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Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797.

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Mehr will er, als er kann! das möchte wahr seyn! O! das hast du oft genug erfahren. Das ist auch nötig, wie es ist. Das giebt das süsse, schwärmerische Gefühl der Kraft, dass sie nicht ausströmt, wie sie will, das eben macht die schönen Träume von Unsterblichkeit und all' die holden und die kolossalischen Phantome, die den Menschen tausendfach entzükken, das schafft dem Menschen sein Elysium und seine Götter, dass seines Lebens Linie nicht gerad ausgeht, dass er nicht hinfährt, wie ein Pfeil, und eine fremde Macht dem Fliehenden in den Weg sich wirft.

Des Herzens Wooge schäumte nicht so schön empor, und würde Geist, wenn nicht der alte stumme Fels, das Schiksal, ihr entgegenstände.

Aber dennoch stirbt der Trieb in unserer Brust, und mit ihm unsre Götter und ihr Himmel.

Das Feuer geht empor in freudigen Gestalten, aus der dunkeln Wiege, wo es schlief, und seine Flamme steigt und fällt, und bricht sich und umschlingt sich freudig wieder, bis ihr Stoff verzehrt ist, nun raucht und ringt sie und erlischt; was übrig ist, ist Asche.

Mehr will er, als er kann! das möchte wahr seyn! O! das hast du oft genug erfahren. Das ist auch nötig, wie es ist. Das giebt das süsse, schwärmerische Gefühl der Kraft, dass sie nicht ausströmt, wie sie will, das eben macht die schönen Träume von Unsterblichkeit und all’ die holden und die kolossalischen Phantome, die den Menschen tausendfach entzükken, das schafft dem Menschen sein Elysium und seine Götter, dass seines Lebens Linie nicht gerad ausgeht, dass er nicht hinfährt, wie ein Pfeil, und eine fremde Macht dem Fliehenden in den Weg sich wirft.

Des Herzens Wooge schäumte nicht so schön empor, und würde Geist, wenn nicht der alte stumme Fels, das Schiksal, ihr entgegenstände.

Aber dennoch stirbt der Trieb in unserer Brust, und mit ihm unsre Götter und ihr Himmel.

Das Feuer geht empor in freudigen Gestalten, aus der dunkeln Wiege, wo es schlief, und seine Flamme steigt und fällt, und bricht sich und umschlingt sich freudig wieder, bis ihr Stoff verzehrt ist, nun raucht und ringt sie und erlischt; was übrig ist, ist Asche.

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[0077] Mehr will er, als er kann! das möchte wahr seyn! O! das hast du oft genug erfahren. Das ist auch nötig, wie es ist. Das giebt das süsse, schwärmerische Gefühl der Kraft, dass sie nicht ausströmt, wie sie will, das eben macht die schönen Träume von Unsterblichkeit und all’ die holden und die kolossalischen Phantome, die den Menschen tausendfach entzükken, das schafft dem Menschen sein Elysium und seine Götter, dass seines Lebens Linie nicht gerad ausgeht, dass er nicht hinfährt, wie ein Pfeil, und eine fremde Macht dem Fliehenden in den Weg sich wirft. Des Herzens Wooge schäumte nicht so schön empor, und würde Geist, wenn nicht der alte stumme Fels, das Schiksal, ihr entgegenstände. Aber dennoch stirbt der Trieb in unserer Brust, und mit ihm unsre Götter und ihr Himmel. Das Feuer geht empor in freudigen Gestalten, aus der dunkeln Wiege, wo es schlief, und seine Flamme steigt und fällt, und bricht sich und umschlingt sich freudig wieder, bis ihr Stoff verzehrt ist, nun raucht und ringt sie und erlischt; was übrig ist, ist Asche.

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion01_1797/77>, abgerufen am 29.03.2024.