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Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797.

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Geist Achills und seines Geliebten angehöre, und Alabanda mir vertraute, wie er oft ein Kind sey und sich denke, dass wir einst in Einem Schlachtthal fallen und zusammen ruhen werden unter Einem Baum - wer hätte damals das gedacht?

Ich sann mit aller Kraft des Geistes, die mir übrig war, ich klagt' ihn an, vertheidigt' ihn, und klagt' ihn wieder um so bittrer an; ich widerstrebte meinem Sinne, wollte mich erheitern, und verfinsterte mich nur ganz dadurch.

Ach! mein Auge war ja von so manchem Faustschlag wund gewesen, fieng ja kaum zu heilen an, wie sollt' es jezt gesundere Blikke tun?

Alabanda besuchte mich den andern Tag. Mein Herz kochte, wie er hereintrat, aber ich hielt mich, so sehr sein Stolz und seine Ruhe mich aufregt' und erhizte.

Die Luft ist herrlich, sagt' er endlich, und der Abend wird sehr schön seyn, lass uns zusammen auf die Akropolis gehn!

Ich nahm es an. Wir sprachen lange kein Wort. Was willst Du? fragt' ich endlich.

Geist Achills und seines Geliebten angehöre, und Alabanda mir vertraute, wie er oft ein Kind sey und sich denke, dass wir einst in Einem Schlachtthal fallen und zusammen ruhen werden unter Einem Baum – wer hätte damals das gedacht?

Ich sann mit aller Kraft des Geistes, die mir übrig war, ich klagt’ ihn an, vertheidigt’ ihn, und klagt’ ihn wieder um so bittrer an; ich widerstrebte meinem Sinne, wollte mich erheitern, und verfinsterte mich nur ganz dadurch.

Ach! mein Auge war ja von so manchem Faustschlag wund gewesen, fieng ja kaum zu heilen an, wie sollt’ es jezt gesundere Blikke tun?

Alabanda besuchte mich den andern Tag. Mein Herz kochte, wie er hereintrat, aber ich hielt mich, so sehr sein Stolz und seine Ruhe mich aufregt’ und erhizte.

Die Luft ist herrlich, sagt’ er endlich, und der Abend wird sehr schön seyn, lass uns zusammen auf die Akropolis gehn!

Ich nahm es an. Wir sprachen lange kein Wort. Was willst Du? fragt’ ich endlich.

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[0068] Geist Achills und seines Geliebten angehöre, und Alabanda mir vertraute, wie er oft ein Kind sey und sich denke, dass wir einst in Einem Schlachtthal fallen und zusammen ruhen werden unter Einem Baum – wer hätte damals das gedacht? Ich sann mit aller Kraft des Geistes, die mir übrig war, ich klagt’ ihn an, vertheidigt’ ihn, und klagt’ ihn wieder um so bittrer an; ich widerstrebte meinem Sinne, wollte mich erheitern, und verfinsterte mich nur ganz dadurch. Ach! mein Auge war ja von so manchem Faustschlag wund gewesen, fieng ja kaum zu heilen an, wie sollt’ es jezt gesundere Blikke tun? Alabanda besuchte mich den andern Tag. Mein Herz kochte, wie er hereintrat, aber ich hielt mich, so sehr sein Stolz und seine Ruhe mich aufregt’ und erhizte. Die Luft ist herrlich, sagt’ er endlich, und der Abend wird sehr schön seyn, lass uns zusammen auf die Akropolis gehn! Ich nahm es an. Wir sprachen lange kein Wort. Was willst Du? fragt’ ich endlich.

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion01_1797/68>, abgerufen am 23.04.2024.