicht durch geld und gold vergnuͤgen,
Es muß, was er verlangt, ihm zu den fuͤßen liegen.
Jch weiß ihr ſchatten irrt noch um die gegend rum,
Und will der wieſen pracht nun zum gefehrten haben;
Nichts konte den ſo wohl als die gemeinſchafft laben,
Drum thut er ſich nach ihr auch in dem tode um.
Ach ſolt er bey uns ſeyn, ſo muͤſte alles weichen,
Was uns verhinderte den entzweck zu erreichen.
Jhr thraͤnen! ſamlet euch zu einer trauer-bach,
Jch will den letzten dienſt durch euch allhier bezahlen,
Jch will mit euch allhier ein angedencken mahlen,
Das unvergleichlich iſt. Fließt thraͤnen, fließt nur nach!
Der thraͤnen koſtbarkeit iſt uͤber alle dinge,
Der beſte diamant iſt gegen ihr geringe.
Schlaf, Schoͤnſt’! inzwiſchen wohl in deiner kuͤhlen grufft,
Die liebe wird dich itzt nicht mehr, wie neulich, plagen:
Jtzt kanſt du gute nacht den eitelkeiten ſagen,
Weil dich die einſamkeit aus deren circkeln rufft,
Den heiſſen liebes-brand kuͤhlt itzt die friſche erde,
Und wuͤnſcht, daß ihr dein leib in kurtzem aͤhnlich werde.
Jch mache dekne grufft auch itzt zu meiner grufft,
Wo ich die eitelkeit nun gaͤntzlich will verſcharren,
Und nicht, wie vor geſchehn, wie die verliebten narren,
Weil mich dein zufall itzt von dieſem wege rufft.
Dein grabmahl aber ſoll zu ſeinem ruhme haben,
Daß allda Citron hat ſein liebes-werck vergraben.
Jhr
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[16/0018] Galante und Uber ihren Tod. VOn hertzen iſt allhier ein grabmahl aufgericht, Denn hier vergruben wir die meiſterin der hertzen; Jhr daſeyn bracht uns luſt, ihr abzug bringt uns ſchmertzen, Wir aber ſind ihr doch auch in der grufft verpflicht, Jhr angedencken kan in uns die lieb erregen, Und aller unſer bruſt zu vieler luſt bewegen. Ach koͤnte man (jedoch ich wuͤnſch etwas zu viel) Nur durch ein loͤſe-geld ihr leben wieder kauffen, Es ſolt uns nicht zu hoch am werthe ſich belauffen; Allein wo finden wir zu dieſer axt den ſtiehl? Der tod der laͤſt ſich nicht durch geld und gold vergnuͤgen, Es muß, was er verlangt, ihm zu den fuͤßen liegen. Jch weiß ihr ſchatten irrt noch um die gegend rum, Und will der wieſen pracht nun zum gefehrten haben; Nichts konte den ſo wohl als die gemeinſchafft laben, Drum thut er ſich nach ihr auch in dem tode um. Ach ſolt er bey uns ſeyn, ſo muͤſte alles weichen, Was uns verhinderte den entzweck zu erreichen. Jhr thraͤnen! ſamlet euch zu einer trauer-bach, Jch will den letzten dienſt durch euch allhier bezahlen, Jch will mit euch allhier ein angedencken mahlen, Das unvergleichlich iſt. Fließt thraͤnen, fließt nur nach! Der thraͤnen koſtbarkeit iſt uͤber alle dinge, Der beſte diamant iſt gegen ihr geringe. Schlaf, Schoͤnſt’! inzwiſchen wohl in deiner kuͤhlen grufft, Die liebe wird dich itzt nicht mehr, wie neulich, plagen: Jtzt kanſt du gute nacht den eitelkeiten ſagen, Weil dich die einſamkeit aus deren circkeln rufft, Den heiſſen liebes-brand kuͤhlt itzt die friſche erde, Und wuͤnſcht, daß ihr dein leib in kurtzem aͤhnlich werde. Jch mache dekne grufft auch itzt zu meiner grufft, Wo ich die eitelkeit nun gaͤntzlich will verſcharren, Und nicht, wie vor geſchehn, wie die verliebten narren, Weil mich dein zufall itzt von dieſem wege rufft. Dein grabmahl aber ſoll zu ſeinem ruhme haben, Daß allda Citron hat ſein liebes-werck vergraben. Jhr

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/18>, abgerufen am 18.04.2024.