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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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verliebte Gedichte.
Doch so du selber wilst die süsse wohnung bauen,
Laß meine lippen dir an statt des stockes seyn,
Laß mich bald deinen fleiß, o zartes bieuchen! schauen,
Komm trag in meinen mund der säffte necktar ein;
So kan, wenn ich gleich nicht darff deine blüten küssen,
Ein süsser alieant von deinen lippen fliessen.


Auf ihre Schönheit.
WJe! soll ich, Schönes kind! dich einen menschen nennen?
Dich ziert des himmels schmuck; nicht falsche pralerey;
Dein holder tugend-glantz heift endlich mich bekennen,
Daß, Edles kind! bey dir, was mehr als irrdisch sey.
Der götter angesicht hat dich gantz eingenommen,
Jn deiner brust zeigt sich des himmels hoher schein,
Du bist entweder nur zu uns vom himmel kommen;
Wo nicht? so muß allhier der götter wohnung seyn.


Auf Chlorindens unruhige Nächte.
ES ist und bleibt der schlaf ein zucker dieser welt,
An dem jedwedre brust sich muß und will vergnügen,
Kein mensch lebt, welchem nicht derselbe wohlgefällt,
Und der bey nachte sich läst dessen macht besiegen.
Jedoch Chlorindens augen klagen,
Daß sie sich müssen stets mit unruh plagen,
Die unruh mattete sie gäntzlich ab,
Und wo die zeit nicht diesen unfall schlüsse,
So trügen sie die abgematten füsse
Noch vor der zeit in das bestimmte grab.
Doch laß, Chlorinde! mich bey so gestalten sachen
Die prophezeyungen von andern fällen machen,
Die unruh plaget dich, weil du viel hertzen plagst,
Und ihren geist durch viel gedancken nagst.
Du führest die in banden
Und läst ihr hoffnungs-schiff fast niemals landen,
Drum
verliebte Gedichte.
Doch ſo du ſelber wilſt die ſuͤſſe wohnung bauen,
Laß meine lippen dir an ſtatt des ſtockes ſeyn,
Laß mich bald deinen fleiß, o zartes bieuchen! ſchauen,
Komm trag in meinen mund der ſaͤffte necktar ein;
So kan, wenn ich gleich nicht darff deine bluͤten kuͤſſen,
Ein ſuͤſſer alieant von deinen lippen flieſſen.


Auf ihre Schoͤnheit.
WJe! ſoll ich, Schoͤnes kind! dich einen menſchen nennen?
Dich ziert des himmels ſchmuck; nicht falſche pralerey;
Dein holder tugend-glantz heift endlich mich bekennen,
Daß, Edles kind! bey dir, was mehr als irrdiſch ſey.
Der goͤtter angeſicht hat dich gantz eingenommen,
Jn deiner bruſt zeigt ſich des himmels hoher ſchein,
Du biſt entweder nur zu uns vom himmel kommen;
Wo nicht? ſo muß allhier der goͤtter wohnung ſeyn.


Auf Chlorindens unruhige Naͤchte.
ES iſt und bleibt der ſchlaf ein zucker dieſer welt,
An dem jedwedre bruſt ſich muß und will vergnuͤgen,
Kein menſch lebt, welchem nicht derſelbe wohlgefaͤllt,
Und der bey nachte ſich laͤſt deſſen macht beſiegen.
Jedoch Chlorindens augen klagen,
Daß ſie ſich muͤſſen ſtets mit unruh plagen,
Die unruh mattete ſie gaͤntzlich ab,
Und wo die zeit nicht dieſen unfall ſchluͤſſe,
So truͤgen ſie die abgematten fuͤſſe
Noch vor der zeit in das beſtimmte grab.
Doch laß, Chlorinde! mich bey ſo geſtalten ſachen
Die prophezeyungen von andern faͤllen machen,
Die unruh plaget dich, weil du viel hertzen plagſt,
Und ihren geiſt durch viel gedancken nagſt.
Du fuͤhreſt die in banden
Und laͤſt ihr hoffnungs-ſchiff faſt niemals landen,
Drum
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[13/0015] verliebte Gedichte. Doch ſo du ſelber wilſt die ſuͤſſe wohnung bauen, Laß meine lippen dir an ſtatt des ſtockes ſeyn, Laß mich bald deinen fleiß, o zartes bieuchen! ſchauen, Komm trag in meinen mund der ſaͤffte necktar ein; So kan, wenn ich gleich nicht darff deine bluͤten kuͤſſen, Ein ſuͤſſer alieant von deinen lippen flieſſen. Auf ihre Schoͤnheit. WJe! ſoll ich, Schoͤnes kind! dich einen menſchen nennen? Dich ziert des himmels ſchmuck; nicht falſche pralerey; Dein holder tugend-glantz heift endlich mich bekennen, Daß, Edles kind! bey dir, was mehr als irrdiſch ſey. Der goͤtter angeſicht hat dich gantz eingenommen, Jn deiner bruſt zeigt ſich des himmels hoher ſchein, Du biſt entweder nur zu uns vom himmel kommen; Wo nicht? ſo muß allhier der goͤtter wohnung ſeyn. Auf Chlorindens unruhige Naͤchte. ES iſt und bleibt der ſchlaf ein zucker dieſer welt, An dem jedwedre bruſt ſich muß und will vergnuͤgen, Kein menſch lebt, welchem nicht derſelbe wohlgefaͤllt, Und der bey nachte ſich laͤſt deſſen macht beſiegen. Jedoch Chlorindens augen klagen, Daß ſie ſich muͤſſen ſtets mit unruh plagen, Die unruh mattete ſie gaͤntzlich ab, Und wo die zeit nicht dieſen unfall ſchluͤſſe, So truͤgen ſie die abgematten fuͤſſe Noch vor der zeit in das beſtimmte grab. Doch laß, Chlorinde! mich bey ſo geſtalten ſachen Die prophezeyungen von andern faͤllen machen, Die unruh plaget dich, weil du viel hertzen plagſt, Und ihren geiſt durch viel gedancken nagſt. Du fuͤhreſt die in banden Und laͤſt ihr hoffnungs-ſchiff faſt niemals landen, Drum

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/15>, abgerufen am 25.04.2024.