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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Galante und
Fahr hin, du falsches gold! du bringst uns doch nur pein;
Wir wollen, glaub es nur, itzt deiner gern entbehren,
Denn, wenn Chlorinde soll deßwegen traurig seyn,
So wollen wir uns nicht an deine farbe kehren.
Chlorinde! schone dich indessen etwas wohl,
Und lache nur vielmehr bey deiner neuen farbe,
Du weist ja ohnediß, was es bedeuten soll,
Die farbe bringt noch nicht der schönheit eine narbe.
Es giebt ja blumen auch, die so gefärbet sind,
Und dennoch pfleget uns nach ihnen zu gelüsten,
Ja wo das augen-licht dergleichen eine findt,
So bringt man sie, und steckt sie gar zu jenen brüsten.
Die farben sind ein spiel des lichts und der natur,
Und all einander gleich an würd und am erziehen,
Doch daß das auge mehr liebt der, als jener spur,
Jst nur die bildung schuld, um die wir uns bemühen.
Die hoffnung mache dir bald deine wünsche wahr,
Das gold verwandle sich in rosen, lilien, nelcken,
Die gelbsucht werffe sich auf eine todten-bahr!
Denn was dich, Schone! kräuckt, das muß wie graß verwelcken.


Als sie ihn nicht küssen wolte.
DEr garten meiner lust fühlt itzt ein ungewitter,
Ein sturm des unglücks weht auf seine felder hin,
Die vor gehoffte frucht schmeckt coloquinten-bitter,
Jch fühle den verlust und hoffe doch gewinn.
Die rosen-knospen sind in ihrer blüt ersticket,
Kein zefyr nimmt sich mehr, wie vor, derselben an,
Die sonne, die vorher geneigt auf sie geblicket,
Weist, daß sie ihre gunst auch nun verhüllen kan.
Verdrüßliches geschick! und unbelebtes leben!
Da man die seele fast nicht in dem leibe fühlt,
Da man der sehnsucht bleibt die gantze zeit ergeben,
Und doch durch selbige nicht eine frucht erziehlt.
Chlorinde macht mir itzt den liebes-himmel trübe,
Doch will ihr regen nicht auf meine lippen ziehn,
Sie
Galante und
Fahr hin, du falſches gold! du bringſt uns doch nur pein;
Wir wollen, glaub es nur, itzt deiner gern entbehren,
Denn, wenn Chlorinde ſoll deßwegen traurig ſeyn,
So wollen wir uns nicht an deine farbe kehren.
Chlorinde! ſchone dich indeſſen etwas wohl,
Und lache nur vielmehr bey deiner neuen farbe,
Du weiſt ja ohnediß, was es bedeuten ſoll,
Die farbe bringt noch nicht der ſchoͤnheit eine narbe.
Es giebt ja blumen auch, die ſo gefaͤrbet ſind,
Und dennoch pfleget uns nach ihnen zu geluͤſten,
Ja wo das augen-licht dergleichen eine findt,
So bringt man ſie, und ſteckt ſie gar zu jenen bruͤſten.
Die farben ſind ein ſpiel des lichts und der natur,
Und all einander gleich an wuͤrd und am erziehen,
Doch daß das auge mehr liebt der, als jener ſpur,
Jſt nur die bildung ſchuld, um die wir uns bemuͤhen.
Die hoffnung mache dir bald deine wuͤnſche wahr,
Das gold verwandle ſich in roſen, lilien, nelcken,
Die gelbſucht werffe ſich auf eine todten-bahr!
Denn was dich, Schone! kraͤuckt, das muß wie graß verwelcken.


Als ſie ihn nicht kuͤſſen wolte.
DEr garten meiner luſt fuͤhlt itzt ein ungewitter,
Ein ſturm des ungluͤcks weht auf ſeine felder hin,
Die vor gehoffte frucht ſchmeckt coloquinten-bitter,
Jch fuͤhle den verluſt und hoffe doch gewinn.
Die roſen-knoſpen ſind in ihrer bluͤt erſticket,
Kein zefyr nimmt ſich mehr, wie vor, derſelben an,
Die ſonne, die vorher geneigt auf ſie geblicket,
Weiſt, daß ſie ihre gunſt auch nun verhuͤllen kan.
Verdruͤßliches geſchick! und unbelebtes leben!
Da man die ſeele faſt nicht in dem leibe fuͤhlt,
Da man der ſehnſucht bleibt die gantze zeit ergeben,
Und doch durch ſelbige nicht eine frucht erziehlt.
Chlorinde macht mir itzt den liebes-himmel truͤbe,
Doch will ihr regen nicht auf meine lippen ziehn,
Sie
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[10/0012] Galante und Fahr hin, du falſches gold! du bringſt uns doch nur pein; Wir wollen, glaub es nur, itzt deiner gern entbehren, Denn, wenn Chlorinde ſoll deßwegen traurig ſeyn, So wollen wir uns nicht an deine farbe kehren. Chlorinde! ſchone dich indeſſen etwas wohl, Und lache nur vielmehr bey deiner neuen farbe, Du weiſt ja ohnediß, was es bedeuten ſoll, Die farbe bringt noch nicht der ſchoͤnheit eine narbe. Es giebt ja blumen auch, die ſo gefaͤrbet ſind, Und dennoch pfleget uns nach ihnen zu geluͤſten, Ja wo das augen-licht dergleichen eine findt, So bringt man ſie, und ſteckt ſie gar zu jenen bruͤſten. Die farben ſind ein ſpiel des lichts und der natur, Und all einander gleich an wuͤrd und am erziehen, Doch daß das auge mehr liebt der, als jener ſpur, Jſt nur die bildung ſchuld, um die wir uns bemuͤhen. Die hoffnung mache dir bald deine wuͤnſche wahr, Das gold verwandle ſich in roſen, lilien, nelcken, Die gelbſucht werffe ſich auf eine todten-bahr! Denn was dich, Schone! kraͤuckt, das muß wie graß verwelcken. Als ſie ihn nicht kuͤſſen wolte. DEr garten meiner luſt fuͤhlt itzt ein ungewitter, Ein ſturm des ungluͤcks weht auf ſeine felder hin, Die vor gehoffte frucht ſchmeckt coloquinten-bitter, Jch fuͤhle den verluſt und hoffe doch gewinn. Die roſen-knoſpen ſind in ihrer bluͤt erſticket, Kein zefyr nimmt ſich mehr, wie vor, derſelben an, Die ſonne, die vorher geneigt auf ſie geblicket, Weiſt, daß ſie ihre gunſt auch nun verhuͤllen kan. Verdruͤßliches geſchick! und unbelebtes leben! Da man die ſeele faſt nicht in dem leibe fuͤhlt, Da man der ſehnſucht bleibt die gantze zeit ergeben, Und doch durch ſelbige nicht eine frucht erziehlt. Chlorinde macht mir itzt den liebes-himmel truͤbe, Doch will ihr regen nicht auf meine lippen ziehn, Sie

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/12>, abgerufen am 19.04.2024.