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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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in den Gefängnissen der obern Burg. Ich
wußte, daß man hier gefährliche Verbrecher
während des Prozesses einsperre. Nicht lan¬
ge dauerte es, so wurde mein Bette gebracht,
und der Gefangenwärter frug mich, ob ich
noch etwas zu meiner Bequemlichkeit wün¬
sche? Ich verneinte das, und blieb endlich al¬
lein. Die lange nachhallenden Tritte und das
Auf- und Zuschließen vieler Thüren ließen
mich wahrnehmen, daß ich mich in einem
der innersten Gefängnisse auf der Burg be¬
fand. Auf mir selbst unerklärliche Weise war
ich während der ziemlich langen Fahrt ruhig
geworden, ja in einer Art Sinnesbetäubung
erblickte ich alle Bilder die mir vorübergin¬
gen nur in blassen halberloschenen Farben.
Ich erlag nicht dem Schlaf, sondern einer
Gedanken und Fantasie lähmenden Ohnmacht.
Als ich am hellen Morgen erwachte, kam mir
nur nach und nach die Erinnerung dessen,
was geschehen und wo ich hingebracht wor¬
den. Die gewölbte ganz zellenartige Kam¬

in den Gefaͤngniſſen der obern Burg. Ich
wußte, daß man hier gefaͤhrliche Verbrecher
waͤhrend des Prozeſſes einſperre. Nicht lan¬
ge dauerte es, ſo wurde mein Bette gebracht,
und der Gefangenwaͤrter frug mich, ob ich
noch etwas zu meiner Bequemlichkeit wuͤn¬
ſche? Ich verneinte das, und blieb endlich al¬
lein. Die lange nachhallenden Tritte und das
Auf- und Zuſchließen vieler Thuͤren ließen
mich wahrnehmen, daß ich mich in einem
der innerſten Gefaͤngniſſe auf der Burg be¬
fand. Auf mir ſelbſt unerklaͤrliche Weiſe war
ich waͤhrend der ziemlich langen Fahrt ruhig
geworden, ja in einer Art Sinnesbetaͤubung
erblickte ich alle Bilder die mir voruͤbergin¬
gen nur in blaſſen halberloſchenen Farben.
Ich erlag nicht dem Schlaf, ſondern einer
Gedanken und Fantaſie laͤhmenden Ohnmacht.
Als ich am hellen Morgen erwachte, kam mir
nur nach und nach die Erinnerung deſſen,
was geſchehen und wo ich hingebracht wor¬
den. Die gewoͤlbte ganz zellenartige Kam¬

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[20/0028] in den Gefaͤngniſſen der obern Burg. Ich wußte, daß man hier gefaͤhrliche Verbrecher waͤhrend des Prozeſſes einſperre. Nicht lan¬ ge dauerte es, ſo wurde mein Bette gebracht, und der Gefangenwaͤrter frug mich, ob ich noch etwas zu meiner Bequemlichkeit wuͤn¬ ſche? Ich verneinte das, und blieb endlich al¬ lein. Die lange nachhallenden Tritte und das Auf- und Zuſchließen vieler Thuͤren ließen mich wahrnehmen, daß ich mich in einem der innerſten Gefaͤngniſſe auf der Burg be¬ fand. Auf mir ſelbſt unerklaͤrliche Weiſe war ich waͤhrend der ziemlich langen Fahrt ruhig geworden, ja in einer Art Sinnesbetaͤubung erblickte ich alle Bilder die mir voruͤbergin¬ gen nur in blaſſen halberloſchenen Farben. Ich erlag nicht dem Schlaf, ſondern einer Gedanken und Fantaſie laͤhmenden Ohnmacht. Als ich am hellen Morgen erwachte, kam mir nur nach und nach die Erinnerung deſſen, was geſchehen und wo ich hingebracht wor¬ den. Die gewoͤlbte ganz zellenartige Kam¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/28>, abgerufen am 28.03.2024.