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Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797.

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tige Genügsamkeit wiederkehrt in die Seele - so stand er vor mir.

Und ich, war ich nicht der Nachhall seiner stillen Begeisterung? wiederholten sich nicht die Melodien seines Wesens? Was ich sah, ward ich, und es war Göttliches, was ich sah.

Wie unvermögend ist doch der gutwilligste Fleiss der Menschen gegen die Allmacht der ungetheilten Begeisterung.

Sie weilt nicht auf der Oberfläche, fasst nicht da und dort uns an, braucht keiner Zeit und keines Mittels; Gebot und Zwang und Überredung braucht sie nicht; auf allen Seiten, in allen Tiefen und Höhen ergreift sie im Augenblik' uns, und wandelt, ehe sie da ist für uns, ehe wir fragen, wie uns geschiehet, durch und durch in ihre Schönheit, ihre Seligkeit uns um.

Wohl dem, wem auf diesem Wege ein edler Geist in früher Jugend begegnete!

O es sind goldne unvergessliche Tage, voll von den Freuden der Liebe und süsser Beschäftigung!

Bald führte mein Adamas in die Heroenwelt des Plutarch, bald in das Zauberland der

tige Genügsamkeit wiederkehrt in die Seele – so stand er vor mir.

Und ich, war ich nicht der Nachhall seiner stillen Begeisterung? wiederholten sich nicht die Melodien seines Wesens? Was ich sah, ward ich, und es war Göttliches, was ich sah.

Wie unvermögend ist doch der gutwilligste Fleiss der Menschen gegen die Allmacht der ungetheilten Begeisterung.

Sie weilt nicht auf der Oberfläche, fasst nicht da und dort uns an, braucht keiner Zeit und keines Mittels; Gebot und Zwang und Überredung braucht sie nicht; auf allen Seiten, in allen Tiefen und Höhen ergreift sie im Augenblik’ uns, und wandelt, ehe sie da ist für uns, ehe wir fragen, wie uns geschiehet, durch und durch in ihre Schönheit, ihre Seligkeit uns um.

Wohl dem, wem auf diesem Wege ein edler Geist in früher Jugend begegnete!

O es sind goldne unvergessliche Tage, voll von den Freuden der Liebe und süsser Beschäftigung!

Bald führte mein Adamas in die Heroenwelt des Plutarch, bald in das Zauberland der

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[0026] tige Genügsamkeit wiederkehrt in die Seele – so stand er vor mir. Und ich, war ich nicht der Nachhall seiner stillen Begeisterung? wiederholten sich nicht die Melodien seines Wesens? Was ich sah, ward ich, und es war Göttliches, was ich sah. Wie unvermögend ist doch der gutwilligste Fleiss der Menschen gegen die Allmacht der ungetheilten Begeisterung. Sie weilt nicht auf der Oberfläche, fasst nicht da und dort uns an, braucht keiner Zeit und keines Mittels; Gebot und Zwang und Überredung braucht sie nicht; auf allen Seiten, in allen Tiefen und Höhen ergreift sie im Augenblik’ uns, und wandelt, ehe sie da ist für uns, ehe wir fragen, wie uns geschiehet, durch und durch in ihre Schönheit, ihre Seligkeit uns um. Wohl dem, wem auf diesem Wege ein edler Geist in früher Jugend begegnete! O es sind goldne unvergessliche Tage, voll von den Freuden der Liebe und süsser Beschäftigung! Bald führte mein Adamas in die Heroenwelt des Plutarch, bald in das Zauberland der

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion01_1797/26>, abgerufen am 19.04.2024.