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Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799.

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Schaam, mir kochte das Herz, wie heiße Quellen, und ich konnt' auf keiner Stelle bleiben, so schmerzt' es mich, überflogen zu seyn von Alabanda, überwunden auf immer. Doch nahm ich nun auch um so begieriger die künftige Arbeit an's Herz. -

Ich bin zu müßig geworden, rief ich, zu friedenslustig, zu himmlisch, zu träg! - Alabanda sieht in die Welt, wie ein edler Pilot, Alabanda ist fleißig und sucht in der Wooge nach Beute; und dir schlafen die Hände im Schoos'? und mit Worten möchtest du ausreichen, und mit Zauberformeln beschwörst du die Welt? Aber deine Worte sind, wie Schneefloken, unnüz, und machen die Luft nur trüber und deine Zaubersprüche sind für die Frommen, aber die Unglaubigen hören dich nicht. - Ja! sanft zu seyn, zu rechter Zeit, das ist wohl schön, doch sanft zu seyn, zur Unzeit, das ist häßlich, denn es ist feig! - Aber Harmodius! deiner Myrthe will ich gleichen, deiner Myrthe, worinn das Schwerd sich verbarg. Ich will umsonst nicht müßig gegangen seyn, und mein Schlaf soll werden, wie Öl, wenn die Flamme darein kömmt. Ich will nicht zusehn, wo es gilt, will nicht umhergehn und die Neuigkeit erfragen, wann Alabanda den Lorbeer nimmt.

Schaam, mir kochte das Herz, wie heiße Quellen, und ich konnt’ auf keiner Stelle bleiben, so schmerzt’ es mich, überflogen zu seyn von Alabanda, überwunden auf immer. Doch nahm ich nun auch um so begieriger die künftige Arbeit an’s Herz. –

Ich bin zu müßig geworden, rief ich, zu friedenslustig, zu himmlisch, zu träg! – Alabanda sieht in die Welt, wie ein edler Pilot, Alabanda ist fleißig und sucht in der Wooge nach Beute; und dir schlafen die Hände im Schoos’? und mit Worten möchtest du ausreichen, und mit Zauberformeln beschwörst du die Welt? Aber deine Worte sind, wie Schneefloken, unnüz, und machen die Luft nur trüber und deine Zaubersprüche sind für die Frommen, aber die Unglaubigen hören dich nicht. – Ja! sanft zu seyn, zu rechter Zeit, das ist wohl schön, doch sanft zu seyn, zur Unzeit, das ist häßlich, denn es ist feig! – Aber Harmodius! deiner Myrthe will ich gleichen, deiner Myrthe, worinn das Schwerd sich verbarg. Ich will umsonst nicht müßig gegangen seyn, und mein Schlaf soll werden, wie Öl, wenn die Flamme darein kömmt. Ich will nicht zusehn, wo es gilt, will nicht umhergehn und die Neuigkeit erfragen, wann Alabanda den Lorbeer nimmt.

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[0007] Schaam, mir kochte das Herz, wie heiße Quellen, und ich konnt’ auf keiner Stelle bleiben, so schmerzt’ es mich, überflogen zu seyn von Alabanda, überwunden auf immer. Doch nahm ich nun auch um so begieriger die künftige Arbeit an’s Herz. – Ich bin zu müßig geworden, rief ich, zu friedenslustig, zu himmlisch, zu träg! – Alabanda sieht in die Welt, wie ein edler Pilot, Alabanda ist fleißig und sucht in der Wooge nach Beute; und dir schlafen die Hände im Schoos’? und mit Worten möchtest du ausreichen, und mit Zauberformeln beschwörst du die Welt? Aber deine Worte sind, wie Schneefloken, unnüz, und machen die Luft nur trüber und deine Zaubersprüche sind für die Frommen, aber die Unglaubigen hören dich nicht. – Ja! sanft zu seyn, zu rechter Zeit, das ist wohl schön, doch sanft zu seyn, zur Unzeit, das ist häßlich, denn es ist feig! – Aber Harmodius! deiner Myrthe will ich gleichen, deiner Myrthe, worinn das Schwerd sich verbarg. Ich will umsonst nicht müßig gegangen seyn, und mein Schlaf soll werden, wie Öl, wenn die Flamme darein kömmt. Ich will nicht zusehn, wo es gilt, will nicht umhergehn und die Neuigkeit erfragen, wann Alabanda den Lorbeer nimmt.

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion02_1799/7>, abgerufen am 20.04.2024.