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Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ten, wie ihrer guten Herrschaft beistehen in ihrem großen Schmerz.

Die Martiniere hatte den verhängnißvollen Zettel von der Erde aufgehoben. Auf demselben stand:

"Un amant qui craint les voleurs
n'est point digne d'amour."

Euer scharfsinniger Geist, hochgeehrte Dame, hat uns, die wir an der Schwäche und Feigheit das Recht des Stärkern üben und uns Schätze zueignen, die auf unwürdige Weise vergeudet werden sollten, von großer Verfolgung errettet. Als einen Beweis unserer Dankbarkeit nehmet gütig diesen Schmuck an. Es ist das Kostbarste, was wir seit langer Zeit haben auftreiben können, wiewohl Euch, würdige Dame! viel schöneres Geschmeide zieren sollte, als dieses nun eben ist. Wir bitten, daß Ihr uns Eure Freundschaft und Euer huldvolles Andenken nicht entziehen möget.

Die Unsichtbaren.

Ist es möglich, rief die Scudery, als sie sich einigermaßen erholt hatte, ist es möglich, daß man die schamlose Frechheit, den verruchten Hohn so weit treiben kann? -- Die Sonne schien hell durch die Fenstergardinen von hochrother Seide, und so kam es, daß die Brillanten, welche auf dem Tische neben dem offenen Kästchen lagen, in röthlichem Schimmer aufblitzten. Hinblickend verhüllte die Scudery voll Entsetzen das Gesicht und befahl der Martiniere, das fürchterliche Geschmeide, an dem

ten, wie ihrer guten Herrschaft beistehen in ihrem großen Schmerz.

Die Martiniere hatte den verhängnißvollen Zettel von der Erde aufgehoben. Auf demselben stand:

„Un amant qui craint les voleurs
n’est point digne d’amour.“

Euer scharfsinniger Geist, hochgeehrte Dame, hat uns, die wir an der Schwäche und Feigheit das Recht des Stärkern üben und uns Schätze zueignen, die auf unwürdige Weise vergeudet werden sollten, von großer Verfolgung errettet. Als einen Beweis unserer Dankbarkeit nehmet gütig diesen Schmuck an. Es ist das Kostbarste, was wir seit langer Zeit haben auftreiben können, wiewohl Euch, würdige Dame! viel schöneres Geschmeide zieren sollte, als dieses nun eben ist. Wir bitten, daß Ihr uns Eure Freundschaft und Euer huldvolles Andenken nicht entziehen möget.

Die Unsichtbaren.

Ist es möglich, rief die Scudery, als sie sich einigermaßen erholt hatte, ist es möglich, daß man die schamlose Frechheit, den verruchten Hohn so weit treiben kann? — Die Sonne schien hell durch die Fenstergardinen von hochrother Seide, und so kam es, daß die Brillanten, welche auf dem Tische neben dem offenen Kästchen lagen, in röthlichem Schimmer aufblitzten. Hinblickend verhüllte die Scudery voll Entsetzen das Gesicht und befahl der Martiniere, das fürchterliche Geschmeide, an dem

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_scuderi_1910/35>, abgerufen am 29.03.2024.